Cellebrite:Diese Firma soll für das FBI Apples iPhone knacken

Das israelische Unternehmen Cellebrite gehört zum militärisch-digitalen Komplex. Sein Einsatz könnte bedeuten, dass das FBI vor Apple kapituliert.

Von Jannis Brühl

In seinem Kampf mit Apple hat das FBI einen neuen, technisch versierten Verbündeten. Das israelische Unternehmen Cellebrite soll den Ermittlern Zugriff auf das iPhone des Dschihadisten ermöglichen, der in San Bernardino mit seiner Frau 14 Menschen erschoss, berichtet die israelische Zeitung Yedioth Ahronoth. Cellebrite ist spezialisiert darauf, geschützte Daten aus digitalen Geräten auszulesen.

Zwischen Technikkonzernen und Ermittlungsbehörden tobt gerade ein grundsätzlicher Streit. Das FBI möchte die letzten Wochen von Syed Farook und seiner Frau vor dem Verbrechen rekonstruieren. So wollen Ermittler herausfinden, ob die beiden Komplizen hatten. Sie verlangen von Apple, das gesperrte Telefon des mutmaßlichen Terroristen technisch so zu manipulieren, dass die Sicherheitsfunktionen deaktiviert werden. Das soll es dem FBI ermöglichen, unbegrenzt und automatisiert Passwörter einzugeben, um das Gerät zu knacken. Apple und Bürgerrechtler sehen darin jedoch einen Präzedenzfall. Müssten sie eine "Hintertür" für Behörden in ihre Verschlüsselung einbauen, würde das die Sicherheit der privaten Daten der Kunden gefährden, argumentieren sie.

Am Dienstag hatte das US-Justizministerium angekündigt, eine "dritte Partei" habe eine Lösung, um an den Inhalt des Telefons zu gelangen. Deshalb verschob es einen Gerichtstermin mit Apple. Das könnte ein Hinweis sein, dass der Staat auf die Kooperation des Konzerns verzichtet.

Dieser Dritte ist also wohl Cellebrite. Die Firma hat eine Technik namens Universal Forensic Extraction Device (UFED) entwickelt. Sie kann Passwörter und Pins knacken. Das Unternehmen bietet unter anderem ein spezielles Tablet mit Touchscreen an, das an die gesicherten Geräte angeschlossen wird. Dann werden dem Unternehmen zufolge "Daten und Passwörter, einschließlich gelöschter Daten, von einer Vielzahl an verschiedenen Mobilgeräten" entschlüsselt und ausgelesen. Offensichtlich hat das Unternehmen dem FBI nun glaubhaft versichert, auch die starken Sicherheitsvorkehrungen des iPhones von San Bernardino umgehen zu können.

Deutsche Polizisten setzen Cellebrite-Technik ein

Cellebrite gehört seit 2007 zum japanischen Elektronikkonzern Sun Corporation. Die israelische Firma ist Teil des militärisch-digitalen Komplexes aus IT-Unternehmen, die vor allem Sicherheitsbehörden als Kunden haben. Die Firma wirbt damit, "15 000 Nutzer in Strafverfolgung und Militär" zu haben. Viele Aufträge des Unternehmens dürften geheim sein. Nachvollziehen lässt sich, dass es der kroatischen Regierung Technik bereitstellte, um Kinderpornos auf sichergestellten Geräten zu finden. Die sächsische Polizei setzte auch Produkte von Cellebrite ein, um die 150 Handys, Laptops und Speicherkarten zu analysieren, die sie 2015 in einer umstrittenen Aktion auf einer linken Demonstration beschlagnahmt hatte. Das bayerische Landeskriminalamt kaufte vergangenen Sommer 14 UFED-Lizenzen von der Firma, für 377 000 Euro inklusive Wartung. Die deutsche Niederlassung von Cellebrite ist gerade von Paderborn nach München umgezogen. Auf eine Anfrage reagierte sie nicht.

Dank Cellebrite könnte das FBI zwar das Ziel erreichen, an die Daten des mutmaßlichen Täters zu kommen. Doch die Behörde müsste eine politische Niederlage eingestehen. Der Versuch, sich auf juristischem Wege Zugang zu Smartphones zu erzwingen, wäre gescheitert. Apple könnte feiern: Der Konzern müsste keine Hintertüren für die Behörden einbauen - und könnte weiter damit werben, seine Geräte gut zu verschlüsseln.

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