Flüchtlingshilfe Erding:170 Aushängeschilder für ein erstes Willkommen

Flüchtlingshilfe Erding: Große Anteilnahme: Etwa 170 Menschen kamen am Freitagabend in die Schiaßn zum Informationsabend der Flüchtlingshilfe.

Große Anteilnahme: Etwa 170 Menschen kamen am Freitagabend in die Schiaßn zum Informationsabend der Flüchtlingshilfe.

(Foto: Peter Bauersachs)

Die Flüchtlingshilfe lädt die Erdinger Bürger zu einem Informationsabend - und wird überrascht von der überwältigenden Hilfsbereitschaft

Von Sebastian Fischer, Erding

Spätestens als Heiko Werner auf der Bühne in der Schiaßn das Wort ergriff, wurde klar, dass dies ein besonderer Abend war. Werner hat für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) den Aufbau des Warteraums am Erdinger Fliegerhorst geleitet. Am Freitag hat er auf dem Informationsabend der Flüchtlingshilfe erstmals mit den Erdinger Bürgern gesprochen und ihnen dann gleich das zugerufen: "Sie sind da draußen die Aushängeschilder ihres Landes!"

Etwa 170 Menschen waren der Einladung des Vereins gefolgt, der sich insbesondere um die Flüchtlinge im "Camp Shelterschleife" genannten Warteraum Asyl kümmern möchte und deshalb von der Erdinger Aktionsgruppe Asyl abgespalten hat, die vor allem Flüchtlinge mit Bleibeperspektive betreut. "Es sind nur drei Tage und Erding ist für die meisten nur eine Durchgangsstation", sagt Sprecher Martin Orthuber: "Aber es ist das erste Willkommen." Ein erstes Willkommen, das in Erding so vielen Menschen wichtig ist, dass Orthuber am Sonntag ganz überwältigt war, als er dieses letzte Wochenende vor dem Eintreffen der ersten Flüchtlinge im Camp Revue passieren ließ: Zunächst der Abend, an dem sich zahlreiche neue ehrenamtliche Helfer meldeten und viele Spenden eingingen. Dann der Samstag, an dem noch mehr Menschen als vor einer Woche kistenweise Winterkleidung an der Sammelstelle am Fliegerhorst abgaben. Und schließlich der Sonntag, an dem sich bereits über 800 potenzielle Helfer in der Facebook-Gruppe gemeldet hatten. Mehr als 150 haben sich in einer Liste eingetragen, weitere sind natürlich willkommen.

Am Montag will sich Orthuber, der bei einem Verlag in München arbeitet, freinehmen, um die ersten Flüchtlinge zu begrüßen. Die Flüchtlingshilfe hat Beutel mit Spielzeug für die Kinder zusammengestellt - selbstgenähte Beutel. Der Kreativität seien keine Grenzen gesetzt, sagt Christina Hundhammer, die gemeinsam mit Orthuber und Sabrina Tarantik den Verein organisiert. Ein Platz, an dem Kinder im Camp spielen können, ist auch in Planung.

Dass all das möglich ist, liegt auch an der gelungenen Zusammenarbeit aller am Camp beteiligter Partner, die auch die Flüchtlingshilfe mit einbeziehen: Günther Geiger vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und Rainer Hirschfeld vom Technischen Hilfswerk (THW) berichteten auch von ihrer Arbeit. Einzig die Bundeswehr, die mit zivilen Einheiten bei Aufbau und Betreuung der Flüchtlinge hilft, fehlte - wurde dafür aber besonders gelobt. Werner sagte, es gehe im Camp zu wie auf einer Messe: Viele eigenständige Organisationen arbeiten an einem gemeinsamen Ziel.

Werner erzählte auch von seinen Erfahrungen im Ausland aus 20 Berufsjahren für diverse Hilfsdienste. In Syrien, Somalia, Afghanistan. "Wir werden die Fluchtgründe so schnell nicht in den Griff bekommen können. Da passieren Sachen, die wir uns hier in unserer Seifenblase nicht vorstellen können", sagte er. Und es wurde ruhig im Saal, als die erzählten, die diese Sachen erlebt haben. Die Flüchtlingshilfe zeigte Präsentationen, die junge Asylbewerber in der Berufsschule erarbeitet haben. Mit stolzen Selfies vor Münchner Wahrzeichen und den ersten deutschen Sätzen dazu: "Ich bin kein perfekter Mensch", hat Ramin, 18, aus Afghanistan geschrieben. Sein Ziel sei ein Ausbildungsplatz als Elektroniker. Bahaudi, 20, schreibt, sein Motto sei "lernen, lernen und lernen"; sein Hobby, mit Freunden spazieren zu gehen. Er hat die Sätze auf Band gesprochen, sie hallten durch die Schiaßn und ihnen hallte nach, was zwischen den Zeilen steht: Das Bemühen und der unbedingte Wille, eine Sprache zu lernen und sich zu integrieren.

Drei Flüchtlinge sprachen selbst auf der Bühne, stellten sich mit Vornamen vor: Omid , Zackaria, Ady. Er sei ziemlich nervös, sagte er. Aber was Ady sagen wollte, sprach er klar und deutlich ins Mikrofon: "Ich bin ein Teil eures Lebens. Und ihr ein Teil von meinem."

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