Euroleague:In der Werkstatt

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Ob Dusko Savanovic (li.) auflaufen kann, bleibt bis kurz vor Spielbeginn offen. Er wäre eine willkommene Verstärkung gegen das Team der Türken. (Foto: Imago)

Die Basketballer des FC Bayern haben vier Pflichtspiele in Serie verloren - ein Novum unter Svetislav Pesic. Ausgerechnet jetzt kommt Fenerbahce Istanbul nach München, eines der besten Teams in Europa

Von Matthias Schmid, München

Der Radfahrer strampelte, sein mächtiger Körper schwitzte. Er beugte sich so weit nach vorne über den Lenker, dass sein Kopf auf den Armen lag. Er wollte sich wohl den Anblick der Basketball spielenden Kollegen nebenan auf dem Feld ersparen. Oder war er nur erschöpft? Dass der Radfahrer - Bayern-Profi Dusko Savanovic - lieber den Ball in seinen Händen hält als auf dem Spinning-Rad zu sitzen, musste er nicht erst erläutern, man sah es ihm an: "Nach einer halben Stunde fühlte es sich an, als ob mein Hintern mich töten würde", sagt der 32-Jährige.

Ob der Serbe trotz Knieproblemen und seiner Absenz zuletzt beim Bundesligaspiel in Berlin an diesem Donnerstag (20.45 Uhr) im Euroleague-Heimspiel gegen Tabellenführer Fenerbahce Istanbul wieder mitwirken kann? "Definitiv", sagt Savanovic: "Mein Knie ist okay." Svetislav Pesic hatte er das neueste Bulletin noch verschwiegen. "Mir hat er das nicht gesagt", stutzte der Cheftrainer des FC Bayern. Er war weniger optimistisch, zumal Savanovic noch eine Untersuchung bei Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt bevorstand. "Meinen Sie, dass Dusko ohne Training spielen kann?", fragte der Trainer spitz und gab die Antwort nach ein, zwei Sekunden des Nachdenkens gleich selbst: "Ja klar, Dusko kann."

Pesic lächelte milde. Der sonst so strenge wie bisweilen gereizte 66-Jährige gab sich vor dem Start der Rückrunde in der Euroleague (der FC Bayern ist mit zwei Siegen aus fünf Partien derzeit Gruppen-Dritter) so aufgeräumt und gelassen, als habe er gerade eine Sitzung bei einem Zen-Buddhisten hinter sich. Dabei muss er die erste ernsthafte Krise in seiner fast dreijährigen Amtszeit moderieren. Es ist das erste Mal, dass die Münchner vier Pflichtspiele nacheinander verloren haben. Und die Aussicht, dass diese Serie ausgerechnet gegen eine der besten Mannschaften Europas endet, ist nicht allzu gut, wie Pesic selbst findet: "Fenerbahce bringt das komplette Paket mit, um das Final Four in dieser Saison zu gewinnen. Sie haben den Willen, den richtigen Trainer und die besten Spieler. Sie haben mehr Substanz als wir."

Vielleicht liegt des Trainers gute Laune auch daran, dass er sich die herzliche Strategie von Pep Guardiola zu eigen gemacht hat: "Er ist my friend", sagt Pesic über den Fußball-Kollegen, "er liebt alle seine Spieler." Mit so viel Nähe kann er zwar nichts anfangen, aber mit kritischen, ja fast beleidigenden Äußerungen wie noch nach der Berlin-Niederlage ("John Bryant hat mehr geweint als gespielt.") hält er sich nun zurück. Im Gegenteil: Von großen Problemen, von fehlendem Arbeitsethos oder gar von einer Krise will er nichts wissen: "Wenn wir an uns glauben und uns aufopfern, dann haben wir die Chance, gegen Istanbul zu gewinnen."

Von einem Sieg, der das Achtelfinale wieder wahrscheinlicher machen würde, ist auch Savanovic überzeugt. Doch der Flügelspieler deutet zumindest an, dass dem Team die 99:101-Niederlage von vor zwei Wochen bei Titelverteidiger Real Madrid, als der sicher geglaubte Sieg in der Schlussphase verschenkt wurde, viel mehr nachhängt, als Pesic öffentlich zugeben mag. "Wir haben verschiedene Probleme", gesteht Savanovic, ein Mann mit offenem Naturell. Er vergleicht die Mannschaft mit einem fehlerhaften Gebrauchtwagen. "Du reparierst ein Teil, und schon bald geht das nächste kaputt."

Das klingt zunächst dramatischer, als er es meint. Was Savanovic aber am meisten ärgert, ist die Tatsache, dass seine Kollegen in Berlin mit zu wenig Leidenschaft spielten, mit einer Körpersprache, die fast Desinteresse signalisierte: "Ohne Emotionen kannst du kein Spiel gewinnen." Savanovic erinnert daran, dass die Einstellung zuletzt nur gegen Straßburg und Khimki Moskau seinen Ansprüchen genügte. Erschwerend hinzu kam der Hang zur Sorglosigkeit bei der Abwehrarbeit. "Wir müssen härter und leidenschaftlicher verteidigen, weil unser Konzept darauf aufbaut." Ein Dusko Savanovic auf dem Spielfeld würde dabei helfen, das weiß auch Pesic. Sein Landsmann spielt bisher eine formidable Saison, hat mit wichtigen Dreiern und seiner Präsenz unter dem Korb zu vielen Siegen entscheidend beigetragen. Es wird sich wohl erst kurz vor der Partie entscheiden, ob er spielen kann. Savanovic hat jedenfalls alles dafür getan, zumindest auf dem Rad. Wenn auch schweren Herzens.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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