Ganz füllen kann Deep Purple die Olympiahalle nicht mehr. Trotzdem ist das Konzert ein Ereignis, kulminierend im Zugabenteil: "Hush" entstammt der Zeit der ersten Besetzung, als von Welthits noch keine Rede war. Mit welcher Lust nun die vier Instrumentalisten den alten Song zelebrieren, bekannte Riffs ( Spencer Davis Group, Led Zeppelin) einstreuen, einander bei ihren Soli bewundern, unterstützen, übertrumpfen und nach einem sympathischen Einzelbeitrag von Bassist Roger Glover zu "Black Night" überleiten, zeigt die Kernbotschaft dieser Band, die gegen Abnutzung immun ist: derben Hardrock als feingliedrige Kammermusik zu bieten.
Das gilt für die heutige Besetzung mit Gitarrist Steve Morse und Organist Don Airey genauso, wie es früher für Ritchie Blackmore und Jon Lord galt. Das gilt sowieso für Ian Paice, der bei "The Mule" (schon immer Trägermedium fürs Schlagzeugsolo) umherwirbelt. So furios ging es davor nicht einmal bei den wunderbaren Rival Sons zu, die mit ihrem hymnisch-bluesigen Vorbandauftritt demonstrierten, wie Old-School-Rock von jüngeren Herren präsentiert klingt.
Es ist Deep-Purple-Sänger Ian Gillan nicht vorzuwerfen, dass er die ungebrochene Qualität seiner Instrumentalkollegen nicht ebenso abrufen kann. Der Gute ist in den Siebzigern angekommen, da schreit man nicht mehr so einfach einen markerschütternden "Highway Star" heraus. Neuere Kompositionen nehmen darauf Rücksicht. Und bei manchen Spitzentönen springt ihm Steve Morse mit so schön singender Gitarre zur Seite, dass man kaum weiß, wer oben tönt und wer darunter terzelt. Kurz durchzuckt einen der Gedanke, mit welchem Genuss Ritchie Blackmore seinen Intimfeind Gillan hier wohl versauern ließe. Blackmore aber hat längst ausgepurpelt und reaktiviert 2016 seine Band Rainbow. Deep Purple aber kommt bald wieder nach München: am 19. Juli 2016 auf Tollwood. Da gehen wir hin.