Wohnungsmarkt:Hausbesitzer wehren sich gegen Mietspiegel

Wohnungssuche in München

Im Mietspiegel lässt sich nachlesen, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete ist. Und dieser Wert begrenzt, was ein Vermieter verlangen darf.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Stadt soll offenlegen, wie sie das Zahlenwerk erarbeitet hat - notfalls per Gerichtsbeschluss. Auch dass es ganz gekippt wird, schließt die Eigentümer-Lobby nicht aus. Das hätte Folgen gerade für ärmere Mieter.

Von Dominik Hutter

Der Haus- und Grundbesitzerverein meldet große Zweifel am Münchner Mietspiegel an und will das Zahlenwerk notfalls vor Gericht auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen lassen. Nach Einschätzung des Vereinsvorsitzenden Rudolf Stürzer ist bei vielen Daten nicht nachvollziehbar dokumentiert, wie sie ermittelt wurden. "Ich habe ein ungutes Gefühl", sagt der Rechtsanwalt. Das städtische Sozialreferat müsse nun detailliert offenlegen, auf welchen Grundlagen der Mietspiegel beruht. Nur dann lasse sich überprüfen, ob die Zahlen plausibel und repräsentativ sind. Verweigert die Stadt diese Informationen, will Stürzer die Verwaltungsgerichte einschalten.

Zwar beteuert Stürzer, es gehe ihm nicht in erster Linie darum, den Mietspiegel zu kippen - "es sei denn, er hat es verdient". Mieterschützer warnen aber vor negativen Folgen für Mieter, sollte das Zahlenwerk nach einem negativen Attest das Siegel "qualifiziert" verlieren. Dann nämlich würde der Mietspiegel seinen Charakter als objektive Darstellung des Münchner Mietniveaus einbüßen, die auch vor Gericht verwendbar ist. In der Folge müssten bei Streitigkeiten über Mieterhöhungen teure Gutachter beauftragt werden, die die ortsübliche Vergleichsmiete ermitteln.

Ein solches Risiko könnten vor allem Einkommensschwache nicht tragen, befürchtet Mietervereins-Chefin Beatrix Zurek. Sie müssten eine Erhöhung wohl ungeprüft akzeptieren. Den Zusatz "qualifiziert" enthält ein Mietspiegel, wenn dies der Stadtrat beschließt und wenn er besonders strenge Kriterien einhält. Ein einfacher Mietspiegel dient hingegen nur als Orientierungshilfe.

Warum sich der Verein zu diesem Schritt entschlossen haben

Hintergrund des Vorstoßes der Hauseigentümer ist, dass die Bedeutung des Mietspiegels enorm gestiegen ist. Früher diente das Zahlenwerk nur als Kriterium bei der Verteuerung bestehender Mietverträge; seit die Mietbremse eingeführt wurde, wird es auch bei Neuvermietungen relevant. Maximal zehn Prozent über dem Mietspiegel-Niveau darf der Preis beim Einzug in eine neue Wohnung liegen.

Der Haus- und Grundbesitzerverein geht parallel auch gegen die Mietpreisbremse vor - weil der Freistaat seiner Ansicht nach nicht ausreichend begründet hat, warum sie unbedingt erforderlich ist. Ein solcher Eingriff ins Eigentumsrecht bedürfe aber einer detaillierten Rechtfertigung. Stürzer kündigt auch bei der Mietpreisbremse gerichtliche Schritte an.

Welche Ungereimtheiten der Verein beim Mietspiegel sieht

Beim Mietspiegel sieht der Haus- und Grundbesitzerverein zahlreiche Ungereimtheiten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum von 25 626 nach dem Zufallsprinzip geführten Interviews 21 398 als "nicht mietspiegelrelevant" aussortiert wurden, sagt Stürzer. Das erwecke Misstrauen.

Zudem gebe es obskure mietmindernde Kriterien wie etwa eine zum Mehrfamilienhaus gehörige größere Grünfläche. Wenn der Wert der Wohnung durch einen Balkon steige, spiele das aber keine Rolle, klagt der Vereinschef.

Das Sozialreferat prüft seinen Vorstoß noch und will deshalb keine Auskunft geben. Für Mietervereins-Chefin Zurek ist das Ganze schlicht "ärgerlich" und "absolut überflüssig". Das abgebildete Mietniveau sei keineswegs künstlich niedrig gehalten. Und bei den mietmindernden Grünflächen gehe es nicht um die Grünfläche an sich. Das Kriterium diene nur als Symbol für einen bestimmten Haustyp: typische Wohnungsriegel aus den Sechzigerjahren.

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