Fürstenfeldbruck:Persönliche Worte an Helmut Schmidt

Kondolenzbuch

Elke Deffland trägt sich im Brucker SPD-Büro ins Kondolenzbuch für Helmut Schmidt ein.

(Foto: Günther Reger)

In der Fürstenfeldbrucker Geschäftsstelle der SPD können sich die Bürger in ein Kondolenzbuch eintragen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die SPD hat in ihrer Geschäftsstelle in der Fichtenstraße in Bruck seit Donnerstagnachmittag ein Kondolenzbuch für Helmut Schmidt ausgelegt. Am ersten Tag trug sich ein knappes Dutzend Bürger ein, darunter die frühere Bundestagsabgeordnete Uta Titze-Stecher. Sie würdigten den Verstorbenen als glaubwürdigen Politiker und Ratgeber. Die meisten, die sich eintragen, haben Schmidt noch als Kanzler erlebt, sagte Carolin Vogt, die Büroleiterin. Solche Kondolenzbücher liegen in allen Büros der SPD aus, in Bruck noch bis nächsten Freitag. Anschließend werden die Bücher an Schmidts Büro im Bundestag geschickt und gesammelt der Familie übergeben.

Vertreter der SPD im Landkreis haben Helmut Schmidt unterdessen als überzeugten Sozialdemokraten, großen Kanzler und Staatsmann gewürdigt. "Mir hat imponiert, wie er bei der Flutkatastrophe 1962 als Hamburger Senator die Bundeswehr eingesetzt hat, obwohl er nicht zuständig war", sagte Norbert Seidl, der Puchheimer Bürgermeister. Fast alle erinnerten daran, dass der Altkanzler manchmal Positionen vertrat, die sowohl in der Gesellschaft als auch in seiner Partei umstritten waren.

Der Kreisvorsitzende Michael Schrodi würdigte Schmidt als gradlinigen Anwalt der kleinen Leute und prägende Gestalt. "Er hat klare Linien vorgegeben, an denen sich die Partei reiben konnte", meinte Schrodi. Er verwies auf den sogenannten Nato-Doppelbeschluss von 1979, der die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen vorsah und zu vehementen Protesten der Friedensbewegung führte. Die Entscheidung stellte die SPD damals vor eine Zerreißprobe.

Während Schrodi, Jahrgang 1977, aus der Perspektive des Historikers urteilt, war Alfred Münch von 1975 bis 1986 SPD-Kreisvorsitzender. Dank guter Kontakte nach Bonn konnte er prominente Politiker für Veranstaltungen gewinnen. Auf diese Weise hat Münch Willy Brandt persönlich erlebt, der 1982 zu einem Wahlkampfauftritt anreiste, nicht aber Helmut Schmidt. Der ist ihm auch durch innerparteiliche Kontroversen in Erinnerung. Münch hat damals gegen den Nato-Doppelbeschluss protestiert. "Heute will ich nicht mehr ausschließen, dass er in der Frage recht hatte", sagte Münch. Schmidt hatte Ausstrahlung und würde zurecht sehr verehrt, habe aber Schwächen gehabt. "Manche Entwicklung hat er weggewischt, weil er ein Macher war", meinte Münch. Er erinnerte an Schmidts Invektive, wer Visionen habe, solle zum Arzt gehen. Die ökologische Frage, die Erhard Eppler in den Siebzigerjahren in der SPD verfocht, habe Schmidt "abgebürstet", was sich als wenig weitsichtig herausgestellt habe.

Der Gröbenzeller Gemeinde- und Kreisrat Peter Falk würdigte den Altbundeskanzler als Jahrhundertgestalt. "Es ist beachtlich, wie er sich bis zuletzt für die Friedenspolitik und die Achtung des Völkerrechts eingesetzt hat", sagte Falk der SZ. Er erinnerte daran, dass der gelernte Volkswirt Schmidt einen Schuldenschnitt für Griechenland und einen europäischen Sozialstaat verlangt habe. Kontrovers seien hingegen Schmidts Positionen zur Atomkraft oder zum Nato-Doppelbeschluss gewesen, erinnerte Falk.

Ähnlich ist die Perspektive von Mirko Pötzsch, Kassierer des Kreisverbandes, der aus Wurzen bei Leipzig stammt. Zu DDR-Zeiten habe er ein "zwiespältiges Verhältnis" zu Schmidt gehabt, der für die Raketenrüstung mitverantwortlich gewesen sei. "Das habe ich damals als Schüler wie viele als direkt gegen mich gerichtet wahrgenommen." Bei der Abwahl 1982 habe Schmidt viel Stärke und Geradlinigkeit gezeigt. Der Brucker Stadtrat Axel Lämmle bekannte, er sei wegen Helmut Schmidt mit 17 Jahren in die SPD eingetreten. "Ich werde ihn so sehr vermissen, seine Streitbarkeit, seine Klugheit, seine Menschlichkeit und seine Überzeugungen", schrieb Lämmle.

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