US-Vorwahl:Ben Carson verabschiedet sich in kleinen Schritten

Der einzige schwarze Kandidat sieht "keinen Weg" mehr ins Weiße Haus. An der nächsten TV-Debatte der Republikaner wird er nicht teilnehmen und am Freitag offiziell aussteigen.

Porträt von Matthias Kolb, Washington

Der Bewerberkreis um die Präsidentschaftskandidatur bei den US-Republikanern wird immer kleiner. Nun hat auch der einzige schwarze Kandidat Ben Carson klar gemacht, dass er angesichts der Ergebnisse des Super Tuesday keine realistische Perspektive mehr für seinen Wahlkampf sehe.

Er will nun zunächst die TV-Debatte der Republikaner auslassen, die an diesem Donnerstag in seiner Heimatstadt Detroit stattfindet. "Angesichts der Vorwahlergebnisse des Super Tuesday sehe ich keinen politischen Weg nach vorne." Erst am Freitag will er sich dann zu seiner politischen Zukunft äußern. Er wird dann offiziell aus dem Rennen aussteigen.

Der ehemalige Chirurg war im vergangenen Jahr in den Umfragen kurze Zeit gleichauf mit dem Milliardär Donald Trump gelegen, der die Vorwahlen der Republikaner inzwischen dominiert. Neben Trump und Carson sind bei den Republikanern noch Ted Cruz, Marco Rubio und John Kasich im Rennen.

Das ist Ben Carson

Den Präsidentschaftskandidaten Ben Carson hätte es ohne dessen außerordentliche Biographie nie gegeben. Carson wuchs in Detroit auf und obwohl seine alleinerziehende Mutter Sonya, die 23 Geschwister hatte, selbst kaum lesen konnte, zwang sie ihre beiden Söhne, jede Woche zwei Bücher zu lesen und diese für sie zusammenzufassen. Neben dem christlichen Glauben war Fleiß entscheidend. "Meine Mutter ging oft um fünf zur Arbeit und kehrte erst nach Mitternacht zurück", schrieb er 1990 in seiner Autobiographie.

Dank seines Fleißes und seiner Intelligenz wurde Carson weltberühmt: Er studierte an der Elite-Uni Yale und wurde als 33-Jähriger zum Chef der Abteilung für Kinder-Gehirnchirurgie an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore ernannt. 1987 leitete er ein Team, das nach 22 Stunden Operation zwei aus Deutschland stammende siamesische Zwillinge, deren Köpfe verbunden waren, voneinander trennte. Jahrelang lasen ehrgeizige schwarze Eltern und Lehrer Carsons Autobiographie "Begnadete Hände" mit ihren Schülern und Kindern. Carson galt als Beleg, dass Afroamerikaner nicht nur als Sportler oder Musiker Karriere machen können.

Legendäre Attacke gegen US-Präsident Obama

2013 wurde Carson plötzlich eine Ikone des konservativen Amerikas. Beim "National Prayer Breakfast" hielt er eine 27-minütige Rede, in der er nicht nur seine Lebensgeschichte erzählte und die hohe Staatsverschuldung beklagte. Er kritisierte auch das viel zu teure US-Gesundheitssystem - in Anwesenheit von US-Präsident Barack Obama.

Während manche fanden, dass Carson bei der parteiübergreifenden Veranstaltung zu sehr politisiert habe, forderte das Wall Street Journal per Leitartikel "Ben Carson for President". Er erhielt einen lukrativen Vertrag beim konservativen Kabelsender Fox News und im ganzen Land sammelten Freiwillige Geld und Unterschriften, um Carson zu einer Präsidentschaftskandidatur zu bewegen.

Seine Kandidatur: Erst hohe Werte, dann traurige Gestalt

Wie Trump oder die frühere HP-Chefin Carly Fiorina war Carson stets stolz darauf, keinen einzigen Tag in einem politischen Amt verbracht zu haben. "Ich bin kein Politiker", wiederholte er ständig und erklärte, dass er nur im Rennen sei, weil ihn Hunderttausende unterstützen und Geld für seine Kampagne spenden würden. Im Feld der 17 Kandidaten fiel Carson nicht nur auf, weil er der einzige Afroamerikaner war: Er redete langsam und ruhig und weigerte sich, die Rivalen zu attackieren.

Dieser andere Stil, gepaart mit seinem christlichen Glauben, führte vor allem in Iowa, wo viele evangelikale Christen leben, zu hohen Umfragewerten: Ende Oktober lag er kurzzeitig vor Donald Trump. Doch der 64-Jährige hat von Außenpolitik wenig Ahnung, was ihm nach den Anschlägen von Paris und San Bernardino schadete.

Faible für seltsame Vergleiche

Zudem wählte er seltsame Vergleiche: 2013 verglich er das neue Krankenversicherungssystem Obamacare mit der Sklaverei: "Ich glaube, dass Obamacare das Schlimmste ist, was diesem Land seit der Sklaverei passiert ist. (...) Es ging nie um Gesundheitsversorgung. Es ging um Kontrolle." Er spricht seit langem davon, dass die Pyramiden in Ägypten eigentlich Getreidespeicher seien und beharrte darauf, als Jugendlicher versucht zu haben, einen Freund zu erstechen. Dafür gibt es zwar kaum Belege, doch die Episode spielt in seiner Autobiographie eine wichtige Rolle - und soll unterstreichen, dass Gott ihn gerettet hat.

Zuletzt spielte Carson keine Rolle mehr im republikanischen Wahlkampf, der völlig von Donald Trump dominiert wurde. "Bitte attackiert mich doch jemand", rief Carson vergangene Woche in der TV-Debatte. Bevor er an diesem Freitag wohl bei der Konservativen-Konferenz CPAC das Ende der Kandidatur bekannt gibt, wird er an der nächsten Rederunde nun nicht mehr teilnehmen. Schade eigentlich, denn nicht nur die Spaßvögel von Saturday Night Live hatten oft darauf gewartet, dass Ben Carson trotz des Trump-Lärms irgendwann einschläft.

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