Volkswagen im Abgas-Skandal:Betriebsrat drängt VW-Vorstände, auf Boni zu verzichten

Bernd Osterloh

VW-Betriebsratchef Bernd Osterloh (Archivbild)

(Foto: dpa)
  • VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh fordert die Vorstände des Konzerns auf, freiwillig auf ihre Boni zu verzichten.
  • Er diagnostiziert nach dem Skandal um manipulierte Abgaswerte eine "deutliche Kaufzurückhaltung" vieler Kunden.

Von Angelika Slavik, Wolfsburg

Das Schloss Wolfsburg hat eine bewegte Geschichte. Im Mittelalter eine Wasserburg, wurde es später in ein repräsentatives Renaissanceschloss umgewandelt. Das Bauwerk, das daraus entstand, sei deshalb ebenso eindrucksvoll wie wehrhaft, so kann man es sinngemäß heute nachlesen. Eindrucksvoll und wehrhaft - das beschreibt auch den Mann ganz gut, der an diesem Freitag die Journalisten hierher gebeten hat: Bernd Osterloh, 59, machtbewusster Betriebsratschef von Volkswagen.

Das Ansehen von VW hat durch die Affäre um manipulierte Abgaswerte gelitten, zudem dürften die Konsequenzen aus der Schummelei für den Autohersteller teuer werden. Da wäre es doch einmal Zeit für "ein Zeichen", wie Osterloh sagt. Was das für ein Zeichen sein soll? "Ich fordere von den Vorständen, freiwillig auf ihre Boni zu verzichten." Die Konzernspitze rund um den neuen VW-Vorstandschef Matthias Müller soll sich also mit ihrem Grundgehalt zufrieden geben. Immerhin wäre das auch ein Signal an die Belegschaft, die in nächster Zeit auch ohne die - traditionell immer sehr üppigen - Sonderzahlungen wird auskommen müssen.

Es werde viel über das Vertrauen geredet, das Volkswagen verloren habe. "Da könnte man sich doch auch um das Vertrauen der Mitarbeiter kümmern." Ein Gehaltsverzicht als vertrauensbildende Maßnahme? Osterloh gibt sich kantig und selbstbewusst, wie immer. Denn erstens: "Man stirbt nicht gleich daran, wenn man mal auf eine halbe Million Euro Gehalt verzichtet", findet er. Und zweitens gebe es im kommenden Jahr wieder Tarifgespräche. Sollten sich die Vorstände also nicht zu einem Verzicht auf ihre Sonderzahlungen durchringen können, könnten sie mit einer entsprechend harten Haltung der Arbeitnehmervertreter rechnen. "Da braucht dann keiner mit dem Argument zu kommen, wir sollten uns wegen der Krise in Zurückhaltung üben", sagt Osterloh. Das klingt wie eine Drohung - und ist wohl auch so gemeint.

Volkswagen wird tatsächlich alle Einsparmöglichkeiten in Betracht ziehen müssen, denn die Abgas-Affäre wirkt sich nun mit einigen Wochen Verzögerung doch auf die Absatzzahlen des Unternehmens aus. Kurz nachdem die Manipulationen der Stickoxidwerte (NOx) bekannt geworden waren, hieß es zunächst, die Nachfrage der Kunden nach den Autos aus dem Konzern sei dennoch konstant geblieben. Nun aber spüre man eine "deutliche Kaufzurückhaltung", sagt Osterloh, der auch Aufsichtsratsmitglied bei VW ist. Die Größenordnung der Rückgänge nennt er nicht. Allerdings halte er die Unsicherheit über den Ausstoß von CO₂ und den Verbrauch für die Hauptursache dieser Entwicklung. Die erhöhte Stickoxid-Emission sei von vielen Kunden als US-amerikanisches Thema wahrgenommen worden. Erst als sich die Affäre auf die CO₂-Werte ausweitete, habe sich das auf das Kaufverhalten der Kunden ausgewirkt. Noch seien diese Käufer aber nicht verloren: "Die warten jetzt einfach mal ein paar Wochen ab und hoffen, dass es dann Klarheit über den Verbrauch gibt."

Die Diesel-Affäre hat aber nicht nur Volkswagens Absatzzahlen beeinflusst. Auch Osterloh selbst musste seine Karrierepläne ändern: Er war als künftiger Personalvorstand gehandelt worden, Osterloh bestätigte seine Ambitionen auf diesen Job. Mitten in der größten Krise der Unternehmensgeschichte den Posten als Betriebsratschef aufzugeben, sei aber keine Option gewesen: Das hätte ihm die Belegschaft nie verziehen, sagt Osterloh. Bei der Aufsichtsratssitzung Anfang Dezember soll die Nachfolge für den scheidenden Vorstand Horst Neumann geregelt werden, der Ende dieses Monats in den Ruhestand geht.

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