Grafing:Debatte hinter verschlossenen Türen

Grafing: Auf diesem noch brachliegenden Gelände im Gewerbegebiet will ein Investor eine Flüchtlingsunterkunft errichten.

Auf diesem noch brachliegenden Gelände im Gewerbegebiet will ein Investor eine Flüchtlingsunterkunft errichten.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Grafings Stadtrat berät über Alternativen zu der beantragten Flüchtlingsunterkunft im Gewerbegebiet

Von Thorsten Rienth, Grafing

Grafing soll prüfen, welche seiner städtischen Grundstücke für den Bau von Flüchtlingsunterkünften in Frage kommen. Ein CSU-Stadtratsantrag mit eben diesem Ziel ist bereits eingereicht. Doch auf der Tagesordnung des öffentlichen Sitzungsteils an diesem Dienstagabend ist das Thema nicht zu finden. Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) hat die Debatte in den nichtöffentlichen Teil geschoben. Das nährt die Vermutung, dass die Stadt mit möglichen Plänen schon deutlich weiter ist, als sie es öffentlich zugeben würde.

Hintergrund ist der Bauantrag eines Investors, der im Grafinger Gewerbegebiet eine Unterkunft für 135 Flüchtlinge errichten will. Der Bauausschuss lehnte das Vorhaben im Sommer ab. Das Gelände sei wegen der Lärmbelastung der nebenan gelegenen Bahnlinie für einen solchen Zweck nicht geeignet. Wenig deutet inzwischen darauf hin, dass das Landratsamt dieser Argumentation folgt. Deshalb will Grafing dem Investor andere städtische Grundstücke schmackhaft machen.

Das Ansinnen der Rathauschefin, den CSU-Antrag nichtöffentlich zu behandeln, dürfte also in genau diesem Zusammenhang stehen. Die Entscheidung begründete die Bürgermeisterin am Montag auf Nachfrage so: Der CSU-Antrag behandele Grundstücksangelegenheiten. Er könne daher nur beraten werden, "wenn über die Hintergründe über in Frage kommende Grundstücke, den Investor und andere ausstehende Pläne für Unterkünfte informiert werden kann".

Diesen Zusammenhang stellt der CSU-Antrag allerdings gar nicht her. Er ist vielmehr grundsätzlicher Natur. "Lösungen für die Unterbringung dieser Menschen zu finden, beziehungsweise Wohnraum zu schaffen, ist auch in unserer Stadt unabdingbar notwendig", schreibt die CSU. Schutzsuchende neben einer der meistbefahrenen Bahnstrecken Deutschlands und in unmittelbarer Nachbarschaft zu Blech und Stahl verarbeitenden Betrieben unterzubringen, sei nicht zumutbar.

"Der Stadtrat möge darüber beraten und in Folge beschließen, dem Investor auf städtischen Flächen eine Alternative anzubieten, wo das sicherlich dringend benötigte Gebäude zeitnah errichtet werden kann", fordert die CSU-Fraktion. Wichtig ist den Christsozialen, dass das Grundstück im Eigentum der Stadt bleibt. "Falls sich die Asylsituation in der Zukunft hoffentlich beruhigen sollte, hätte dies auch den unschätzbaren Vorteil, über eine möglichen Nachfolgenutzung des Gebäudes federführend entscheiden zu können."

Dass nun der komplette Antrag im nichtöffentlichen Teil der Sitzung beraten wird, darüber war man in der CSU überrascht, so heißt es aus deren Reihen. Und etwas verwundert. Die generelle Standortdiskussion ließe sich doch im öffentlichen Teil debattieren, hieß es. Etwaige Vertragsangelegenheiten könnte man dann später in nichtöffentlicher Sitzung behandeln. Eine derartige Aufteilung ist nach Angaben der Bürgermeisterin aber nicht vorgesehen.

Die Öffentlichkeit könnte das Gremium deshalb nur noch selbst herstellen, und zwar per Geschäftsordnungsantrag zu Sitzungsbeginn. Das Prozedere würde dann folgendermaßen aussehen: Besucher müssten den Sitzungssaal während Beratung und Abstimmung eben dieses Antrags verlassen. Danach würde die Öffentlichkeit wieder zugelassen und informiert, in welchem Teil der Sitzung der Stadtrat den CSU-Antrag zu beraten gedenkt.

Komplett öffentlich würde die Thematik allerdings in keinem Fall. Selbst wenn eine Mehrheit des Stadtrats dem Geschäftsordnungsantrag stattgibt: Die Beratung würde sich dort nur auf die im CSU-Antrag formulierte Frage beschränken, welche städtischen Grundstücke grundsätzlich für eine Unterkunft infrage kämen. Sollte es schon um konkrete Investorengespräche gehen, sind diese nichtöffentlich. Dass dies rechtmäßig ist, gilt im Stadtrat als unstrittig.

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