Krieg in Syrien:Die falschen Verbündeten

Krieg in Syrien: Syriens Machthaber Assad war erst im Oktober zu Besuch in Moskau.

Syriens Machthaber Assad war erst im Oktober zu Besuch in Moskau.

(Foto: AFP)

Soll sich der Westen mit der syrischen Armee gegen den IS verbünden - mit jener Armee, die Fassbomben auf Zivilisten wirft? Das wäre nicht nur moralisch absurd.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Einen ersten Testballon ließ am Freitag Frankreichs Außenminister Laurent Fabius steigen, dessen Chef François Hollande sich nach den Anschlägen von Paris daranmacht, die größtmögliche Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu schmieden. Bodentruppen in Syrien - unstrittig die Voraussetzung, um das Kalifat wirksam zu bekämpfen - können "nicht unsere sein, aber syrische Soldaten der Freien Syrischen Armee, sunnitische arabische Staaten und, warum nicht, Truppen des Regimes", sagte er.

Gleich anschließend ließ er seine Hintersassen klarstellen, dass eine Zusammenarbeit selbstredend nur im Zuge eines politischen Übergangs denkbar sei, also wenn eine Einheitsregierung gebildet ist und der Gewaltherrscher Baschar al-Assad nicht mehr die Armee kontrolliert - er mithin entmachtet ist. Wenig originell tat es ihm am Montag nun Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gleich, die einen Syrien-Einsatz der Bundeswehr zu planen hat, der Deutschland so wenig wie irgend möglich militärisch in Syrien involvieren soll.

Von Fabius bis von der Leyen klingt die politische Ratlosigkeit durch

Solche Äußerungen sind zuvorderst der Notwendigkeit geschuldet, sich mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu arrangieren. Der hat seine Soldaten zwar in erster Linie nach Syrien geschickt, um Assad und dessen Regime zu retten, weniger um den IS zu bekämpfen. Gegen seinen Willen aber geht militärisch dort nichts mehr; auch das war ein Motiv Putins für die Intervention. Frankreich kann nicht vom Mittelmeer gegen den IS fliegen, wenn der Kreml Nein sagt und die deutschen Tornados keine Aufklärungsbilder über Syrien knipsen.

Hollande ist zwar wild entschlossen, etwas gegen den IS zu tun, und Kanzlerin Merkel kann und will sich dem nicht entziehen. Doch von Fabius bis von der Leyen klingt die politische Ratlosigkeit durch, wie die beiden maßgeblichen Ziele erreicht werden können: die Zerstörung des IS und ein Verhandlungsfrieden in Syrien, an dessen Ende Assads Herrschaft Geschichte ist. Sie alle setzen stark auf Fortschritte bei den Wiener Syrien-Gesprächen, wollen die Russen dort in die Pflicht nehmen. Ob diese Rechnung aufgeht, ist jedoch fraglich.

Die lachenden Dritten

Putin hat zwar ebenso wenig eine schlüssige Strategie, den Krieg zu beenden, doch sucht er den taktischen Vorteil. Russland verlegt gerade Kampfjets und Spezialeinheiten nach Syrien. Zudem sind Kernelemente des Übergangs reichlich wolkig: Niemand kann sagen, wie in Syrien in 18 Monaten Wahlen stattfinden sollen; wie man den Assad-Clan kaltstellen, Alawiten-Seilschaften kappen und zugleich die staatlichen Institutionen, namentlich den Sicherheitsapparat erhalten kann - was ja die Voraussetzung für Kooperation mit der Armee wäre.

Töricht und gefährlich sind solche Ankündigungen wegen ihrer Wirkung in Syrien: Alle Rebellen wollen zuallererst Assad stürzen. Gerade die moderaten Gruppen wie die Freie Syrische Armee müssen nun befürchten, dass sich der Westen abwendet und lieber gemeinsame Sache macht mit Schlächtern, die mit Fassbomben und Hungerblockaden von ihnen kontrollierte zivile Gebiete terrorisieren und in Schutt legen, mit einer Armee und Milizen, die für mehr als 180 000 der 250 000 Toten verantwortlich sind und für den Großteil der Millionen Flüchtlinge.

Abgesehen davon, ob das wirklich Partner des Westens werden können - welches Interesse sollen die Rebellen noch haben, an der Seite jener, die ja keine eigenen Truppen schicken wollen, gegen den IS zu kämpfen?

Die lachenden Dritten: Der Kalif und andere Dschihadisten, denen die Moderaten so in die Arme getrieben werden. Assad und Putin und mit ihnen die Iraner, die alle Regimegegner als Terroristen verteufeln. Man kann ihnen keinen größeren Gefallen tun, als einen binären Endkampf zwischen Regime und IS zuzulassen. Das sollten sowohl Fabius als auch von der Leyen wissen.

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