Kreuzberger Dschihadist:IS verliert seine deutsche PR-Waffe

Lesezeit: 2 min

Nach US-Angaben getötet: Der deutsche Denis Cuspert, hier bei einem Salafistentreffen im Jahr 2012 in Bonn. (Foto: dpa)
  • Der Deutsche Denis Cuspert, der sich der Terrormiliz des selbsternannten Islamischen Staats angeschlossen hatte, ist nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums getötet worden.
  • Die USA hatten ihn auf die Terror-Fahndungsliste gesetzt.
  • Bevor er zum Dschihadisten wurde, hatte er als Rapper unter dem Namen Deso Dogg gearbeitet.

Von Katja Riedel, München

Seit mehr als einer Woche hatte sich das Gerücht immer mehr zur Nachricht verdichtet - nun hat das Pentagon am Freitag bestätigt, dass der deutsche Dschihadist Denis Cuspert alias Abu Talha al-Almani am 16. Oktober bei einem Luftschlag der US-Streitkräfte ums Leben gekommen ist.

Die USA hatten den 39-Jährigen, der in Deutschland vor seiner Radikalisierung als Rapper Deso Dogg mäßig erfolgreich war, seit Februar als "globalen Terroristen" eingestuft und auf eine Terror-Fahndungsliste gesetzt. Cuspert gilt auch nach Einschätzung deutscher Sicherheitsbehörden als eines der ranghöchsten deutschen Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), per Haftbefehl wurde nach ihm gesucht.

In Videos posierte er mit abgeschnittenen Köpfen

2012 war Cuspert nach dem Verbot der dschihadistischen Organisation Millatu Ibrahim über Ägypten nach Syrien gereist. 2014 hatte er den Treueeid auf den Anführer des IS, Abu Bakr al-Baghdadi, geleistet und war damit formal der Terrormiliz beigetreten. Innerhalb des IS soll er direkte Kontakte zur Führungsriege unterhalten haben.

Für die Terrorgruppe nahm Cuspert eine ganz besondere Rolle ein: als Propagandawaffe, als das bekannteste, das zugleich unbarmherzigste wie erfolgreichste Gesicht des deutschen Dschihad. In zahlreichen brutalen Internet-Videos posierte Cuspert mit abgeschnittenen Köpfen, er schändete Leichen und bedrohte Deutschland. Dabei kündigte er auch Anschläge auf deutschem Boden an.

Junge Frauen wollten ihn heiraten

Vor allem bei jungen Salafisten sollte der gebürtige Berliner, dessen Vater aus Ghana stammte, Werbung für den IS machen. Er sollte als Vorbild dienen, als Integrationsfigur. Als lebender Beweis sollte der Kreuzberger Straßenjunge dafür stehen, wie die Terrororganisation verloren geglaubten Jugendlichen einen vermeintlichen Aufstieg ermöglicht, vom Loser zum Anführer, zu einem, den selbst Geheimdienste ernst nehmen. Für den IS dürfte der Tod ihrer PR-Waffe darum ein schwerer Verlust sein.

IS-Terrorist Denis Cuspert
:Alle Brücken abgebrochen

Als Rapper schafft er es zu ein wenig Ruhm, der große Erfolg bleibt aus. Dann schlägt der Berliner Denis Cuspert alias Deso Dogg einen anderen Karriereweg ein: Über den Salafismus gelangt er zum IS und von dort direkt auf die Terrorliste der USA.

Von Hakan Tanriverdi

Enge Kontakte unterhielt Denis Cuspert zumindest vor seiner Ausreise aus Deutschland zum bekannten Salafistenprediger Pierre Vogel. Gilt Vogel als Einstiegsdroge in die radikale Szene, bezeichneten viele der mehr als 730 in die Kampfgebiete aufgebrochenen Frauen und Männer aus Deutschland Cuspert als ihr Vorbild, als Motivation, um in Syrien für den IS kämpfen zu wollen. Immer wieder behaupteten junge Frauen, Cuspert heiraten zu wollen oder folgten solchen Versprechungen.

Weder IS noch Bundesanwaltschaft bestätigen Cusperts Tod

Die Terrororganisation hat seinen Tod bislang noch nicht bestätigt. Das Bundesinnenministerium wollte sich zu den Berichten über Cusperts Tod genauso wenig äußern wie die Bundesanwaltschaft, die gegen ihn ermittelt. Man könne den Tod nicht bestätigen, hieß es lediglich.

Im Internet äußerten sich dafür umso mehr Anhänger wie Gegner Cusperts. Tausende Beileidsbekundungen und Schmähungen fanden sich in den sozialen Netzwerken. Und sowohl Gegner als auch Sympathisanten bezweifelten, dass Cuspert tatsächlich gestorben sei. Zahlreiche Nutzer trieben damit ihre Späße: auch, weil Cuspert schon mehrmals für tot erklärt worden war, aber schon schwere Verletzungen überlebt hatte. Auf Twitter und Facebook wurde er darum immer wieder mit einer Katze verglichen, die sieben Leben hat.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ExklusivIslamischer Staat
:Deutscher IS-Rückkehrer prangert Terrormiliz an

Mit einer Leiche in eine Zelle gesperrt, eine Art Geheimdienst zur Abwehr von Spionen: Der Wolfsburger Ebrahim B. berichtet von Gräueln und dem Verfolgungswahn des Islamischen Staates.

Von Hans Leyendecker und Georg Mascolo

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: