ARD-Krimi aus Wien:Wenn Liebe rostet

Tatort: Sternschnuppe; Tatort "Sternschnuppe" aus Wien, Susi Stach, links, und Sabrina Rupp

Ex-Castingshowgewinnerin Vera Sailer (Sabrina Rupp, Mitte) zeigt den Kommissaren, wie schlecht es ihr nach der Karriere im Rampenlicht ging.

(Foto: ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg)

Die Ermittler untersuchen diesmal den Tod eines Casting-Show-Jurors. Dabei sehen wir den Wiener Tatort vermünstern.

TV-Kritik von Holger Gertz

Gerade in Bezug auf Wien geben viele Autoren dem Verlangen nach, dauernd neue Synonyme zu finden. Donaumetropole, Walzerkapitale, Praterstadt - es ist ein Elend, dabei weiß doch seit Johann Schrammel jeder, dass Wien Wien ist. Auch im Tatort war Wien sehr lange Wien, ein Qualitätsgarant, seit Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) gemeinsam ermitteln.

Die Regisseure und Autoren holten das Elend der Welt nach Österreich: Schlepper, Drogenbosse, schwer organisierte Verbrecher. Sie machten Wien dadurch noch ein bisschen düsterer und größer, als es ist. Und sie verpassten den überlebensgroßen Geschichten einen Twist, denn die wunderbaren Ermittler schlugen mit ihren Dialogen und ihrem Füreinander-da-Sein immer eine Schneise in die kalte Welt.

Der Wiener Tatort entfernt sich kichernd von seinen Wurzeln

Diese Episode von Michi Riebl (Buch: Uli Brée) heißt "Sternschnuppe", und der Titel steht programmatisch über der Entwicklung des Wiener Tatorts: Grad sinkt etwas ab und löst sich auf. Es geht darum, dass Udo Hausberger, ein besonders ätzender Juror einer Casting-Show, stranguliert und tot gefunden wird. Bald stellt sich heraus, dass er einen Zettel mit einem Liedtext in der Luftröhre hatte.

Womöglich ist das eine innere Freude für Menschen, die dem real existierenden Dieter Bohlen ein ähnliches Schicksal wünschen. Wobei, verglichen mit Hausberger sei "der Bohlen a Ministrant", sagen sie im Tatort, und damit haben sie schon ein Problem identifiziert. Sämtliche Menschen in der Casting-Show-Szene sind schwer überzeichnet, zu viel Getriebenheit und Ruchlosigkeit. Immerhin reicht es für einen Gruß an die Konkurrenz: "Sorry, wir sind hier beim Privatfernsehen und nicht bei der Caritas."

Textlich hat das Stück seine Qualitäten, aber auch die federn das wesentliche Ärgernis nicht ab. Bibi und Moritz sind inzwischen dressiert worden zu Schmusekommissaren. Sie machen sich Gedanken über ihr eingerostetes Sexleben und balzen sich dabei vor allem schwer an, auf die operettenhafte Tour, und am Anfang praktisch durchgehend. Kein gutes Zeichen. Für die Tatort-Kenner mit Hang zu Vergleich und Synonym: Wien wird Münster.

ARD, Sonntag 20.15 Uhr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: