Boxer Tyson Fury:Wahnsinniger als alle zuvor

*** BESTPIX *** Wladimir Klitschko v Tyson Fury - Press Conference

Wladimir Klitschko und Tyson Fury: Böse gegen Gut, wenn es nach Fury geht

(Foto: Dennis Grombkowski/Getty Images)
  • Er glaubt an den Teufel und prophezeit den nahenden Weltuntergang: Boxer Tyson Fury empört mit einer beklemmenden Weltsicht vor seinem Kampf gegen Wladimir Klitschko.
  • Klitschko könnte am Samstag beim Kampf in Düsseldorf zum 19. Mal in Folge seinen Titel verteidigen - es wäre sein 68. Sieg in einem Profikampf.

Von Saskia Aleythe

Wladimir Klitschko hatte in seinem Kämpferleben schon mit vielen Gegnern zu tun, die zwischen Übermut und Wahnsinn schwankten, alles für die Show, alles für den Zuschauer, für das ganz große Geld. Shannon Briggs verfolgte ihn als Stalker bis in den Urlaub, Dereck Chisora bespuckte ihn mit Wasser, David Haye trug ein T-Shirt mit den abgerissenen Köpfen der Klitschko-Brüder.

Am Samstagabend tritt Klitschko gegen Tyson Fury in den Ring. Und der ist noch eine ganze Nummer wahnsinniger.

Tausende Schläge bekommt ein Boxer in seinem Berufsleben ab, in Furys Leben waren es wohl noch ein paar mehr als bei anderen. Kürzlich veröffentlichte er ein Video, in dem er mit dem Kopf eine Wassermelone zertrümmert. Und dann gefräßig darin herumknabbert. Das sind die harmlosen Dinge, die Fury fabriziert.

Abstruser wird es, wenn er anfängt, über Gott zu reden. Er stehe mit dem Allmächtigen in einer persönlichen Beziehung, Mann zu Mann sozusagen, und sieht sich selbst als das Gute. Wenn er gegen Klitschko kämpft, dann werde das Gute gegen das Böse gewinnen: Klitschko sei nämlich ein Teufelsanbeter, sagt Fury, der Ukrainer experimentiere mit Zaubertricks und spiele mit Magie. "Das kann man auf Youtube sehen."

Einen verstörenden Einblick in seine Weltanschauung gab Fury letztens in einem Interview mit der Daily Mail. Die Welt sei dem nahenden Untergang geweiht, glaubt Fury. Was unpraktisch wäre, weil er bei einem überraschenden Sieg gegen Klitschko kaum etwas von seinem Triumph hätte.

Außerdem sagte der 27-Jährige: "Es gibt drei Dinge, die realisiert werden müssen, bevor der Teufel uns heimsucht: Wenn Homosexualität, Abtreibung und Pädophilie legalisiert werden." Mit letzterem würde es auch nicht mehr lange dauern, schließlich hätte in den sechziger Jahren auch niemand gedacht, dass Homosexualität und Abtreibung eines Tages straffrei sind, führte Fury noch aus. Und vor 120 Jahren hätte ja auch niemand geglaubt, dass mal tonnenschwere Flugzeuge durch die Luft gleiten würden.

Die freie Wahl der Sexualität und Familienplanung auf einer Stufe mit Pädophilie? Willkommen in der Welt von Tyson Fury.

Ist das alles nur Eigenvermarktung, die ins Pietätlose entglitten ist? Was allerdings nichts daran ändern würde, dass ihm seine Vorbildfunktion als öffentliche Person beschämend egal ist. "Er hat eine Menge Schrauben locker", sagte Wladimir Klitschko kürzlich dazu der Welt, "was er von sich gibt, ist einfach unerträglich." Er hoffe nun, dass der Kampf in Düsseldorf zu einer Therapiestunde für den bisher in 24 Profikämpfen ungeschlagenen Engländer werde. Denn alle Gegner, die seine Fäuste bisher gespürt hätten, seien danach "zu einer anderen Persönlichkeit geworden".

"Du hast das Charisma einer Unterhose"

Bei einer ersten Pressekonferenz inszenierte Fury eine Prügelei - er als Batman verkleidet, sein Gegenüber als Joker. Dabei rief Fury Klitschko zu: "Es ist meine Mission, das Boxen von einer langweiligen Person wie dir zu befreien. Du hast das Charisma einer Unterhose." Der Langweiler-Vorwurf ist Klitschko nicht neu, er geriert sich als Box-Gentleman. Wer seit elf Jahren ungeschlagener Weltmeister im Schwergewicht ist, braucht wohl auch keine großen Worte.

Der 39-Jährige könnte beim Kampf in Düsseldorf zum 19. Mal in Folge seinen Titel verteidigen, den 68. Profikampf gewinnen. Einen Gegner wie Fury hatte er noch nie, psychisch sowieso, aber auch physisch: Mit 2,06 Meter überragt der Engländer Klitschko um acht Zentimeter, seine Reichweite ist zudem zehn Zentimeter größer. Allerdings gilt Fury nicht gerade als überragender Puncher. Und ein Modellathlet sieht auch anders aus: Für den Kampf hat er zwar nach eigenen Angaben von 146 auf 114 Kilogramm abgespeckt. Doch neben Wladimir Klitschko wirkt er - höflich formuliert - gut genährt.

Auch dazu hat Fury seine Theorie, die immerhin nicht ganz so abgefahren ist wie der Rest seiner Gedanken. "Das Boxen hat ein großes Doping-Problem", sagte er dem BBC Radio 5, sein eigener Körper sei trotz harten Trainings wie Gelee, aber er sehe "mit einem Blick auf den nackten Oberkörper sofort, ob jemand voll mit Drogen ist". Fury sagte das generell, ohne einen Verweis auf Klitschko. Der Ukrainer steht immer wieder in der Kritik, weil er als Mitglied im Bund Deutscher Berufsboxer wenig kontrolliert wird. Getestet wird er lediglich nach Titelkämpfen, andere Athleten unterliegen je nach Boxstall unangemeldeten Trainingskontrollen. Dass allerdings ausgerechnet der Wassermelonen-Spalter Fury bei dem Thema ernst genommen wird? Unwahrscheinlich.

Die Problematik tangiere ihn nicht, sagt Fury im gleichen Interview, wer Drogen nehme, verkürze ohnehin nur sein Leben. Und dann schlägt er vor, doch gleich alle Dopingmittel zu legalisieren, das wäre fairer. Man will sich gar nicht vorstellen, welche Dinge dieser Mann unter Drogen von sich geben würde.

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