Flüchtlingspolitik:Seehofer wieder entspannt und zufrieden

CSU-Vorstandssitzung

Gute-Laune-Bär: Horst Seehofer ist nach seinem Gesprächserfolg vom Sonntag sehr entspannt unterwegs.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • CDU und CSU wollen in der Flüchtlingsfrage wieder an einem Strang ziehen.
  • Sechs Seiten umfasst das Positionspapier, das die Schwesterparteien nach gut zehn Stunden Verhandlungen formulierten.
  • Mit der SPD ist man sich über die Transitzonen uneins.

Von Daniela Kuhr und Wolfgang Wittl

Horst Seehofer ist am Montagmorgen mit sich und der Welt zufrieden. Das sieht man schon daran, dass er unmittelbar, bevor er sich nach drinnen zur CSU-Vorstandssitzung begibt, draußen vor der Parteizentrale zunächst einmal in aller Ruhe scherzt.

Das sei das erste Mal gewesen, dass er an Allerheiligen weg war, um zu arbeiten, sagt der CSU-Chef. Sonst sei ihm dieser Feiertag immer heilig gewesen als "Familienfeiertag". Doch diesmal sei er sozusagen "geflüchtet aus der Familie - ich hab aber nicht den Eindruck gehabt, dass sie sonderlich traurig war", sagt Seehofer.

Ja, Bayerns Ministerpräsident ist entspannt. Schließlich hat er am Wochenende endlich das erreicht, was er sich vorgenommen hatte: CSU und CDU wieder auf einen gemeinsamen Kurs in der Flüchtlingspolitik einzuschwören. Sechs Seiten umfasst das Positionspapier, das die Schwesterparteien am Sonntagabend nach gut zehn Stunden Verhandlungen formulierten.

Transitzonen hält Seehofer für "unerlässlich"

Kernpunkt sind zwei Ziele: zum einen, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren; zum anderen, Menschen in Not zu helfen und die Integration Schutzbedürftiger zu sichern. Erreicht werden soll das mit insgesamt zwölf Maßnahmen, ganz oben auf der Prioritätenliste stehen die Transitzonen.

Seehofer hält sie für "unerlässlich". Nach seiner Vorstellung sollen sie schnellstmöglich eingerichtet werden, damit die Anträge von Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive zügig geprüft und im Regelfall abgewiesen werden können.

Diese Flüchtlinge würden dann offiziell gar nicht in Deutschland einreisen, sondern unmittelbar zurückgeschickt werden. Der Vorteil gegenüber den Einreisezentren, die die SPD vorgeschlagen hat, liegt aus Sicht der CSU darin, dass die Verfahren von Menschen ohne Bleibeperspektive stark beschleunigt werden könnten, sodass mehr Kapazitäten für die wirklich schutzbedürftigen Flüchtlinge zur Verfügung stünden.

Ablehnung der SPD

Bislang jedoch lehnt die SPD die Transitzonen strikt ab. Ein Spitzentreffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel, SPD-Chef Sigmar Gabriel und Seehofer war am Sonntagmorgen genau aus diesem Grund ergebnislos abgebrochen worden. Noch geht Seehofer davon aus, dass Gabriel nur zu wenig über das Modell weiß. "Gestern war das vor allem eine informative Aufrüstung des SPD-Vorsitzenden", sagt er am Montag.

"Jetzt muss man sehen, wie das bis Donnerstag wirkt." Dann wollen sich die drei Parteivorsitzenden das nächste Mal zusammensetzen. Könne man sich auch da nicht mit der SPD auf die Transitzonen verständigen, "dann müssen wir uns wieder neu positionieren", sagt Seehofer. Die Transitzonen seien nicht für Syrer gedacht, stellt Seehofer klar, sondern in erster Linie für Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten.

Warum Seehofers Auftritt in Berlin im CSU-Vorstand positiv gesehen wird

Das Argument, dass dies gar nicht so viele seien, lässt er nicht gelten. Man habe auch vereinbart, mit Afghanistan, Bangladesch, Pakistan und afrikanischen Ländern Rückübernahme-Abkommen zu schließen. Zudem solle über die EU auch die Türkei zu einem sicheren Herkunftsland erklärt werden.

Wenn all das gelinge, seien Transitzonen für eine Vielzahl von Flüchtlingen relevant. Mancher in der CSU ist noch skeptisch, ob der Erfolg vom Wochenende tatsächlich Bestand haben wird. Die gemeinsame Linie mit der CDU ist zwar gefunden, doch steht die Kanzlerin auch zu ihrem Wort - oder verschanzt sie sich hinter SPD-Chef Gabriel?

Es herrsche ein "tief gehender Vertrauensverlust" zu Merkel, sagt ein CSU-Vorstandsmitglied. Auch Zugeständnisse an die Türkei werden in der CSU mit Argwohn betrachtet. In der Vorstandssitzung gab es nach Teilnehmerangaben mehrere kritische Wortmeldungen in Richtung Bundesregierung. Seehofers Auftritt in Berlin hingegen findet im Vorstand große Zustimmung.

Druck von Markus Söder

Dass die Union nun zu einer geschlossenen Position gefunden habe, sei mit Erleichterung aufgenommen worden. Die Stimmung sei gut gewesen, Seehofer habe Dank von allen Seiten erhalten. Von Euphorie könne allerdings keine Rede sein. Lob erhält der CSU-Chef auch von Finanzminister Markus Söder, der den Druck zuletzt noch mal erhöht hatte, als er von einer "echten Koalitionskrise" in Berlin sprach.

Es sei "ein ganz wichtiger Schritt", dass Merkel anerkannt habe, dass es einer Steuerung der Zuwanderung bedürfe, sagt Söder: "Die Wahrheit liegt an der Grenze." Auch Christian Bernreiter (CSU), der Präsident des bayerischen Landkreistags, fordert die Koalition auf, eine einheitliche Linie zu finden. Diesen Dienstag werden Bernreiter und Vertreter kommunaler Spitzenverbände mit Merkel zusammentreffen.

Auch Gemeindetagspräsident Uwe Brandl und der designierte CSU-Vize Kurt Gribl (Städtetag) fahren nach Berlin. Er erwarte von der Bundesregierung, "dass sie bei der Begrenzung der Zuwanderung einen entscheidenden Schritt vorangeht", sagt Bernreiter. Nun müssten Taten folgen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: