Biologie:Frühstück im Atlantik

Foto: Juan Mabromata/AFP (Foto: N/A)

Aggressive Möwen greifen im Südatlantik verstärkt Walmütter und deren Kälber an. Die Vögel reißen den Tieren Haut- und Fleischfetzen aus dem Rücken, um diese zu fressen. Trägt dieser Stress dazu bei, dass die Wale an Stränden verenden?

Von Sebastian Herrmann

Dominikanermöwen setzten Walen im südlichen Atlantik massiv zu. Die Vögel reißen Kälbern der Südkaper-Wale und deren Müttern Haut-, Fleisch- und Fettstücke aus dem Rücken - und das bei lebendigem Leib. Die aggressiven Vögel attackieren offenbar bevorzugt weibliche Wale und deren Nachwuchs, berichten Wissenschaftler um Carina Marón von der University of Utah im Fachmagazin Plos One. Auf Luftbildern aus der Gegend um die Valdés-Halbinsel in Argentinien aus den Jahren von 1974 bis 2011 beobachtete das Team einen Trend: In den 1970er-Jahren hatten lediglich zwei Prozent der Wale Narben von Möwenattacken. In den 2000er-Jahren wiesen bereits 99 Prozent der beobachteten Wale die von den Vögeln beigebrachten Verletzungen auf. Zudem verstärkten die hungrigen Möwen ihre Angriffe auf die Jungtiere, so wie auf diesem Bild zu sehen ist. Bis in die 1990er-Jahre waren Bissspuren an Müttern und Kälbern ähnlich häufig. Doch seit der Jahrhundertwende setzen die Möwen den Jungtieren sehr viel stärker zu. Marón und ihre Kollegen glauben, der Stress durch die Möwenangriffe könne dazu beitragen, dass die Glattwale an Land stranden und dort verenden. Etwa 600 Südkaper starben zwischen 2003 und 2014 an der Küste der Valdés-Halbinsel. Durch die ständigen Angriffe der Möwen bleibt Müttern und ihren Jungtieren weniger Ruhezeit. Auch das Pflegeverhalten der Muttertiere leide, so die Forscher. Weshalb die Möwenangriffe so zugenommen haben, ist noch rätselhaft.

© SZ vom 16.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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