Parteitag:Münchner SPD rappelt sich auf

Parteitag: Der Alte und die Nachfolgerin: Claudia Tausend dankte Hans-Ulrich Pfaffmann beim Parteitag für seine Arbeit.

Der Alte und die Nachfolgerin: Claudia Tausend dankte Hans-Ulrich Pfaffmann beim Parteitag für seine Arbeit.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Nach dem Absturz bei der Kommunalwahl fasst die Münchner SPD wieder Tritt.
  • Einer der Gründe für die verbesserte Stimmung in der Partei ist Dieter Reiter, der als Oberbürgermeister Münchens eine gute Figur macht.

Von Heiner Effern

Mit dem Schock setzt oft eine Starre ein, die später einer Betriebsamkeit weicht, um wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen. Im besten Fall folgt daraus eine Strategie, um eine schlimme Erfahrung nicht zweimal machen zu müssen. Die Münchner SPD ist nach der traumatischen Niederlage bei der Kommunalwahl 2014 gerade dabei, wieder Boden- und Basiskontakt herzustellen.

"Wir haben den OB gewonnen, aber sonst in einer Höhe verloren, die wir uns nicht hatten vorstellen können", sagt Claudia Tausend, die seit einem Jahr die SPD lenkt. Sie soll die Aufarbeitung vorantreiben und mit neuen Strukturen einen weiteren Schock verhindern. "Da sind wir einen großen Schritt nach vorne gegangen", bilanzierte sie auf dem Jahresparteitag am Montagabend.

Der Vorstand hat in einer mehr als 20 Seiten dicken Liste Punkt für Punkt aufgeführt, welche Arbeitsaufträge der Parteimitglieder nach der Wahlanalyse abgearbeitet sind. Jedes Vorstandsmitglied habe nun klar zugewiesene Aufgaben, steht zum Beispiel im Bericht. Die Zusammenarbeit zwischen Parteispitze, Ortsvereinen, der Stadtratsfraktion und dem Oberbürgermeister habe sich bereits deutlich verbessert. Zukunftsthemen wie Verkehr und Wohnen seien wieder in das Zentrum der Arbeit gerückt. "Wir haben uns stabilisiert", sagte Tausend schon vor dem Parteitag. Nach der internen Neuordnung gehe es in Zukunft darum, "wieder stärker politisch nach vorne und außen arbeiten".

Viel Kritik nach der Kommunalwahl

Wie tief der Schock saß, hinter der CSU plötzlich nur noch die zweite Kraft in der Stadt zu sein, zeigte sich in den Monaten nach der Kommunalwahl. Die SPD zweifelte daran, noch die "München-Partei" zu sein, wie sie sich jahrelang nannte. Hans-Ulrich Pfaffmann schloss für sich daraus, nicht mehr der richtige Vorsitzende zu sein. Seine Stellvertreterin Tausend wurde im November 2014 an die Spitze gewählt. Auch da gab es Kritik, ob die Bundestagsabgeordnete die Doppelbelastung meistern könne.

Tausends Stellvertreter Florian von Brunn, selbst im Landtag, hält das für erledigt. "Sie kümmert sich sehr. Im Vorstand sind wir ein harmonisches Team und haben es geschafft, alle Gräben zuzuschütten." Graciela de Cammerer, Ortsvorsitzende in Obermenzing, stimmt dem zu. "Wenn die Basis wieder mitreden und mitgestalten darf, sehe ich das als positives Signal." Nach der Wahl forderte ihr Ortsverein einen personellen Neuanfang.

Ein Grund für die verbesserte Stimmung hat mit der Partei selbst wenig zu tun: Oberbürgermeister Dieter Reiter. Er mache einen "glänzenden Job", sagt etwa SPD-Stadtchefin Tausend. Gerade sein Auftreten in der Flüchtlingsfrage sei "wirklich gut", pflichtet von Brunn bei. Freilich wissen beide genau, dass die Partei im Machtgefüge erst an dritter Stelle kommt. Ein OB mit Reiterschem Selbstvertrauen, das noch nicht ganz Ude-Niveau hat, aber doch schon gut ausgeprägt ist, hört sich zwar jede Woche in einem Treffen mit den Parteifreunden deren Meinung an. Was er davon umsetzt, macht er aber zuerst mit sich und dann mit der Fraktion aus.

Stadträte sollen auf die Basis hören

Zumindest mit Erfolg, sagte Tausend auf dem Parteitag. "Im Rathaus sind wir die gestaltende Kraft." Auch die Jusos sind mit OB Reiter zufrieden, der Draht zu ihm sei deutlich besser als zu Vorgänger Ude, sagt die Vorsitzende Lena Sterzer. In der Partei gebe es unter Tausend gute Ansätze, aber auch noch Defizite. Bei den Ladenöffnungszeiten etwa hätten sich die Stadträte vorzeitig festgelegt. Dass die Basis anderer Meinung war, habe nicht mehr einfließen können. Zudem könnte die SPD sich im Stadtrat auch mal mutiger von der CSU abgrenzen, etwa eine andere Mehrheit suchen, sagt Sterzer.

Auch Werner Lederer-Piloty, Vorsitzender des Bezirksausschusses (BA) Schwabing-Freimann, sieht noch Potenzial. "Wenn wichtige Entscheidungen in einem Viertel anstehen, sollten sich die Fraktion und die Vertreter dort vorher zusammensetzen", sagt er. Die Stadträte sollten auf die Basis hören, auch wenn das nicht bequem sei.

"Immer das Schielen auf vermeintliche Wählerstimmen, das ist ärmlich. Ein gutes Ziel formulieren, dazu stehen, dann kommen die schon." Wenn nun auch die Aufstellung der Kandidaten und Listen neu organisiert werde, müsse sich die SPD fragen, wen sie in den Stadtrat schicken will: weiter hauptsächlich Gewerkschafter, Verbandsvertreter und Genossen mit Sitzfleisch oder doch auch Menschen, "die aus einer anderen Lebenswirklichkeit kommen".

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