Wahl in Kroatien:Schwieriger Sieg für Kroatiens Konservative

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Vorn bei Parlamentswahlen: HDZ-Chef Tomislav Karamarko feiert schon seinen Wahlsieg. (Foto: dpa)
  • Die oppositionelle HDZ wird wohl stärkste Kraft in Kroatien.
  • Doch HDZ-Chef Karamarko wird einen Koalitionspartner suchen müssen.
  • Und die bislang regierenden Sozialdemokraten haben nur ein paar Mandate weniger - und könnten künftig als Blockierer mächtig werden.
  • Für Deutschland ist vor allem die Frage wichtig, wie die künftige Regierung in der Flüchtlingsfrage agiert.

Von Nadia Pantel, Belgrad

Kroatiens Bürger haben entschieden: Ihre sozialdemokratische Regierung wird abgelöst. Bis zur Bekanntgabe des endgültigen Ergebnisses der Parlamentswahl kann es zwar noch bis Montagabend dauern, doch ein leichter Vorsprung für die rechtskonservative HDZ und ihren Vorsitzenden Tomislav Karamarko zeichnet sich ab.

Nach Auszählung fast aller Stimmen erhält die HDZ 59 Sitze im Parlament. Die noch regierenden Sozialdemokraten von Zoran Milanović kommen auf 56 Mandate. Das teilte die Wahlkommission am Montag mit. Insgesamt hat das kroatische Parlament 151 Sitze, elf davon sind Fix-Mandate der Exil-Kroaten und nationaler Minderheiten, über die nicht per Wahl entschieden wird. Um Regierungspartei zu werden, wird Karamarko schnell einen Koalitionspartner finden müssen.

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Es ist wahrscheinlich, dass die HDZ die Regierung übernehmen wird. Von einem kroatischen Rechtsruck zu sprechen, wäre dennoch falsch. Kroatien ist ein Land das dauerhaft entlang des rechten Randes schlittert, auch unter der sozialdemokratischen Regierung von Zoran Milanović.

Zwar bemühte sich die HDZ, ihren Nationalismus als Alleinstellungsmerkmal zu verkaufen, doch auch Milanović sparte nicht mit patriotischer Rhetorik. Beide Parteien vergaben obere Listenplätze an Veteranen der Jugoslawienkriege, um sich rechtskonservativer Stimmen sicher zu sein.

Und es war der sozialdemokratische Milanović, der den Nachbarn Serbien scharf angriff, als sich Kroatien Mitte September von der Zahl der durchreisenden Flüchtlinge überfordert sah. Schuld am Ansturm habe Serbien, hieß es, aber er, Milanović, werde sich auf keinen Streit einlassen, denn: "Ein Adler jagt doch keine Fliegen, und der Adler sind wir."

SDP bleibt mächtig - als Blockierer

Die Wahl in Kroatien wurde nicht auf Basis klarer politischer Programme entschieden, sondern sie zeigte einfach nur, welchem der wenig beweglichen Lager es gelang, mehr Wähler zu mobilisieren. Die katholischen Traditionalisten wählen die HDZ, die säkular-westlichen die SDP. Am Ende gaben nun aus beiden Lagern nahezu gleich viele Wähler ihre Stimme ab, beide Gruppen sind etwa gleich groß.

Was die dringend nötigen Reformen in der ineffizienten Justiz und den aufgeblähten Behörden angeht, ist es eine schlechte Nachricht, dass beide Parteien nahezu gleichauf liegen. Denn die SDP bleibt auch nach ihrer Abwahl eine mächtige Kraft im kroatischen Parlament. Ihre Macht wird allerdings weniger im Gestalten als im Blockieren liegen.

Aus deutscher Sicht ist aktuell weniger die kroatische Wirtschaftslage interessant, sondern der Umgang des Landes mit der großen Zahl an Flüchtlingen, die täglich durchs Land reisten, auf ihrem Weg weiter Richtung Westen. 350 000 Flüchtende durchquerten seit Mitte September das 3,7-Millionen Einwohner-Land. Premier Milanović war es kurz vor der Wahl gelungen, einige der Probleme bei der Flüchtlingsversorgung zu mildern.

Das chronisch überlastete Auffanglager in Opatovac, gleich hinter der serbischen Grenze, wurde aufgelöst, die Absprachen mit Serbien verbessert: Anstatt die Flüchtlinge weiterhin zu Fußmärschen zwischen den Ländern zu zwingen, werden die Menschen nun direkt von Serbien in das neu gebaute Camp im kroatischen Slavonski Brod gebracht. Dort sollen beheizbare Räume und warmes Essen für bis zu 5000 Menschen bereitgestellt werden.

So simpel die Maßnahmen klingen: Sie sind neu auf der sogenannten Westbalkanroute. Und es ist unwahrscheinlich, dass die HDZ sie umgehend wieder rückgängig machen wird. Auch wenn die Partei von Zäunen träumt und die von der HDZ gestellte Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović sich bereits im Oktober mit Ungarns Premier Viktor Orbán traf.

Für einen halbwegs zivilen Umgang mit den Flüchtenden und für eine funktionierende Nachbarschaft zwischen Kroatien und Serbien wird es entscheidend sein, wie offen Zagreb seine Grenzen lässt. Das hängt nicht nur an der HDZ, sondern auch an dem Überraschungssieger dieser Wahl, an Božo Petrov. Er bringt es mit seiner unabhängigen Liste Most (Brücke) laut aktuellen Hochrechnungen auf 19 Sitze im Parlament. Umfragen hatten ihn bei zwölf Sitzen gesehen, und schon das wäre ein Erfolg gewesen.

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Bislang hat sich Petrov vor allem innenpolitisch geäußert, und nicht zum Umgang mit Flüchtlingen. Er will das Justizsystem reformieren, die Bildung verbessern, sich für Ökologie und ein unternehmerfreundliches Klima einsetzen. Dass er dazu tatsächlich den Willen und die Durchsetzungskraft hat, bewies Petrov in der süddalmatischen Stadt Metković, wo er seit Mai 2013 Bürgermeister ist.

In den kommenden Tagen wird sich zum einen zeigen, wie ernst es Petrov mit seiner Ankündigung meinte, er werde mit keiner großen Partei koalieren. Zum anderen wird sich zeigen, wie Petrov die Flüchtlingspolitik Kroatiens beeinflussen könnte.

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