FC-Bayern-Basketballer:Aufbauhilfe Ost

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Mein Ball: Für Bayerns Topscorer K.C. Rivers (re.) und seine Teamkollegen war die Partie gegen den Ligaletzten Mitteldeutscher BC kein Spaß. (Foto: Imago)

Die Basketballer des FC Bayern bleiben gegen den Mitteldeutschen BC trotz des 92:84 unter ihren Möglichkeiten. Das gibt dem BBL-Letzten Aufwind und ärgert FCB-Coach Pesic. Der denkt an das Euroleague-Spiel gegen Moskau

Von Ralf Tögel, München

Nein, nach Süßem war Svetislav Pesic an diesem Abend nicht zumute. Nicht nach dieser Vorstellung, die seinem Ensemble sogar Pfiffe eingebracht hatte. Keine Cola also, Pesic orderte Wasser, bevor er sich auf dem Podium niederließ. Er hatte lange auf sich warten lassen, was bedeutet, dass er sich seinen Spielern deutlich und ausführlich mitgeteilt hatte. Nun also sollte er die uninspirierte Darbietung moderieren, für gewöhnlich folgen scharfe und umfangreiche Analysen, bisweilen neigt Pesic in solchen Momenten dazu, etwas abzuschweifen. Doch nach dem 92:84-Sieg gegen den Mitteldeutschen BC wirkte der Bayern-Trainer ratlos.

Seine Enttäuschung war nicht zu übersehen, der Serbe verlor kein einziges Wort darüber, dass seine Mannschaft gerade gewonnen hatte. Kollege Silvano Poropat war da schon in Richtung Bus unterwegs, bei seinem Statement zuvor hatte der Kroate irgendwie zufriedener als sein Pendant gewirkt. Poropat war "stolz auf die Mannschaft", sagte er, der Tabellenletzte hatte in der Tat drei Viertel lang gleichwertig mitgespielt, "bis auf die Anfangsphase haben wir das Spiel offen gehalten", resümierte der MBC-Coach. Er sehe seine Spieler auf dem richtigen Weg, die Partie beim Topfavoriten war für die Weißenfelser also eine Art Aufbauhilfe. Denn für den Klub aus Sachsen-Anhalt ist der Blick auf die Tabelle kein erfreulicher, der MBC steht punktlos am Tabellenende, in München setzte es die fünfte Niederlage in Serie.

"Ich bin Perfektionist", setzte Pesic in seiner Analyse an, sein Maßstab sei allein deshalb ein hoher. "Das ist nicht unser Anspruch", sagte Pesic zum Spiel seiner Akteure, ein Hauptsache-drei-Punkte-Denken ist in seiner Basketball-Welt nicht vorhanden. Zum zweiten Mal hat der FCB die Chance vertan, für die Euroleague Selbstvertrauen zu tanken, vor dem Istanbulspiel hatte es sogar eine Heimpleite gegen Bonn gesetzt. "Wir haben wieder unter unseren Möglichkeiten gespielt und keinen Schritt nach vorne gemacht", befand er, "das macht mich sehr traurig." Seine Spieler hätten versäumt, die gute Entwicklung aus Istanbul auch im Ligaalltag umzusetzen. Der Coach will die Mannschaft Schritt für Schritt entwickeln, viel Zeit bleibt da nicht für Stillstand, am Donnerstagabend gastiert Khimki Moskau zum ersten Euroleague-Heimspiel, eine Mannschaft gespickt mit europäischen Topspielern. Da ist jede schlechte Leistung im Verständnis des Trainer-Routiniers eine verpasste Chance. So richtig verdarb es dem Coach aber der Gedanke an die Zuschauer, die "bezahlen Geld und wir präsentieren uns so". Die Ursachen? "Nehmen Sie die Statistiken, da steht alles. Ich habe keine Erklärung", schloss Pesic: "Die Spieler sollen das erklären, ich kann es nicht."

Der Blick auf den Spielbericht offenbarte 19 Ballverluste, zudem ließen sich die Münchner, deren individuelle Fähigkeiten durch alle Mannschaftsteile denen der Gäste klar überlegen waren, vom Gegner neun Bälle klauen und vergaben neun Freiwürfe - die restlichen Werte waren sogar in Ordnung. Freilich war die Abwehrarbeit, erklärtermaßen das Herzstück in der Spielphilosophie des Serben, auffallend nachlässig. Hätten die Münchner nur phasenweise die Bissigkeit aus der Partie gegen die hochkarätigen Türken importiert, Weißenfels wäre schnell aller Illusionen beraubt gewesen. So aber durfte der limitierte Gegner immer auf Tuchfühlung bleiben. Auch die Spieler wussten keine rechte Antwort auf den blutleeren Auftritt. Spielmacher Alex Renfroe fand, dass die "Mannschaft alle Teile hat, um Spiele wie in Istanbul zu gewinnen. Wir müssen das Mosaik aber zusammenzusetzen", so Renfroe, "und zwar schleunigst." Wie? "Harte Arbeit, wir müssen viel verbessern, Offense, Defense, einfach alles." Zur Weißenfels-Partie meinte der Spielmacher selbstkritisch: "Wenn wir denken, wir sind die Besten, dann kommt so etwas dabei heraus." Gegen Khimki dürfte indes keiner der Münchner einem derartigen Gedanken verfallen.

Freilich hielt sich der Schaden in Grenzen, genauer: Es gab keinen. Denn auch wenn es Pesic nicht ansprechen wollte, sein Team hat gewonnen.

© SZ vom 21.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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