Fifa-Affäre:Auch Blatter droht lebenslange Sperre

File Blatter, Valcke and Platini suspended

Es droht die lebenslange Sperre: Fifa-Boss Sepp Blatter (l.) und Uefa-Chef Michel Platini.

(Foto: dpa)
  • Die Fifa-Ethikkommission fordert eine lebenslange Sperre gegen den suspendierten Uefa-Präsidenten Michel Platini. Nach SZ-Informationen ist auch bei Blatter ein solches Strafmaß beantragt worden.
  • Beide Fußball-Bosse konnten zu ihrer Entlastung bisher wenige Beweise vorbringen.
  • Aber auch den Richtern wird es schwerfallen, einen Stimmenkauf einwandfrei nachzuweisen.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Jahrelang waren Sepp Blatter und Michel Platini die mächtigsten Funktionäre der Fußballwelt. Nun droht ihnen der ewige Bann. Schon seit gut sechs Wochen beschäftigt sich die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes Fifa mit den Verfehlungen dieses Duos. Nun bestätigte Platinis Anwalt, dass die Untersuchungskammer des Gremiums eine lebenslange Sperre gegen seinen Klienten gefordert habe. Nach SZ-Informationen ist auch bei Blatter ein solches Strafmaß beantragt worden. Den Entscheid darüber muss nun zeitnah die rechtsprechende Kammer der Ethikkommission treffen.

Der Vorgang, der den beiden zum Verhängnis wurde, datiert von Februar 2011. Damals erhielt Platini auf Blatters Anweisung zwei Millionen Franken von der Fifa überwiesen. Ans Licht kam die Sache erst Anfang Oktober im Zuge der Ermittlungen der Schweizer Behörden rund um den Weltverband. Von den Ermittlern damals ganz kurzfristig einvernommen, stellten die beiden den Geldfluss als letzte Rate eines Honorars dar, das sie für eine Beratertätigkeit Platinis für die Fifa von 1998 bis 2002 vereinbart hätten.

Zwei Gentlemen sollen sich geeinigt haben

Ein schriftliches Dokument habe es leider nicht gegeben, erklärten sie, das Ganze sei ein Gentlemen's Agreement gewesen, auf mündlichen Vereinbarungen beruhend. Auch die Frage, warum er neun Jahre auf die Millionen gewartet hatte, konnte der Franzose nie schlüssig beantworten. Am 7. Oktober wurden beide für jeweils 90 Tage provisorisch gesperrt, zugleich nahmen die Ethiker das Hauptverfahren gegen Blatter und Platini in Angriff.

Die Frage ist nun, wie die Richter der Ethikkommission diese Zahlung aus dem Februar 2011 bewerten. Die Forderung nach einer lebenslangen Sperre legt den Schluss nahe, dass die Untersuchungskammer von Korruption ausgeht. Im Klartext: Blatter könnte sich mit zwei Millionen Franken die Unterstützung Platinis, der seit 2007 und bis zu seiner Suspendierung Europas Fußball-Union führte, in einer bedeutenden sportpolitischen Entscheidung gekauft haben.

Zum Zeitpunkt der Zahlung stand der Schweizer in einem massiven Wahlkampf um eine weitere Amtszeit als Fifa-Präsident. Herausforderer war sein langjähriger Verbündeter Mohamed bin Hammam. Der schwerreiche Katarer wusste den Großteil des Asien-Verbandes AFC hinter sich, den er anführte. Zudem hatte er bestte Drähte nach Afrika, auch umgarnte er das gut 35 Stimmen starke Paket des Nord- und Mittelamerikaverbandes Concacaf unter Skandalfunktionär Jack Warner. Kurz vor der Wahl im Mai 2011 kam es zu einer Bestechungsorgie in der Karibik, wegen der bin Hammam am Ende gesperrt wurde.

Ermittler suchen Beweise für politischen Kontext

Zum damaligen Zeitpunkt war es erkennbar wichtig für Blatter, dass wenigstens die 50 Europäer unter Führung Platinis nicht in größeren Teilen ins Lager des Katarers schwenkten, sonst wäre die Wahl wohl verloren gewesen. Das jedenfalls geschah nicht: Der Franzose schwor Europas Verbände beim Uefa-Kongress im März 2011 flammend auf Blatters Wiederwahl ein. Für die Ethik-Untersuchungskammer steht die Überweisung nun offenkundig in einem zeitlichen Kontext zu den konkreten Vorgängen.

Sowohl an Platinis öffentlichem Auftreten als auch an internen Vorgängen, auf die die Ethiker - beispielsweise über Protokolle - Zugriff haben könnten, dürfte sich sein politisches Verhalten vor und nach der Zahlung ablesen lassen. Trotzdem dürfte schwer zu beweisen sein, dass es sich bei der Überweisung um Stimmenkauf und Korruption handelte - und damit eine lebenslange Sperre verhängt werden kann, die auch vorm obersten Sportgerichtshof Cas standhält.

Dorthin werden sich Blatter und Platini im Fall einer Verurteilung wenden. Deshalb muss der Spruch möglichst wasserdicht sein. Falls die Kammer unter Vorsitz des Münchner Richters Hans-Joachim Eckert befindet, dass die Beweise nicht für den Korruptionsnachweis ausreichen, drohen Blatter und Platini immer noch heftige Sanktionen. Es verblieben als Vorwürfe: Interessenskonflikt, Untreue zu Lasten der Fifa, Bilanzfälschung. Nach SZ-Informationen wäre dann von einem Strafmaß von sieben bis acht Jahren auszugehen.

Ein Urteil wird bereits bis Weihnachten erwartet

Ein Freispruch indes gilt als ausgeschlossen. In Ethikerkreisen wurde auch registriert, dass Blatter, 79, und Platini, 60, bei ihrer Berufung gegen die provisorische 90-Tage-Sperre kaum Substanzielles zur Entlastung vorgebracht hätten. Das Urteil der Spruchkammer dürfte noch vor Weihnachten fallen. Alle Beteiligten, auch Blatter und Platini, haben ein großes Interesse an einem raschen Ablauf. Platinis Anwalt sprach mit Blick auf die mögliche lebenslange Sperre von einem "Skandal".

Die Suspendierten wollen sich umgehend an den Cas wenden, beide haben noch den 26. Februar 2016 im Auge: den Tag des nächsten Fifa-Wahlkongresses in Zürich. Platini möchte sich dann zum neuen Präsidenten wählen lassen, Blatter will die Zusammenkunft seiner Fußballfamilie zumindest leiten. Beides erscheint nach gegenwärtigem Stand als illusorisch.

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