Schönderling:Vorsicht bissiger Luchs

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Eine Raubkatze reißt Damwild in einem Gatter in der Rhön - es ist der erste gesicherte Nachweis seit Jahrzehnten

Von Christian Sebald, München

In der unterfränkischen Rhön ist ein Luchs in ein Wildgatter eingedrungen und hat drei Stück Damwild gerissen. Die Vorfälle ereigneten sich vor eineinhalb Wochen in zwei aufeinanderfolgenden Nächten, sie sind der erste gesicherte Nachweis eines Luchses in Unterfranken seit Jahrzehnten. In der Region herrscht große Aufregung. "Das war ein erschreckender Anblick", sagt der Damwild-Halter Erwin Belz aus Schönderling im Landkreis Bad Kissingen, dessen Gatter der Luchs heimsuchte. "Ein Muttertier wollte sein Kalb offenkundig schützen, aber es war ohne Chance." Das Landesamt für Umwelt (LfU), das für Raubtiere in Bayern zuständig ist, bestätigte die Risse. Man berate derzeit den Wildhalter, wie er sein Gatter besser schützen könne, sagte eine Sprecherin.

Wie fast überall in Bayern war der Luchs auch in der Rhön seit Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Zwar gab es zuletzt vereinzelt Hinweise, dass sich der eine oder andere in der Region aufhalten oder sie zumindest durchstreifen könnte. Aber die aktuellen Risse sind der erste sichere Nachweis. Selbst die LfU-Experten wurden offenbar von der Rückkehr des Luchses in die Rhön überrascht. Sie rechneten eher damit, dass dort ein junger Wolf zuwandern könnte. Die relativ dünn besiedelte Region mit ihren weitläufigen Wäldern und dem Truppenübungsplatz Wildflecken ist ein ideales Terrain für Wölfe und Luchse.

Dagegen ist es nur auf den ersten Blick ungewöhnlich, dass ein Luchs in ein Wildgatter eindringt und sich dort gleichsam bedient. So gab es im Bayerischen Wald, dem Hauptverbreitungsgebiet der Luchse in Bayern also, schon vor mehreren Jahren einen Luchs, der sich so verhielt. Erst als ein Strom führender Zaun um das Gelände herum errichtet wurde und dem Luchs bei seinem nächsten Versuch einen richtig starken Schlag versetzte, ließ das Raubtier von seinem Treiben ab. Das LfU will jetzt dem Damwild-Halter Belz aufzeigen, wie er sein Gatter besser schützen könnte, für die beiden gerissenen Muttertiere und das Damwild-Kalb erhielt der Mann eine Entschädigung. Eine Alternative zu einem stärkeren Zaun wäre ein Esel in dem Gatter. Die Tiere sind unerschrocken und bissig. Außerdem treten sie hart zu und schreien so eindringlich, dass sogar Wölfe vor ihnen die Flucht ergreifen. Im italienischen Apennin werden Esel oft zum Schutz von Schafherden eingesetzt.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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