Rente:Nicht genug für den Ruhestand

Bund prognostiziert steigende Altersbezüge und sinkendes Rentenniveau.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Vorhersagen, erst recht, wenn sie weit in die Zukunft reichen, sind eine schwierige Sache. Das gilt auch für das Thema Rente. Trotzdem gibt die Bundesregierung jedes Jahr einen Ausblick auf die Entwicklung der Altersbezüge in den nächsten 15 Jahren. Sie stehen im "Rentenversicherungsbericht". Der neue Bericht für 2015, der nächste Woche durch das Kabinett gehen soll und der Süddeutschen Zeitung vorliegt, fällt diesmal etwas positiver aus. Zwischen den Zeilen wird aber klar: Viele Bürger werden in Zukunft für ein finanziell abgesichertes Leben im Ruhestand zu wenig Geld haben, wenn sie nicht mehr selbst für ihre Alterssicherung tun.

In dem Report des Arbeitsministeriums steht eine Zahl, die zunächst gut klingt: "Nach den Modellrechnungen steigen die Renten bis zum Jahr 2029 um insgesamt rund 41 Prozent an. Das entspricht einer durchschnittlichen Steigerungsrate von mehr als zwei Prozent pro Jahr". 2014 war das Ministerium noch von einem Plus von 39 Prozent bis 2028 ausgegangen.

Gleichzeitig enthält der Bericht jedoch die amtliche Warnung, dass das Rentenniveau immer tiefer sinkt, der Abstand zwischen Arbeitseinkommen und Altersbezügen also größer wird. So steht in dem Report: Der Rückgang des Rentenniveaus mache deutlich, "dass die gesetzliche Rente zukünftig alleine nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard des Erwerbslebens im Alter fortzuführen. In Zukunft wird der erworbene Lebensstandard nur erhalten bleiben, wenn die finanziellen Spielräume des Alterseinkünftegesetzes und die staatliche Förderung genutzt werden, um eine zusätzliche Vorsorge aufzubauen." Mit anderen Worten: Die Bürger sollen möglichst viel privat oder betrieblich zusätzlich vorsorgen.

Beim Rentenniveau wird stets mit einem Durchschnittsverdiener in der gesetzlichen Rentenversicherung gerechnet, der 45 Jahre aus dem jeweiligen Durchschnittsverdienst (2015: etwa 2917 Euro im Monat) Beiträge in die Rentenkasse einzahlt. Für diesen fiktiven Modellrentner beläuft sich das Rentenniveau derzeit auf 47,5 Prozent seines Arbeitnehmergehalts nach Abzug von Sozialabgaben, aber vor Abzug von Steuern. Das entspricht einer Bruttostandardrente von 1314 Euro. Bis 2029 wird das Rentenniveau nach den Berechnungen des Arbeitsministeriums auf 44,7 Prozent fallen. Zum Vergleich: 1998 lag das Niveau noch bei 53,6 Prozent, 2001, also ein Jahr vor Einführung der Riester-Rente bei 52,6 Prozent. Die Riester-Rente, so war damals die Hoffnung der Reformer, werde die Einbußen beim Rentenniveau ersetzen.

Das Arbeitsministerium geht bei der Riester-Rente von sehr optimistischen Annahmen aus

Zählt man nun zusammen, was gesetzliche und Riester-Rente gemeinsam abwerfen, kommt die Regierung für 2015 jedoch nur noch auf ein Versorgungsniveau von derzeit 50,0 Prozent oder zusammen 1384 Euro, wovon 70 Euro aus der Riester-Rente stammen. Für 2029 wird ein Rentenniveau von 51,2 Prozent angenommen, das wären 2089 Euro, wovon die Riester-Rente 265 Euro bringen soll. Die Werte liegen damit unter dem Rentenniveau vor dem Startschuss für die geförderte Altersvorsorge.

Außerdem hat die Rechnung einen Haken. Die Regierung unterstellt dabei, dass die Bürger die Riester-Förderung voll ausschöpfen. Das ist in den allermeisten Fällen nicht der Fall. Hinzu kommt: Die Regierung rechnet bei der Riester-Rente mit einer Verzinsung von vier Prozent und Verwaltungskosten von zehn Prozent. So steht es noch im Bericht für 2014. Tatsächlich sind die Renditen oft niedriger und die Kosten höher. Um so erstaunlicher, dass in der bisher vorliegenden Fassung des neuen Berichts der vorher kleingedruckte Hinweis auf die allzu optimistischen Annahmen jetzt ganz fehlt.

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