Kampf gegen den IS:Merkel: Zusätzliche Militärhilfe für Frankreich nicht ausgeschlossen

  • Die Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag beschäftigt sich mit den Folgen der Anschläge in Paris. Kanzlerin Merkel schließt ein "zusätzliches Engagement" nicht aus.
  • Linken-Fraktionschef Bartsch warnt hingegen, Terror könne man nicht mit Krieg bekämpfen.

"Wir stehen solidarisch an der Seite Frankreichs"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Frankreich im Kampf gegen den islamistischen Terror weitere, womöglich auch militärische Hilfe zugesagt. "Wenn zusätzliches Engagement notwendig ist, werden wir das nicht von vornherein ausschließen", sagte sie in der Generaldebatte zum Bundeshaushalt. In diesem Geiste werde sie auch am Abend ihr Gespräch mit dem französischen Präsidenten François Hollande führen. "Wir stehen solidarisch an der Seite Frankreichs im Kampf gegen den Terror." Der Islamische Staat (IS) sei nicht anders als militärisch zu bekämpfen, sagte die Kanzlerin.

Merkel verwies auf das deutsche Militärengagement etwa im Irak und in Afghanistan. Die Bundesregierung will zudem bis zu 650 Soldaten zur Friedenssicherung ins westafrikanische Mali entsenden. Damit soll Frankreich für den Kampf gegen den IS entlastet werden, wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bereits angekündigt hatte. "Wir Europäer werden zeigen: Unser freies Leben ist stärker als jeder Terror", sagte die Kanzlerin.

Auch zum Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei äußerte sich Merkel. Die Lage in Syrien habe sich dadurch verschärft. Sie habe aber "mit dem türkischen Ministerpräsidenten gesprochen und ihn gebeten, alles zu unternehmen, um die Lage zu deeskalieren", sagte Merkel.

Beim Thema Flüchtlinge verteidigte Merkel ihre unionsintern heftig umstrittene Politik. "Die simple Abschottung wird uns nicht das Problem lösen", sagte sie. Es gehe darum, bei den Flüchtlingsströmen Illegalität durch Legalität zu ersetzen, um Schlepperbanden das Handwerk zu legen. Daher plädiere sie für "legale Kontingente" für Flüchtlinge, die "europaweit zu vereinbaren" seien. Ziel müsse auch sein, "die Zahl der bei uns ankommenden Flüchtlinge zu reduzieren", sagte Merkel. Eine Schlüsselrolle nehme dabei die Türkei ein, der Deutschland auch finanziell helfen werde, damit Flüchtlinge zunächst dort bleiben könnten. Allerdings mache Europa derzeit in der Flüchtlingskrise keine gute Figur. "Die Erscheinung Europas ist im Augenblick verbesserungsmöglich", sagte Merkel. "Wir schaffen das. Aber es wird vieler Anstrengungen bedürfen und auch eines hohen Maßes an neuem Denken."

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warnte davor, die in Europa ankommenden, häufig muslimischen Flüchtlinge unter einen Terror-Generalverdacht zu stellen. Man dürfe Opfer nicht zu Tätern machen, sagte er. Auch Oppermann warb für eine Kontingent-Lösung und sprach sich gegen Obergrenzen aus, wie sie von der CSU und Teilen der CDU gefordert werden.

"Terror bekämpft man nicht mit Krieg"

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hatte die schwarz-rote Regierung davor heftig angegriffen. Er warnte davor, im Kampf gegen den IS vor allem auf das Militär zu setzen. "Terror bekämpft man nicht mit Krieg. Es gibt keine militärische Lösung für den Kampf gegen den Terror", sagte Bartsch zum Auftakt der Debatte im Bundestag. "Die Feinde der offenen Gesellschaft kann man nur erfolgreich mit mehr Offenheit bekämpfen."

Er plädierte nach den Anschlägen von Paris für Solidarität mit Frankreich. "Ja, Solidarität. Aber keine Tornados, das ist nicht der Weg." Stattdessen forderte er ein striktes Waffenembargo gegen "Unterstützerstaaten" des IS. Bartsch nannte dabei unter anderem Saudi-Arabien und Katar. Auch die Einnahmequellen der Terrormiliz wie der Ölhandel müssten dringend geschlossen werden.

Heftige Kritik an CSU-Chef Seehofer

Bartsch kritisierte die CSU für ihr Auftreten in der Flüchtlingsdebatte. Mit Blick auf die Angriffe von CSU-Chef Horst Seehofer gegen Merkel sagte Bartsch, in der Union sei "jeder bürgerliche Anstand verloren gegangen". Es müsse Schluss sein mit den "verbalen Entgleisungen" von Seehofer und Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU). Auch Grünen-Fraktionschef Hofreiter grifft den CSU-Chef an: "Da stellt sich ein Ministerpräsident von der CSU hin und maßregelt die Bundeskanzlerin auf offener Bühne, als wenn sie ein Schulmädchen wäre - und dann hat er noch nicht einmal die Größe, sich bei ihr zu entschuldigen", sagte er.

Hofreiter rief die Regierung in der Flüchtlingskrise zum Handeln auf: Die Probleme sind wirklich zu groß, dass wir uns eine zerstrittene Regierung leisten können", sagte er. Merkel lobte er dafür, dass sie dem "Sperrfeuer" aus den eigenen Reihen bislang standgehalten habe und für eine Willkommenskultur stehe. Sollte jedoch die geplante Reform der Asyl-Gesetze realisiert werden, zeige Deutschland kein freundliches Gesicht mehr, sondern eine "hässliche Fratze".

Bei der Terror-Bekämpfung mahnte Hofreiter zu einer besonnenen Reaktion auf die Anschläge von Paris. "Wir müssen besonnen, durchdacht und mit kühlem Kopf handeln - statt hysterisch und reflexhaft." Eine bessere Ausstattung der Polizei sei richtig. Überflüssig seien jedoch ein Bundeswehr-Einsatz im Inneren und eine Totalüberwachung durch die Geheimdienste. Die Bilanz im weltweiten Anti-Terror-Kampf sei ernüchternd und zeige die Begrenztheit militärischer Mittel, stellte Hofreiter fest. Al-Qaida sei zwar geschwächt, Terrororganisationen wie der Islamische Staat in Syrien oder Boko Haram in Nigeria hingegen deutlich gestärkt.

Die Debatte über den Etat des Kanzleramts ist traditionell die Gelegenheit für die Opposition zur Generalabrechnung mit der Bundesregierung. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will trotz steigender Flüchtlingszahlen 2016 ohne neue Schulden und ohne Steuererhöhungen auskommen. Acht Milliarden Euro sollen für die Aufnahme von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden. Das Nein zu höheren Steuern war im Wahlkampf 2013 ein Versprechen der Union.

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