Betrug im Sport:Dan Tan in Freiheit

Tan Seet Eng

Geschorener Kopf, eingefallene Wangen: Tan Set Eng - meist Dan Tan genannt - beim Weg aus dem Gericht nach mehr als zwei Jahren Haft.

(Foto: Ernest Chua/AP)

Ein Gericht in Singapur entscheidet nach mehr als zwei Jahren Haft: Der mutmaßliche Wettpate stellt keine Gefahr für die Sicherheit des Stadtstaates dar.

Von Arne Perras, Singapur

Er verließ das Gericht schweigend und ohne sichtbare Regung. Mehr als zwei Jahre hatte Tan Set Eng - meist Dan Tan genannt - hinter Gittern verbracht, in dieser Woche kam er frei. Sein Anwalt versicherte, Dan Tan wolle jetzt nur noch ein ruhiges Leben führen. Ob das glückt, darf aber bezweifelt werden. Kaum war der 51-Jährige ins Taxi gestiegen, hob die Aufregung über seine Freilassung an. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das schon das Ende der Geschichte ist", sagt der Rechtsprofessor Eugene Tan von der Singapore Management University, der mit dem Verdächtigen den Nachnamen teilt, aber nicht mit ihm verwandt ist.

Dan Tan steht im Verdacht, ein kriminelles Netzwerk zu führen, das Interpol 2013 als das "weltweit größte und aggressivste Wettbetrüger-Syndikat" einstufte. Der damalige Interpol-Generalsekretär Ronald Noble war zu jener Zeit voll des Lobes für Singapur, weil der Stadtstaat neben Dan Tan noch 13 weitere Verdächtige festnahm. Nun ist Noble geschockt. Per Twitter kritisierte er Dan Tans Freilassung.

Warum der mutmaßliche Drahtzieher auf freiem Fuß ist - darüber rätseln viele. Sein Fall ist aber kompliziert. Als die Behörden Dan Tan festsetzten, taten sie dies auf der Grundlage eines Gesetzes aus der Kolonialzeit. Dieses war 1955 geschaffen worden, um gegen Drogenhändler und Gangsterbanden vorzugehen. Ein drakonisches Werkzeug, das es dem Staat bis heute ermöglicht, Menschen ohne Prozess festzuhalten, so lange sie als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten. Nun entschied das Gericht: Dan Tan stellt für Singapur keine solche Gefahr dar. Die Manipulationen hätten in anderen Ländern stattgefunden. Und es sei nicht erkennbar, dass sie den Frieden und/oder die Ordnung in dem kleinen Land bedrohten.

Warum die Ankläger sich auf das Gesetz aus der Kolonialzeit kaprizierten, ist unklar. "Es gibt bei entsprechenden Beweisen auch andere Möglichkeiten", sagt der Jurist Eugene Tan. Etwa ein Gesetz zur Verhinderung von Korruption. Sollte eine solche Anklage nun folgen, wäre das unbequem für Dan Tan, würde aber auch die unbequeme Frage an Singapur provozieren: Warum wurde es nicht gleich so gemacht? Möglich, dass der mutmaßliche Oberzocker nun die Gelegenheit zum Abtauchen nutzt. Andererseits kann es sich Singapur kaum leisten, als Rückzugsraum für Wettbetrüger zu gelten. Das würde den Plänen schaden, sich mit Formel-1-Gastspielen, gut besetzten Tennisturnieren und mehr als "Sports Hub" zu etablieren.

In Ungarn ist Dan Tan wegen mutmaß- licher Spielmanipulationen bereits in Abwesenheit angeklagt worden. Ganz besonders für ihn interessieren sich die Italiener, weil er dort Spiele der Serie A und B verschoben haben soll. Mit beiden Ländern hat Singapur aber kein Auslieferungsabkommen, was die juristische Aufarbeitung des Skandals weiter verzögern dürfte.

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