Chorgemeinschaft Dachau:Kraftvolles Mozart-Requiem

Lesezeit: 2 min

Der Chorgemeinschaft gelingt eine Aufführung von außerordentlicher Strahlkraft. Sie widmet das Konzert den Opfern der Terroranschläge von Paris.

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Die Chorgemeinschaft Dachau widmete die Aufführung des Mozart-Requiems in Sankt Jakob am Sonntagabend den Opfern des Terror-Anschlags von Paris. Insofern kann eine kritische Würdigung, wie sie jedem ernst zu nehmenden Konzert zukommt, in diesem Fall nicht im Vordergrund stehen. Aber einige Anmerkungen sollen die Besonderheiten der Interpretation herausstellen.

Fünf Jahre lang wurde das Mozart-Requiem in Dachau nicht mehr aufgeführt. Es war also höchste Zeit, dass Rudi Forche mit seiner Chorgemeinschaft Dachau diese wohl ergreifendste Requiem-Vertonung in der Pfarrkirche Sankt Jakob wieder erklingen ließ. Das Konzertpublikum dankte ihm durch außerordentlich große Anteilnahme. Die Schreckensnachrichten aus Paris haben viele Dachauer zum Besuch dieses Konzerts mit Mozarts Musik zur katholischen Totenmesse (Requiem) angeregt. Außerdem waren zwanzig Flüchtlinge eingeladen, die ausnahmslos der Einladung gefolgt sind.

Rudi Forche ist in seinem Dirigieren und Musizieren immer auf der Höhe der Zeit. Man kann sich die Fahrt nach München und die Kosten für die teuren Eintrittskarten der Münchner Philharmonie sparen, denn Forche interpretiert die aktuell maßgeblichen Interpretationen aufs Genaueste. Er hat dafür eine ganz besondere, außerordentliche Begabung. Sein Orchester besteht ohnehin aus Mitgliedern Münchner Orchester, und seinen Chor führt er in hervorragender Probenarbeit perfekt auf das jeweilige Ideal hin. Diesmal war außerordentliche Strahlkraft in gesangstechnischer Perfektion angesagt.

Die Chorgemeinschaft widmete die Aufführung des Requiems den Terroropfern in Paris. (Foto: Toni Heigl)

Kraft und Präzision

Die klangliche Wucht, mit der Forches Chorgemeinschaft Dachau bereits das von Mozart noch ganz in barocker Tradition komponierte Kyrie in den Raum setzte, war gewaltig, und beim berühmten "Dies irae" in sehr schnellem Tempo war überdies die Präzision des Chors zu bewundern. Mozart verlangt hier zwar "Allegro assai". Aber die Rasanz stellt eine neuzeitliche Interpretation von Mozarts Tempovorschrift dar. Dieser heute gültigen Interpretation und damit auch Rudi Forches Auffassung liegt vielleicht etwas daran, dass der Tag des Zorns - so die wörtliche Übersetzung von "Dies irae" - möglichst schnell vorübergeht, doch er verliert im überzogenen Tempo auch viel von seinem - von Mozart komponierten - Schrecken.

Das Ergreifende von Mozarts Requiem steht oft in unmittelbarem Zusammenhang mit den überlieferten Begleitumständen von Mozarts Komposition, vom anonymen Auftraggeber und Mozarts Annahme, dass er sein eigenes Requiem zu komponieren habe, bis zu der Probe an Mozarts Totenbett, das er bei der Stelle "Lacrimosa dies illa" (Tag der Tränen) abbrechen musste. Forche verzichtete darauf, das außermusikalisch Beiwerk anklingen zu lassen, das meistens schon beim Einsatz der Bassetthörner zum Vorspiel des "Requiem aeternam" Ergriffenheit auslöst. Der Bassetthörner-Einsatz erklang sogar ausgesprochen nüchtern.

Die Solistinnen Anna Maria Bogner, Claudia Lidl (Alt) und Dirigent Rudi Forche in Sankt Jakob. (Foto: Toni Heigl)

Die heutigen Aufführungen von barocker und klassischer Musik sind fast durchwegs an einer historischen Aufführungspraxis orientiert. Das führt im Fall von Mozarts Requiem zu einer außerordentlich straffen, scharf akzentuierenden, kraftvollen, in vieler Hinsicht werkgerechten Aufführung, bei der allerdings das Emotionale in den Hintergrund rückt.

Sopran voll emotionaler Wärme

Die Solisten fügten sich dieser in ihrer Perfektion sachlich wirkenden Aufführung mit großem Können ein. Hervorzuheben sind Christof Hartkopf, der beim berühmten "Tuba mirum" zum Posaunensolo sehr schöne baritonale Höhe und darauf profunde Bass-Tiefe zeigte, und Anna-Maria Bogner, die mit ihrem leuchtenden Sopran auch emotionale Wärme in die sonst vorwiegend auf Kraft und Präzision ausgerichtete moderne, also wohl zeitgemäße Aufführung brachte. Aber auch Claudia Lidl (Alt) und Q-Won Han (Tenor) sowie Klaus Schnädelbach an der Orgel trugen das ihre bei zu einer gelungenen, in sich stimmigen Aufführung.

Als Einleitung zum Mozart-Requiem wird gern Adagio und Fuge c-Moll für Streichorchester von Mozart gespielt, Rudi Forche dirigierte an dessen Stelle Adagio und Fuge c-Moll von Johann Georg Albrechtsberger, der zur Zeit Mozarts als Kapellmeister am Stephansdom zu Wien wirkte, vielseitiger Komponist war und vor allem als Lehrer Beethovens bekannt wurde. Sein Adagio wirkte nach den einleitenden Worten des Pfarrers als echte Trauermusik.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: