US-Vorwahl:George W. Bush: "Die lauteste Person ist nicht die stärkste"

Erstmals macht der Ex-Präsident Wahlkampf für seinen Bruder. Er lobt Jeb, doch vor allem warnt er die US-Wähler vor Donald Trump.

Von Matthias Kolb, Washington

Er spricht den Namen des Widersachers nie aus, doch alle Zuschauer wissen, wen George W. Bush meint. "Ich verstehe, dass die Amerikaner wütend und frustriert sind, aber wir brauchen niemanden im Oval Office, der diesen Frust spiegelt und anheizt", ruft der Ex-Präsident in Charleston.

Sieben Jahre nach dem Ende seiner Amtszeit macht Bush wieder Wahlkampf: In South Carolina lobt der Republikaner seinen "kleinen großen Bruder" Jeb, doch vor allem zeichnet er einen Gegensatz zu Donald Trump. Es ist der Kampf der Bush-Familie, die zwei US-Präsidenten stellte und jahrzehntelang die Partei der Republikaner prägte, gegen den rebellischen Emporkömmling, der in fast allen Umfragen führt.

Den 3000 Zuhörern ruft der 69-Jährige zu, dass die "lauteste Person nicht immer die stärkste" sei. Ein US-Präsident müsse "umsichtig und angemessen auf der Weltbühne" agieren - diese Adjektive verbindet kaum jemand mit dem Immobilien-Milliardär. Stärke komme nicht von "leerer Rhetorik", sondern benötige Charisma und Integrität. Ausdrücklich lobt George W. Bush Gouverneurin Nikki Haley, die dafür sorgte, dass nach der Schießerei in einer Kirche in Charleston die Südstaatenflagge vom Gelände des Parlaments entfernt wurde.

Das tut Bush nicht nur, weil die Republikanerin in South Carolina, wo am Samstag die nächste Vorwahl stattfindet, sehr beliebt ist. Nein, er wendet sich damit gegen den für Trump typischen rassistischen Unterton und er betont an Haleys Beispiel, dass die USA offen bleiben müssten: "Gott sei Dank hat unser Land ihre Eltern willkommen geheißen, als sie 1969 aus Indien auswanderten."

Anders als der steife Jeb genießt es George, auf der Bühne zu stehen. Er spricht über sein neues Hobby ("die Unterschrift auf den Ölgemälden ist mehr wert als die Bilder") und die zwei Bücher, die er verfasst hat ("viele an der Ostküste dachten, ich könne weder lesen noch schreiben"). Aber er sei es ja gewohnt, "misunderestimated" zu werden, witzelt der 43. US-Präsident in Anspielung auf seinen Kampf mit Fremdwörtern.

Es sagt viel aus über Jebs problembeladene Kandidatur, dass er den berühmten Bruder braucht, um in die Schlagzeilen zu kommen. Der Ex-Präsident ist unter Konservativen weiter populär: In South Carolina, wo viele Militärangehörige leben, sehen ihn 84 Prozent der Republikaner positiv. Und wie die New York Times spöttisch bemerkt, steht Jeb schon seit Monaten im Schatten seines Bruders, "von dem nie erwartet wurde, Präsident zu werden, aber der es geschafft hat".

Jeb besitze das "nötige Rückgrat" für das Präsidentenamt

In seiner 25-Minuten-Rede kommt George W. Bush immer wieder darauf zurück, was einen guten US-Präsidenten ausmache. "Ich stehe heute hier, weil mir Jeb wichtig ist und weil mir unser Land wichtig ist", sagt er. Es sei positiv, wenn jemand Regierungserfahrung besitze (Jeb war Gouverneur in Florida), bevor er ins Weiße Haus komme. Es brauche das "nötige Rückgrat", um notfalls harte Entscheidungen zu treffen. Die Welt, so Bushs Überzeugung, gerate "ins Chaos, wenn Amerika nicht anführt".

Zwei Tage, nachdem der in South Carolina in Umfragen führende Trump in einer krawalligen TV-Debatte ihn für die Terror-Attacken von 9/11 verantwortlich gemacht hatte, spricht Bush über diesen Dienstag im September 2001. Er habe von den Anschlägen erfahren, während er in Florida einem Grundschulkind zuhörte, das aus einem Buch vorlas. "Den ganzen Tag habe ich an dieses Kind gedacht. Ich wollte es beschützen und das Land, in dem es lebt", sagt Bush.

Indirekt spricht George W. Bush Trump die Fähigkeit ab, in Krisensituation richtig zu reagieren. Anders als der Anti-Establishment-Kandidat, der dauernd seine Umfragewerte zitiert, könne man sich als Präsident nicht nach Meinungsforschern richten. Und auch diese Bemerkung über die bei Republikanern wichtige Religiösität ist ein klarer Seitenhieb: Jeb sei "ein bescheidener Mann, dessen tiefer Glaube sich durch gute Werke und nicht durch laute Worte zeige".

Wie es sich für einen Altpräsidenten gehört, kritisiert George W. Bush die Kandidaten der Demokraten nicht. Er ruft seinem Publikum nur zu: "Wir müssen gewinnen, sonst haben alle Anstrengungen keinen Zweck."

Jeb: Trump klingt für mich wie Michael Moore

Nach dem umjubelten Auftritt seines Bruders hält der sechs Jahre jüngere Jeb eine kämpferische Rede. Wie bei anderen Auftritten verspricht er, das US-Militär zu stärken, den Islamischen Staat zu besiegen und die polarisierte US-Gesellschaft zu vereinen. Auch Jeb Bush spricht nur vom "führenden Kandidaten", doch jeder weiß, dass Trump gemeint ist, wenn er über die letzte TV-Debatte sagt: "Wenn ich die Augen geschlossen hätte, dann hätte ich gedacht, dass Michael Moore auf der Bühne steht."

Der Vergleich mit dem linken Dokumentarfilmer (mehr über Moores neuen Film "Where to invade next") passt, denn bisher hat noch nie ein Republikaner inmitten von anderen Republikanern George W. Bush der Lüge über die irakischen Massenvernichtungswaffen bezichtigt und erklärt, dass er damals ein Amtsenthebungsverfahren für richtig gehalten hätte.

Dass für den 63 Jahre alten Jeb Bush an diesem Samstag viel auf dem Spiel steht, war seit langem klar. In South Carolina, wo sein Vater 1988 und sein Bruder 2000 die Vorwahl gewannen, muss er mindestens Dritter werden - ein Sieg oder Platz zwei wären noch besser. Doch in der ersten Umfrage, die nach der TV-Debatte gemacht wurde, bekommt Trump fünf Mal so viel Unterstützung wie der dritte Bush, der ins Weiße Haus einziehen will.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: