Kommentar:Die Flößerei ist Vergangenheit

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Der Plan, für Wolfratshausen ein Kulturleitbild zu entwickeln, ist aller Ehren wert, sofern das Leitbild Identität stiftet und konkrete Entscheidungshilfen hervorbringt

Von Wolfgang Schäl

Wird dies ein Forum für all jene, die sich gern reden hören, oder wird hier ein längst überfälliges Projekt angepackt? Der Plan, für Wolfratshausen ein Kulturleitbild zu entwickeln, ist aller Ehren wert, sofern das Leitbild dazu dient, in einer immer mehr von Fluktuation geprägten Stadt Identität zu stiften, und sofern es denn konkrete, verlässliche und nachvollziehbare Entscheidungshilfen hervorbringt. Das sind zwei nicht als gering zu bewertende Ziele, und dass Alfred Fraas den Anstoß zu deren Umsetzung gegeben hat, zeigt, dass er als Kulturreferent über den Tag hinaus denkt.

Ob und wie sich die Diskussion entwickelt, hängt freilich in einer Stadt quälend langer Entscheidungsprozesse, Stichwort Hatzplatz, Stichwort Bürgerladen, Stichwort Loisachufer, entscheidend davon ab, ob es gelingt, die inhaltliche Diskussion in einem inhaltlich konkreten und zeitlich nachvollziehbaren Rahmen zu halten und nicht in hochabstrakte Haarspalterei abrutschen zu lassen. Ebenso wichtig ist, dass nicht, wie Fraas zu Recht anmahnt, die Bedenkenträger und Wutbürger das Heft in die Hand nehmen. Eine Garantie dafür gibt es leider nicht, und so wird man nicht ausschließen können, dass der nächste Schritt gleich die Forderung nach einem kompletten Stadtleitbild ist, womit man die kleinere, aufs Kulturelle beschränkte Säule schon umkippen sähe.

Aber man muss ja den Teufel nicht an die Wand malen. Und das eine schließt das andere ja auch gar nicht aus, wenn die Diskussionsteilnehmer darauf achten, dass nicht am Ende eine weitere Dauerbaustelle entsteht. Dass sich Wolfratshausen für sein Kulturleben festere Strukturen und Entscheidungskriterien verordnen will, kann unterm Strich jedenfalls nur nützen, zumal das bisher praktizierte Verharren auf der Flößerei als kulturellem Alleinstellungsmerkmal nicht mehr ausreicht. Die gehört bei aller Achtung vor der Tradition doch der Vergangenheit an. Was Frisches, Neues, Unverstaubtes, das wäre schon recht.

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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