Kurzkritik:Vom Feinsten

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Münchner Philharmoniker spielen seltene Nonette

Von Klaus Kalchschmid, München

Nonette werden ob ihrer ungewöhnlichen Besetzung leider selten im Konzert gespielt und sind damit die passgenauen Stücke, wenn Mitglieder großer Symphonieorchester sich zu intimer Kammermusik zusammenfinden. So im Festsaal des Künstlerhauses am Lenbachplatz mit den Holzbläsern Michael Martin Kofler (Flöte), Kai Papsch (Oboe), László Kuti (Klarinette) und Bence Bogányi (Fagott); den Streichern Qi Zhou (Violine), Konstantin Sellheim (Viola), Sissy Schmidhuber (Cello) und Shengni Guo (Kontrabass) sowie der Hornistin Mia Aselmeyer.

Die Mitglieder der Münchner Philharmoniker spielten zunächst das erste Nonett der Musikgeschichte von Louis Spohr aus dem Jahr 1813. Vor allem im Scherzo mit zwei bezaubernd unterschiedlichen Trios und einem wunderbaren Adagio war das Kammermusik vom Feinsten, bei der alle möglichen Kombinationen der neun Instrumente ausprobiert wurden. Dagegen tendierten die schnellen Ecksätze nicht nur etwas zur Redseligkeit, sondern hätten durchaus ein wenig mehr Probenzeit verdient. Dem Hörvergnügen insgesamt tat das freilich kaum Abbruch.

Die trotz wärmsten Spätherbstwetters gut besuchte Matinee im Künstlerhaus endete mit einem Werk von Federico Fellinis Filmmusik-Komponist Nino Rota, das er 1959 komponierte und bis 1977 immer wieder überarbeitete. Obwohl dies sogenannte "absolute" Musik war, liefen vor dem inneren Auge immer wieder Filmbilder ab, vor allem aus der Zirkuswelt, etwa aus Fellinis "La Strada". Und während das Andante zu einer melancholisch-klangsatten Sehnsuchtsmusik gerann, drehte sich das Finale in ein kaum enden wollendes Perpetuum Mobile hinein.

Zwischen den im Abstand von 150 Jahren komponierten Nonetten erklang mit Ferenc Farkas' "Alten Ungarischen Tänzen aus dem 17. Jahrhundert", 1959 komponiert, eine frühbarocke Musik des "Als ob" für Bläserquintett: altertümlich in Melodik und Satz, tänzerisch charmant, aber doch ganz unhistorisch mit Instrumenten, die es vor 350 Jahren noch nicht gab. Doch wenn wertvolle Musik einzig bewahrt wird, indem sie wie in musikalischen Bernstein gegossen wird, hat das nicht nur seine Berechtigung, sondern ist klanglich höchst apart.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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