US-Wahl:The "real Donald" fürchtet sich vor dem seriösen Herrn Trump

US-Wahl: Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Bridgeport im US-Bundesstaat Connecticut.

Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Bridgeport im US-Bundesstaat Connecticut.

(Foto: AFP)

Der Kandidat der Republikaner will sich neu erfinden und staatsmännischer wirken. Die Frage ist: Kann er das? Und wer will diesen neuen Trump überhaupt sehen?

Kommentar von Nicolas Richter, Washington

Bei Twitter firmiert Donald Trump als @realDonaldTrump, als der echte. Aber jetzt heißt es, er sei gar nicht der echte. Sein Berater sagt, der Geschäftsmann und Politikschreck spiele eine "Rolle", die sich "verändern" werde in Richtung des Staatsmännischen.

Nun muss man Trump bekanntlich alles zutrauen, und in mancher Hinsicht ist eine Wandlung für jeden republikanischen Kandidaten normal und absehbar, weil die Partei so anders ist als das Land insgesamt: Die Vorwahlen gewinnt man als harter Konservativer, die Hauptwahl als moderater Versöhner. Besonders im Falle Trumps aber ist die nun beabsichtigte Metamorphose hin zum seriösen Politiker eine riskante Operation mit sehr ungewissem Ausgang.

Es ist zunächst unklar, ob sich Trump überhaupt ändern will. Sein Umfeld drängt ihn, sanfter, ruhiger, netter zu sein. Aber er sagt selbst, dass ihm die Idee nicht behagt: Er fürchtet, dass der seriöse Herr Trump langweilig wäre. Trump ist ein Unterhalter, und als Fernsehstar weiß er um den Wert der Zuschauerquoten und um das Gebot, niemals zu langweilen. In der Politik erzielt er eine konstant hohe Einschaltquote, indem er andere beschimpft. Dies allerdings passt prinzipiell nicht zum Staatsmann, denn ein guter Staatsmann muss zuweilen schlicht langweilig sein.

Für Trump ist dieses Dilemma besonders groß: Was nämlich bleibt übrig, wenn man den Entertainer ausschaltet? Politische Substanz und klare Überzeugungen hat er nicht zu bieten, auch kein echtes Interesse an den Menschen jenseits seiner Luxuswelt. Seine Kandidatur ist eine einzige Protestaktion gegen etablierte Politik. Zieht man diese Attitüde ab, dann nimmt man Trump den Markenkern; seine glühenden Anhänger dürften enttäuscht sein.

Der Republikaner-Kandidat will sich neu erfinden. Kann er das?

Die zweite Frage lautet, ob sich Trump überhaupt ändern kann. Inhaltlich bestimmt, denn seine Vita weist ihn als pragmatischen und unideologischen Geschäftsmann aus. Schwieriger aber wird es mit seinem Charakter. Trump ist geradezu süchtig nach Aufmerksamkeit, Erfolg und öffentlicher Anerkennung, und das kann durchaus die Urteilsfähigkeit trüben. Zwar sollte man jedem Menschen zubilligen, dass er sich noch ändern kann, aber Trump besitzt mit 69 Jahren wohl schon sehr gefestigte Charakterzüge.

Drittens ist unklar, ob die Amerikaner eine Trumpsche Neuerfindung glauben. Womöglich sind Teile der Bevölkerung dazu bereit: Manche dürften sich so sehr vor einer Rückkehr der Clintons ins Weiße Haus gruseln, dass sie sogar an das Gute in Trump glauben würden. Allerdings ist Trump bei zwei Dritteln der Bürger unbeliebt; in der Hauptwahl werden die Demokraten seine Ehrlichkeit in Frage stellen und dafür sorgen, dass Trumps Ausfälle der vergangenen zehn Monate in Erinnerung bleiben. Es gibt dafür mehr Videobeweise, als die Produzenten von Wahlwerbespots je verarbeiten können.

Alle Menschen, die sich "neu erfinden", gehen ein Risiko ein. Das größte aber gehen jene ein, die als "Original" verehrt werden. Was danach kommt, ist nur Kopie.

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