FC Augsburg - VfL Wolfsburg (17.30 Uhr):Endlich wieder Außenseiter

Fußball: Europa League, FC Augsburg - Athletic Bilbao

Fluch des Erfolgs des letzten Jahres: Raul Bobadilla und der FC Augsburg haben diese Saison häufiger den Ball, wissen aber damit wenig anzufangen.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Gegen den VW-Klub darf der FCA hoffen, erstmals in dieser Saison daheim nicht das Spiel machen zu müssen. Der Stilbruch wäre so etwas wie eine Rückkehr zum Erfolgsrezept der Vorsaison.

Von Maik Rosner , Augsburg

Ragnar Klavan strahlte eine stoische Ruhe aus, was schon deshalb bemerkenswert war, weil er ja über die nächste Aufgabe gegen einen Teilnehmer aus dem Europapokal sprach. Erst am Donnerstagabend hatte der Este einen betrüblichen Abend auf der großen Bühne erlebt, bei der spät besiegelten 2:3-Niederlage gegen Athletic Bilbao. Nun ging es um die Begegnung in der Bundesliga mit dem VfL Wolfsburg, der im Nebenjob nicht in der Europa League, sondern sogar eine Etage höher in der Champions League vertreten ist.

Doch Klavan hat in seinen wenigen Worten über den Gegner an diesem Sonntagnachmittag so viel Zuversicht zum Ausdruck gebracht, dass man sich auf den ersten Blick eigentlich nur wundern konnte nach der bitteren Erfahrung gegen Bilbao. Der erfahrene Innenverteidiger sagte, als er über die Tabelle sowie die erhoffte und zuletzt bereits eingeleitete Klettertour des FC Augsburg sprach: "18, 17, dann kommt 16, dann 15." Bis wohin es in der Liga gehen könne, wurde Klavan gefragt. "Bis drei vielleicht. Ich habe volles Vertrauen in diese Mannschaft", antwortete der 30-Jährige. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: "Nein, Spaß."

Große Probleme mit defensiv ausgerichteten Teams

Derartige Scherze muss man erst einmal hinbekommen, nach den vielen bitteren Niederlagen in dieser Saison. Bezeichnend war, dass auch gegen Bilbao zahlreiche Abwehrfehler den Ausschlag gaben. Dennoch war es vielleicht kein Zufall, dass Klavan ausgerechnet die aktuelle Tabellenposition des aktuellen Gegners als Grund für seinen bewusst übertriebenen Optimismus nannte. Mutmaßlich hat seine Zuversicht sogar viel mit dem Tabellendritten Wolfsburg zu tun, von dem ja nicht nur Klavan annimmt, dass sich dieser als guter Gast erweisen könnte. Ein guter Gast deshalb, weil die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking eine andere Strategie verfolgen dürfte als so viele andere zuvor in Augsburg, Bilbao inklusive. Genau genommen sogar als erste Mannschaft in dieser Saison.

Hertha BSC, Ingolstadt, Hannover, Hoffenheim, Darmstadt, Mainz und Bremen sind in dieser Spielzeit in der Liga bereits vorstellig geworden beim FCA. Ihnen allen gemein war, dass sie mit einigem Respekt angereist sind, entsprechend defensiv agiert haben und in fünf von sieben Fällen für ihre Zurückhaltung mit der vollen Punktzahl belohnt worden sind. Nur gegen Hannover (2:0) und Mainz (3:3) setzte es keine Heimniederlage für die Augsburger, die damit schon einmal häufiger in der eigenen Arena verloren haben als in der gesamten Vorsaison.

"Wir haben Probleme zu Hause, unser Spiel zu machen", hat Trainer Markus Weinzierl nun wieder zugegeben, "die Gegner überlassen uns mittlerweile den Ball, damit haben wir Probleme." In seiner Bestandsaufnahme schwang aber durchaus ein bisschen Stolz mit. Denn die Schwierigkeiten, die der Respekt der gastierenden Konkurrenten mit sich bringt, fußt auch auf deren Erfahrungen aus der zurückliegenden Spielzeit. "Das haben wir uns im letzten Jahr erarbeitet", sagte Weinzierl. Als Tabellenfünfter schloss der FCA die Vorsaison ab, garniert von der erstmaligen Teilnahme am Europapokal.

Augsburg tappt in dieser Saison in jene Fallen, die sie in der Vorsaison selbst gestellt hatten

Möglich geworden war dieser fast schon sensationelle Ertrag auch, weil die Augsburger ihren Umschaltstil beibehalten konnten. Mittlerweile werden sie jedoch vor allem in Heimspielen häufig nicht mehr als kleine Überraschungself wahrgenommen, sondern als Favorit aus dem Mittelbau der Liga. Mit dem steigenden Ansehen schwanden allerdings auch die Räume für ihre überfallartigen Angriffe. Statt schnell umzuschalten, mussten die Augsburger zuletzt stets anlaufen gegen dicht arrangierte Abwehrreihen. Sie mussten versuchen, trotz der Enge durchzukommen. Häufig blieb es beim Versuch, und sie tappten in jene Falle, die sie bisher den Gegnern gestellt hatten. Viele Gegentore nach Kontern beklagen die Augsburger in dieser Saison.

Nun sind sie endlich mal wieder Außenseiter gegen die Wolfsburger, die allein schon wegen ihrer Qualität nicht im Verdacht stehen, einen auf Darmstadt machen zu wollen und wohl auch nicht zu können. "Wir sind nicht der Favorit, aber wir werden versuchen, in der Außenseiterrolle zu überraschen", hat Weinzierl gesagt.

Der 4:0-Sieg in Stuttgart nährt den Optimismus

Er hat dabei auch auf die Erfahrungen des jüngsten 4:0-Auswärtssieges beim VfB Stuttgart verwiesen, der unter dem inzwischen beurlaubten Trainer Alexander Zorniger mutig spielte wie ein Champions-League-Teilnehmer, aber den drittletzten Tabellenplatz belegt, nur einen Rang vor dem Siebzehnten FCA. Wie gegen die zu forschen Stuttgarter sollen nun auch gegen die gerne forschen Wolfsburger jene Mittel greifen, die Außenseiter anwenden. Ganz so also, wie Augsburg in der Vorsaison noch spielen durfte. "Defensive stabil halten, Gegner vom Tor weghalten und im Konter gefährlich sein, dazu Nadelstiche setzen mit Standards", zählte Weinzierl auf und empfahl, die Aufgabe "mit dem richtigen Risiko" anzugehen - "und das sehr konsequent, dann wird's erfolgreich". Dass der Trainer befand, er fürchte, Wolfsburg habe eine ähnlich hohe Qualität wie Bilbao, könne im Gegensatz zu Augsburg diese Qualität "immer wieder austauschen und eins zu eins ersetzen" und halte deshalb "andere Gefahren für uns" bereit als die bisherigen Heimspielgegner, klang allerdings nicht nach übergroßem Optimismus.

Ragnar Klavan saß daneben und ließ sich in seiner stoischen Ruhe nicht beirren. Wie man Wolfsburg knacke? Der Este grinste und sagte: "Das zeigen wir am Sonntag." Was er nicht sagte: Das "Knacken" ist in diesem Heimspiel erstmals in dieser Saison die Aufgabe der Gäste.

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