US-Wahlkampf:Was Donald Trump von seinem deutschen Großvater lernte

US-Wahlkampf: Donald Trump und sein aus Deutschland stammender Großvater Friedrich bzw. Frederick Trump

Donald Trump und sein aus Deutschland stammender Großvater Friedrich bzw. Frederick Trump

(Foto: Reuters/Wikimedia commons)

Friedrich Trump wanderte einst von Deutschland in die USA aus, seine Gaststätten florierten - dank Prostitution. Familien-Biografin Gwenda Blair erzählt, was den Opa mit Enkel Donald verbindet.

Interview von Johannes Kuhn, New Orleans

Kallstadt, die kleine pfälzische Weinstadt zwischen Mannheim und Kaiserslautern, hat amerikanische Geschichte geschrieben: Mit der Ketchup-Familie Heinz und dem Immobilien-Clan Trump hat sie gleich zwei Unternehmer-Dynastien hervorgebracht.

In ihrer Biografie "The Trumps" (2001) hat Gwenda Blair den Weg von drei Generationen der Trump-Familie nachgezeichnet, beginnend mit Donald Trumps 1885 ausgewandertem Großvater Friedrich. Ein Gespräch über die Trump'sche Gabe, ein gutes Geschäft zu erkennen - und sei es mit einsamen Goldsuchern.

SZ: Wie viel von seinen deutschen Vorfahren steckt in Donald Trump?

Gwenda Blair: Alle Trumps verbindet ein scharfer Blick dafür, welcher Markt Erfolg verspricht, und was sich dort verkaufen lässt. Nehmen Sie Donald Trumps Großvater Friedrich, mit 16 Jahren ging er von Kallstadt in der Pfalz nach Amerika. Er war gelernter Herrenfrisör, begriff aber schnell, wo die größten Chancen lagen: Er folgte den Goldsuchern nach Seattle, später in den Klondike. Trump selbst suchte aber nicht nach Gold, sondern verdiente an den Goldsuchern - er eröffnete Restaurants, in denen er sie mit Alkohol und Essen versorgte und ihnen Zugang zu Frauen verschaffte.

Sie meinen, zu Prostituierten?

Nun, der "Poodle Dog" in Seattle war ein Restaurant, das "Privatzimmer für Frauen" anbot - damals ein gängiger Code für Prostitutierte. Das Etablissement in Whitehorse im Klondike hatte abgedunkelte, durch Samtvorhänge abgetrennte Privatbereiche. Es war eine raue Zeit, viele junge Männer waren alleine in den Westen aufgebrochen: Friedrich Trump erkannte sie als Zielgruppe, so wie Donald Trump jetzt erkannt hat, dass viele Amerikaner sich im Stich gelassen fühlen - und daher wütend und offen für Botschaften sind, die bislang als inakzeptabel galten.

Warum wanderte sein Großvater damals aus?

1885 war das Jahr, in dem die deutsche Auswandererwelle in die USA ihren Höhepunkt erreichte. Friedrich war nicht besonders kräftig und wollte kein Winzer werden wie seine Familie und der Rest der Stadt. Die USA versprachen sozialen Aufstieg, damals gab es noch keine Einwanderungsbeschränkungen. Friedrich besuchte seine Heimat später mehrmals und heiratete eine junge Frau aus Kallstadt, Elisabeth Christ, die aber in den USA schnell Heimweh bekam. Obwohl er schon amerikanischer Staatsbürger war, verließ er deshalb 1904 die Vereinigten Staaten wieder.

Gwenda Blair

Trump-Biografin Gwenda Blair

(Foto: Simon & Schuster)

Um nach Deutschland zurückzukehren?

Ja, und wenn das geklappt hätte, hätten wir heute eine andere Geschichte. Aber er war kurz vor dem wehrpflichtigen Alter ausgewandert und kehrte fast genau in dem Moment zurück, als er mit 35 Jahren zu alt für den Militärdienst war. Friedrich erklärte, im Ausland nur Geld für seine verwitwete Mutter verdient zu haben. Die Behörden aber kamen zu dem Schluss, dass er sich dem Wehrdienst entzogen habe und schickten ihn zurück.

Das 20. Jahrhundert war für deutschstämmige Amerikaner angesichts zweier Weltkriege nicht einfach. Wie war es für die Trumps?

Friedrichs Sohn Fred, Donalds Vater, war beim Kriegseintritt der Amerikaner 1917 elf Jahre alt. Die antideutsche Stimmung war damals überall spürbar, Familien amerikanisierten ihre deutschen Nachnamen, deutschsprachige Bücher wurden verbrannt. Historisch gesehen sind die Deutschen die größte Bevölkerungsgruppe in den USA, seit den beiden Kriegen betonen sie aber ihre Wurzeln nicht mehr. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, erzählte Fred Trump bereits, dass er schwedische Vorfahren habe - und das, obwohl seine deutsche Mutter bis in die Sechziger lebte und nur auf der anderen Straßenseite wohnte.

Auch Donald Trump redet nicht über seine deutschen Wurzeln.

1987 schrieb er in seiner Biografie "The Art of the Deal", seine Vorfahren seien schwedisch. Später gab er zu, dass es vielleicht nicht exakt Schweden seien, sondern von "überall in Europa" her. In der sehr schönen Dokumentation "Kings of Kallstadt" erkennt er seine deutschen Wurzeln an, er sagt glaube ich so etwas wie "Ich bin ein Kallstadter".

Erstaunlich, dass er sich so gewunden hat - seine schottische Mutter erwähnt er häufiger.

Wahrscheinlich hat er in Deutschland bislang noch nicht versucht, Golfplätze zu bauen (lacht)... als Trump einige Anlagen in Schottland errichten wollte, kamen plötzlich die schottischen Vorfahren ins Spiel.

Das Bauen ist das Familiengeschäft, wo zeigt sich da der beschriebene scharfe Blick?

Fred Trump errichtete vor und nach dem Krieg von der Regierung subventionierte Häuser für die Mittelschicht. Auch er verstand, was die Menschen suchten und bot ihnen etwas Besonderes. In New Yorker Vierteln wie Queens oder Brooklyn war das etwa ein zusätzlicher begehbarer Schrank, ungewöhnliche Ziegelverkleidungen. Dadurch unterschieden sich seine Immobilien vom Rest. Als Donald einstieg, waren die Subventionen ausgelaufen, also wandte er sich einer kleineren, wohlhabenderen Zielgruppe zu.

Der Beginn der Luxus-Immobilienmarke Trump, wie wir sie heute kennen.

Traditionell versteckten die wohlhabenden Schichten in New York eigentlich ihren Reichtum, stellten ihn nicht zur Schau. Aber in den Siebzigern entstand ein neuer Markt: Menschen, die ihren Reichtum zeigen wollten. Wie die Goldsucher hätten diese Neureichen nie explizit formuliert, was sie wollen - aber wie sein Großvater erfüllte Donald Trump mit seinen Luxus-Immobilien (oder teuren oder extravaganten) dieses unausgesprochene Bedürfnis.

Sind Sie überrascht, dass Trump jetzt ein ernsthafter Präsidentschaftskandidat ist?

Nein. Sein Erfolg beruht darauf, dass er ständig den Markt analysiert und seine persönliche Marke ausbaut, ob als Immobilienunternehmer oder im Reality-TV. Sein Name steht in den USA für Erfolg, und das trotz vier Insolvenzen - die Banken wollten danach nicht das "Trump" von den Gebäuden nehmen, weil sie an Wert verloren hätten. Im Wahlkampf hat er sich als starker Mann positioniert und die Welt in Gewinner und Verlierer eingeteilt. Er als "Gewinner" holt diejennigen ab, die sich auf der Verliererstraße fühlen - und macht alles nieder, was ihm im Weg steht: Immigranten, Politiker, politische Korrektheit, Frauen.

Warum hören die Menschen ihm zu?

Er wirkt authentisch, verkörpert dieses "was du siehst, bekommst du auch". Er ist sehr geschickt darin, seine Sätze so wirken zu lassen, als wären sie ihm gerade erst eingefallen. Aber alles was er sagt, ist kalkuliert. Deswegen denkt der eine Teil des Publikums, dass er das doch nicht ernst meinen kann, während seine Worte für den anderen Teil ein Wut-Katalysator sind. Trump ist ein sehr guter Performer. Ob das Fähigkeiten sind, die einem Präsidenten gut zu Gesicht stehen, steht auf einem anderen Blatt.

Die Namensfrage: Trump? Trumpf? Drumpf?

Zum deutschen Namen der Trump-Vorfahren gibt es unterschiedliche Theorien - in Biografien ist von Trumpf oder Drumpf und einer Namensänderung in den USA die Rede. Laut Gwenda Blair trug die Familie tatsächlich den Namen "Drumpf" - allerdings nur bis etwa 1700, also gut 180 Jahre vor Friedrichs Ausreise in die USA.

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