Flüchtlingsunterkünfte in Fürstenfeldbruck:Gereizte Stimmung

Flüchtlingsunterkünfte in Fürstenfeldbruck: In die Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck muss die Polizei immer wieder ausrücken, weil Auseinandersetzungen unter Flüchtlingen eskalieren.

In die Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck muss die Polizei immer wieder ausrücken, weil Auseinandersetzungen unter Flüchtlingen eskalieren.

(Foto: Carmen Voxbrunner)
  • Die Zahl der Polizeieinsätze in Asylunterkünften nimmt zu.
  • Oft genügt ein scheinbar nichtiger Anlass, um Streit unter verschiedenen Gruppen auszulösen.
  • Die Beamten rechnen jedes Mal mit dem Schlimmsten, wenn eine "Massenschlägerei" gemeldet wird.
  • Für die Polizei liegen die Ursachen in den Auseinandersetzungen in den vollen Unterkünften.

Von Gerhard Eisenkolb

Die Reibereien und Handgreiflichkeiten und damit auch die Zahl der Polizeieinsätze in größeren Flüchtlingsunterkünften im Landkreis nehmen zu. Da meist Kleinigkeiten Streitereien auslösen, die in einer aufgeheizten Stimmung eskalieren, führt Michael Fischer, der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion in Fürstenfeldbruck, den Anstieg der Einsätze vor allem auf die besondere Lebenssituation in großen Gemeinschaftsquartieren zurück.

Lebt eine größere Menschenmenge aus unterschiedlichen Kulturkreisen auf engem Raum zusammen, könnten schon Nichtigkeiten wie ein Streit beim Kartenspiel zu einer Prügelei ausarten.

Den Beamten wird "Angst und Bange"

Laut Fischer häufen sich mit der Zahl der Einsätze in der Erstaufnahmeeinrichtung im Fliegerhorst Meldungen des dortigen Sicherheitsdienstes, in denen von einem "Massenkrawall" oder von einer "Massenschlägerei" die Rede sei. "Wir haben bis jetzt großes Glück gehabt, dass sich das am Einsatzort relativierte und es immer nur bei ein paar Beteiligten blieb", berichtet der stellvertretende Inspektionsleiter. Den Polizisten werde aber "Angst und Bange", wenn sich die an einer Handgreiflichkeit oder Schlägerei Beteiligten 30 bis 40 Personen der jeweiligen Volksgruppe versammelten und mit deren Eingreifen zu rechnen sei.

Für Fischer liegt es auf der Hand, dass sich Syrer mit einem ihrer Landsleute solidarisieren, wenn dieser beispielsweise in eine Auseinandersetzung mit Afghanen gerät: "Die unterschiedlichen Gruppen mögen sich nun mal nicht."

So kam es erst vor einigen Tagen im Fliegerhorst wegen eines Streits um das Ausschalten der Zimmerbeleuchtung zu einem größeren Polizeieinsatz, weil vier Syrer einen Mitbewohner aus Pakistan verprügelten. Dieser Konflikt zog eine größere Menschenansammlung mit einer aufgeheizten Stimmung nach sich.

Ein anderes Mal mussten vier bis fünf Streifenwagen ausrücken, weil ein Flüchtling unbefugt das Haargel und den Kamm eines Mitbewohners benutzt hatte. Nur mit eigenem Personal kann keine der Landkreis-Inspektionen solche Großeinsätze bewältigen. Das geht nur mit der Unterstützung von Nachbarinspektionen.

Asylbewerber aus München weigern sich, zu gehen

"Wir fahren immer mit mehreren Streifenwagen an", sagt Polizeioberkommissar Hermann Mitterer von der Olchinger Inspektion. Dabei gehe es auch um die Sicherheit der Beamten. Als möglichen Grund für den Anstieg der Einsätze nennt der Oberkommissar, dass schon mal einen Lagerkoller bekomme, wer längere Zeit in einem Raum mit mehreren Menschen lebe.

So mussten am vergangenen Freitag vier Streifenwagen mit einem Hundeführer die Räumung des Flüchtlingsquartiers in der Johann-G.-Gutenberg-Straße in Olching durchsetzen. Zwei Asylbewerber aus München, die sich laut Polizei unberechtigt in der Gemeinschaftsunterkunft aufhielten, weigerten sich, diese wegen einer anstehenden Renovierung und Desinfektion zu verlassen.

Im Gernlindener Wohnheim widersetzte sich ein 16 Jahre alter unbegleiteter Eritreer den Anweisungen eines Betreuers. In dem folgenden Gerangel fügte der Jugendliche einem Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes leichte Verletzungen zu. Diesen Vorfall führt Mitterer auf die besondere Situation in dem Heim zurück. Wo so viele junge Leute so eng zusammen wohnen, käme es auch unter Deutschen zu solchen Reibereien, sagt der Oberkommissar.

Eine unübersichtliche Situation

"Ich war von vornherein gegen die Erstaufnahmeeinrichtung in einer Kleinstadt wie Fürstenfeldbruck", sagt Willi Dräxler, Brucker Stadtrat und Flüchtlingsbeauftragter der Caritas München. Die Situation dort sei total unübersichtlich, man kenne niemanden mehr, die Menschen gehörten einfach nicht dazu. Das sei eine Folge der Rotation. Ein Flüchtling, der regelmäßig wahrgenommen werde, sei den Nachbarn irgendwann nicht mehr fremd. Dräxler befürchtet, dass die Probleme mit der Novellierung des Asylbewerbergesetzes noch zunehmen werden.

Erhalten Flüchtlinge, was vorgesehen ist, anstelle von Bargeld künftig nur noch Sachleistungen, fehle das Geld für Handys sowie für den Kauf von Lebensmitteln, wenn sie die Gemeinschaftsverpflegung nicht vertrugen. Und sie könnten ihrer Familie in der Heimat kein Geld mehr überweisen. Das mache ihm Angst, sagt Dräxler.

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