Jesenwang:Brand in Flüchtlingsunterkunft

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Durchs Wohnhaus zog dicker, schwarzer Rauch. Die Flüchtlinge konnten sich alle aus der Unterkunft in Jesenwang retten. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Als im Lagerraum eines Bauernhauses in Jesenwang ein Feuer ausbricht, befinden sich drei Familien und zwei Asylhelferinnen im Gebäude. Sie können sich ins Freie retten, einige erleiden Rauchgasvergiftungen

Von Andreas Ostermeier, Jesenwang

Bei einem Brand in einer Asylunterkunft in Jesenwang sind am Montagabend sieben Personen verletzt worden. Sie erlitten Rauchgasvergiftungen. Nach Auskunft der Polizei brach das Feuer in einem Lagerraum aus, der Rauch zog durch eine Tür in den Wohnbereich, in dem drei Familien untergebracht waren. Die Familien wurden am Dienstag in Unterkünfte nach Fürstenfeldbruck und Maisach gebracht.

Nach Angaben von Josefine Lechner brach das Feuer kurz nach 19.30 Uhr aus. Sie habe sich gerade in das Haus begeben, um einer Mutter ein Medikament zu bringen, erzählte die Asylhelferin aus Jesenwang am Dienstag. Sie sei kaum im Haus gewesen, da habe es geblitzt, dann sei das Licht ausgefallen und dicker schwarzer Rauch in den ersten Stock gequollen. Lechner: "Ich habe nur geschrien: Raus, raus!" Sämtliche Eltern und Kinder sowie die zwei Asylhelferinnen - neben Lechner war noch eine Frau zum Deutschunterricht im Haus - konnten sich ins Freie retten.

Feuerwehren aus Jesenwang, Adelshofen, Landsberied, Mammendorf und Fürstenfeldbruck konnten den Brand in dem Lagerraum rasch eindämmen, so dass die Flammen nur auf die angrenzende Waschküche, nicht aber auf den Wohnbereich des Bauernhauses übergriffen. Allerdings wurden diese Räume so stark verrußt, dass sie nicht mehr bewohnbar sind. Jesenwangs Bürgermeister Erwin Fraunhofer, der sich das Gebäude nach dem Brand angesehen hat, sprach von einem Rußfilm, der sich über Möbel, Kleidung und Gebrauchsgegenstände gelegt habe.

Nach ersten Erkenntnissen ist die Brandursache wohl ein technischer Defekt. Hinweise auf eine vorsätzliche oder fahrlässige Brandstiftung oder einen fremdenfeindlichen Hintergrund hat die Polizei bislang nicht. Die Untersuchungen zur Klärung sind am Dienstag aber noch nicht abgeschlossen worden. Der Lagerraum ist versiegelt. Die Polizei schätzt den durch das Feuer entstandenen Sachschaden auf etwa 50 000 Euro.

Die 18 Mitglieder der Flüchtlingsfamilien sowie die zwei Asylhelferinnen wurden nach Auskunft von Fraunhofer im Nachbarhaus auf Vergiftung durch Rauchgas untersucht. Wie Lechner erzählte, wurden drei Mädchen in die Kinderklinik nach Augsburg gebracht und dort behandelt. Sie selbst und eine der Mütter verbrachten die Nacht im Kreisklinikum. Lechner durfte am Dienstag wieder nach Hause. Die Flüchtlingsfamilien übernachteten bei hilfsbereiten Jesenwangern.

Dort wurden sie am Dienstagnachmittag abgeholt. Zwei Familien kommen in Fürstenfeldbruck unter, in der neuen Unterkunft am Hardtanger. Eine Familie wurde nach Maisach gebracht. Fraunhofer und das Landratsamt haben sich kurzfristig auf diese Lösung verständigt. Er könne so schnell keine weitere Unterkunft in Jesenwang finden, sagte der Bürgermeister am Dienstag. Möglicherweise können die drei Familien aber in einigen Wochen nach Jesenwang zurückkehren. Denn laut Fraunhofer soll das Bauernhaus an der Kirchstraße so schnell wie möglich renoviert werden. Allerdings werden die Arbeiten nach Einschätzung von Fraunhofer sicher bis Weihnachten dauern. Wollten die Familien dann wieder einziehen, seien sie "erste Wahl", sagte der Bürgermeister.

Lechner sprach von einer "tollen Wohnatmosphäre" und berichtete, dass sich die Familien in dem Haus sehr wohl gefühlt hätten. Neben einer großen Küche verfügten sie auch über zwei Bäder. Die Flüchtlingsfamilien aus Afghanistan bewohnten Untergeschoss und ersten Stock des Hauses seit mehreren Monaten. Eingezogen sind sie Ende Juni und Anfang Juli. Inzwischen haben sie nach den Worten von Fraunhofer soziale Kontakte in der Nachbarschaft geknüpft, die Kinder haben ebenfalls Freunde in der Schule in Jesenwang gefunden. All dies müssen die Flüchtlinge nun wieder aufgeben. Zudem haben sie einen Teil ihrer Habe verloren, so ist beispielsweise Kleidung so verrußt, dass sie nicht mehr getragen werden kann. Eltern und Kinder wurden daher am Dienstag erst einmal zur Kleiderkammer nach Olching gefahren, wo sie neue Kleidungsstücke erhalten sollten.

Die Gemeinde Jesenwang lehnt, wie andere kleinere Gemeinden im Landkreis, den Bau einer großen Asylbewerberunterkunft ab. Die Flüchtlinge, die der Gemeinde zugeteilt werden, wohnen deshalb nicht in Containern, sondern sind in einzelnen Häusern oder Wohnungen untergebracht, wie dem Bauernhaus an der Kirchstraße. Betreut werden sie von einem Kreis von Asylhelfern aus dem Ort. Zu diesem Kreis gehört auch Josefine Lechner, die sich bereits als Gründerin des Mammendorfer Helferkreises um Asylbewerber gekümmert hat.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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