Wohnbaupolitik:Neue Kriterien sind sozialer

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Viel zu teures Bauland für Einheimische, hier die Wolfsschlucht, soll der neue Kriterienkatalog künftig verhindern. (Foto: Christian Endt)

Der Stadtrat Grafing passt den Kriterienkatalog für die Vergabe von Bauland an. Für Kinder und pflegebedürftige Angehörige gibt es nun mehr Punkte.

Thorsten Rienth, Grafing

Nach dem Grundsatzbeschluss zur neuen Grafinger Wohnbaupolitik im September hat nun auch der Kriterienkatalog im Bauausschuss eine breite Mehrheit gefunden. Am Dienstagabend besserten die Mitglieder sogar noch nach und gewichteten Kinder sowie betreute Angehörige aus der Pflegestufe III stärker. Der Katalog blieb auch am Mittwoch das politische Thema; das Bündnis für Grafing (BfG) lud zur Info-Veranstaltung.

Während der Grundsatzbeschluss regelt, unter welchen Bedingungen billige Wiese zu teurem Bauland werden darf, steuert der Kriterienkatalog die Reihenfolge des Zugriffrechts. Er soll sicherstellen, dass tatsächlich diejenigen zum Zuge kommen, für die verbilligtes Bauland gedacht ist: kinderreiche Familien mit Verbindung zum Ort, aus einer Vermögens- und Einkommensklasse, die sich ein eigenes Heim im teuren Münchner Speckgürtel auf dem freien Markt nicht leisten könnten.

Neues europäisches Recht verlangt Anpassungen

Nötig sind die neuen Kriterien, weil die alten - wie in vielen anderen Gemeinden auch - dem europäischen Recht widersprechen: Die Dauer der Ortszugehörigkeit, bisher zehn Jahre, muss gesenkt werden. Die Gemeinden müssen eine Einkommensobergrenze einziehen; in Grafing liegt sie künftig bei 96 000 Euro pro Jahr und Haushalt zuzüglich des Freibetrags von etwa 7 000 Euro pro Kind. Und das Vermögen des Bauwerbers darf nicht höher sein als das Objekt, dass er zu kaufen gedenkt.

Dem neuen Kriterienkatalog zufolge genügt es deshalb nun, mindestens fünf Jahre ununterbrochen in Grafing gewohnt zu haben. Auch Menschen, die während ihrer ersten 18 Lebensjahre mindestens 12 Jahre in der Stadt gewohnt und später nicht länger als 15 Jahre auswärts verbracht haben, sind berechtigt. Den ersten Teil der Regelung, der vor allem für diejenigen attraktiv ist, die nach ihrer Ausbildung wieder nach Grafing zurückkehren, brachten SPD und Grüne ein. Der CSU hingegen war wichtig, dass die Dauer der außerhalb Grafings verbrachten Zeit nicht zu lange ist. Details wie eben diese besserte der Ausschuss sogar im Vergleich zur Beschlussvorlage noch nach.

Das gilt auch für die konkrete Punkteverteilung, die die schlussendliche Reihenfolge der Grundstücksverteilungen regelt. Das Bündnis für Grafing (BfG) konnte eine höhere Gewichtung für im Haushalt lebende Kinder umsetzen. Franz Frey (SPD) fand mit seinem Vorschlag anklang, die Punkte für Pflegebedürftige im Haushalt von 30 auf 50 nahezu zu verdoppeln. Im Gegenzug stimmte das linke Lager dem Wunsch der CSU-Fraktion zu, einen Passus zum Rückkaufsrecht nochmals rechtlich überprüfen zu lassen. "Wenn wir so etwas machen, dann muss das auch absolut wasserdicht sein", begründete CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg das Ansinnen. Die einzelnen Punkte änderte der Bauausschuss entweder einstimmig oder mit deutlicher Mehrheit.

Die Anpassungen sind ein Schritt in die richtige Richtung

Tags drauf lud das BfG zur Informationsveranstaltung über den Kriterienkatalog in den Grafinger "Heckerbräu" ein. Vorsitzender Heinz Fröhlich bezeichnete den sozialen Schwerpunkt des Katalogs als Zeichen, "wie wahnsinnig viel Zukunft in dem Projekt steckt". Setze ihn die Stadt um, verbessere sie die Chancen für Grafinger, die bislang die Finanzierung eines Eigenheims nicht hätten stemmen können. Das BfG sieht allerdings durchaus noch Luft nach oben.

"Es geht in die richtige Richtung, aber halt nicht weit genug", sagte Martin Tourneau aus dem Ortsvorstand. "Nicht gut finden wir, dass die Alleinerziehenden über die Einkommensgrenze deutlich benachteiligt werden." Mit einer zusätzlichen Regelung ließe sich der Nachteil ausgleichen. Die Pluspunkte für pflegebedürftige und behinderte Personen seien richtig. "Aber den Bonus gibt es erst, wenn die Personen auch schon im Haushalt wohnen." Die Pflege sei schließlich nicht weniger wert, nur weil sie in der Nachbarschaft oder anderswo in Grafing stattfände.

Ob das BfG für die Vorschläge Anhänger findet, wird sich in einer der nächsten Stadtratssitzungen zeigen. Das finale Votum zu Grundsatzbeschluss und Kriterienkatalog folgt unter einem gemeinsamen Tagesordnungspunkt. Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) kommt damit dem Ansinnen der CSU nach, Grundsatzbeschluss und Kriterienkatalog auf einmal und gemeinsam zu verabschieden. "Weil das eben zusammengehört", wie Graf Rechberg im Bauausschuss einmal mehr wiederholte.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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