John Cryan:Deutsche-Bank-Chef: Banker verdienen zu viel

Deutsche Bank new Chief Executive John Cryan arrives for a news conference in Frankfurt

John Cryan, Chef der Deutschen Bank, im Oktober in Frankfurt am Main

(Foto: REUTERS)

Es war erst der zweite öffentliche Auftritt, seit John Cryan das größte deutsche Geldhaus führt.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

John Cryan, 54, braucht keinen Bonus, um jeden Tag einen guten Job zu machen. "Für mich ist das nicht relevant", sagte der neue Co-Chef der Deutschen Bank am Montag auf einer Veranstaltung in der Universität Frankfurt. Es war erst sein zweiter öffentlicher Auftritt, seit er im Juli an die Spitze des krisengeschüttelten Instituts gerückt ist.

Cryans mit leiser Stimme vorgetragene Botschaft hatte es jedoch erneut in sich: Manche Vertreter der Branche, sagt der Brite, glaubten noch immer, sie hätten das Recht, außergewöhnlich hohe Summen zu kassieren, weil sie mit dem Geld anderer Leute spielten. Er hält diesen Anspruch für falsch: "Ich glaube, dass die Leute im Bankensektor zu viel Geld verdienen". Boni wolle die Deutsche Bank daher grundsätzlich viel langfristiger anlegen und nur noch zeitverzögert auszahlen. Cryan bemühte dabei einen Vergleich mit der Kindererziehung: Um jegliches Theater zu vermeiden, dürfe man dem Kind nicht die Süßigkeiten zeigen, bevor klar sei, dass es diese auch wirklich verdient habe. Es später wegzunehmen sei viel schwerer. Nötig sei vielmehr, auch bei der Bezahlung klare Botschaften zu vermitteln, effektive Kontrollen zu installieren und Fehlverhalten zu bestrafen.

Einmal mehr zeigte Cryan damit, dass er der Deutschen Bank wirklich eine neue Bescheidenheit verordnen will. Der Abbau der zahlreichen juristischen Altlasten, die noch immer mit Milliarden auf der Bilanz der Bank lasten, wird zwar noch viele Jahre dauern. Seit Juli hat er aber nicht nur weite Teile des in die Skandale der Vergangenheit verstrickten Vorstands ausgetauscht, die Dividende gekappt, sondern auch Boni gestrichen und einen Stellenabbau angekündigt. Mit seinen Botschaften will er nun an erster Stelle die Mitarbeiter erreichen. "Denn ohne die Mitarbeiter gibt es die Bank gar nicht", sagte Cryan. Er ermuntere daher seine Kollegen, ihm Emails zu schreiben, und versuche diese auch alle zu beantworten. Früher hingegen hätten viele Mitarbeiter wichtige Neuigkeiten erst als Letzte erfahren. "Das war ein Problem, daher schreibe ich jedes Mal, wenn es etwas Neues gibt, einen Brief an die Mitarbeiter, den wir dann zeitgleich auch auf unserer Internetseite veröffentlichen", sagte Cryan.

Auch die Aktionäre will er weiter auf dem Laufenden halten, sie stehen derzeit aber offenbar nicht ganz oben auf der Prioritäten-Liste: "Im Moment kann ich den Aktionären gar nicht so viel sagen". Er wolle nicht an die Fehler der Vergangenheit anschließen, als die Bank viel versprochen, aber wenig davon umgesetzt habe. "Jetzt müssen wir erst mal liefern".

Auch mit Blick auf den Kulturwandel setzte er sich einmal mehr von seinem Vorgänger Anshu Jain und seinem Noch-Co-Chef Jürgen Fitschen ab. Der Begriff Kultur passe seiner Ansicht nach nicht wirklich zu den Belangen des Geschäftslebens: "Ich mag das Wort Kultur eigentlich nicht in diesem Zusammenhang". Sein Vorgänger hatten den Begriff des Kulturwandels lange wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Es war der - allerdings vergebliche - Versuch, die vielen Skandale aus dem Investmentbanking abzustreifen und ernsthaft aufzuklären.

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