Raubkunst:Grütters' Lapsus

Wer ist voreingenommener?Monika Grütters, die Staatsministerin für Kultur, löst in den USA mit ihrer Äußerung zur Besetzung der Limbach-Kommission bei Verbänden einen Sturm der Entrüstung aus.

Von Catrin Lorch

Ob Monika Grütters auf ihrer USA-Reise nicht unbedingt eine gute Figur gemacht habe, als sie auf Raubkunstfragen angesprochen wurde, wird derzeit im Internet diskutiert. Die Staatsministerin für Kultur habe nämlich nicht nur Forderungen zurückgewiesen, in der Limbach-Kommission, einem Schlichtungsgremium in Raubkunstfragen, sollten auch Opferverbände vertreten sein. Vor allem erregt man sich über ihre Ansage, sie habe aus "gutem Grund" bislang keine eingeladen. Denn solche Mitglieder der Kommission "wären die einzigen Stimmen, die voreingenommen wären", wie die New York Times sie zitiert.

"Wie bitte? Die Kulturministerin der Bundesrepublik streitet mal eben ab, dass ein jüdisches Mitglied des Beratergremiums objektiv sein könne?", kommentiert Nicholas M. O'Donnell, ein in Raubkunstfragen erfahrender Anwalt, diesen Satz in einem Artikel, der im Arts & Law Report veröffentlicht wurde. O'Donnell nennt die Äußerung, die Grütters "am Rande einer Oscar-Party in Kalifornien" gemacht habe, den "größten Fauxpas unter vielen Statements" der Ministerin. Auch sei die Forderung ursprünglich von niemand anderem als Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), erhoben worden. Dem Vorschlag hatten sich dann auch Repräsentanten der Jewish Claims Conference wie Rüdiger Mahlo angeschlossen, welcher der Jüdischen Wochenzeitung sagt: "Auch für die Limbach-Kommission würde die Berufung eines Opfervertreters ein Mehr an Transparenz bedeuten und das Vertrauen in die Arbeit der Kommission insbesondere auf internationaler Ebene fördern."

Das Thema verfolgte Grütters auch beim glanzvollen Abschluss ihrer Tour, dem Besuch bei Ronald S. Lauder, dem Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses. Denn der wies sie in seinem Privatmuseum, der "Neuen Galerie", ausdrücklich darauf hin, dass er sich wünsche, die Besetzung beziehe künftig "die Perspektive der antragstellenden Opfer ein". Die Pressestelle des Grütters-Ministeriums teilte - um einen Kommentar gebeten - lediglich mit, dass das Zitat in der New York Times nicht ganz korrekt wiedergegeben worden sei. Grütters habe gesagt: Eine solche Person "wäre die einzige Stimme, die in einem potenziellen Interessenskonflikt stünde".

Aber gilt das nicht auch für Deutsche? Die vermitteln schließlich in Streitfragen um die Rückgabe von Kunst aus deutschen Museen: In die von der ehemaligen Verfassungsrichterin Jutta Limbach gegründete "Beratende Kommission" dürfen jeweils bis zu acht "ehrenamtlich tätige, hochrangige Personen aus der Wissenschaft und dem öffentlichen Leben" berufen werden. Unter ihnen waren in der Vergangenheit nur Deutsche.

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