Airbnb-Urteil in Berlin:Die Touristen werden weitermachen

Sonne über der Spree

Beliebt bei Berlin-Besuchern: der Sonnenuntergang an der Oberbaumbrücke

(Foto: dpa)

Berlin wehrt sich gegen Airbnb - und gewinnt damit vor Gericht. Doch die Wohnungsvermieter bedienen nur das älteste Bedürfnis der Touristen.

Kommentar von Verena Mayer

Es gibt die alte Weisheit von Hans Magnus Enzensberger: Als Tourist zerstört man, was man sucht, indem man es findet. Der Satz ist gerade wieder sehr aktuell. Denn vor allem Städtereisende suchen heutzutage eines: die Nähe zu Einheimischen. Jeder elfte Städtetourist in Deutschland will einer Studie des Immobilienentwicklers GBI zufolge nicht anonym im Hotel wohnen, sondern im angesagten Partykiez oder im Altbau um die Ecke. Eine ganze Industrie lebt inzwischen davon, den Leuten genau dort Ferienwohnungen zu vermieten oder zu vermitteln. Diese Immobilien fehlen aber auf dem Mietmarkt, mit der Folge, dass in den Gegenden, die die Touristen für sich gefunden haben, die Einheimischen keine Wohnungen mehr bekommen.

Berlin geht nun so rigoros wie keine andere Metropole der Welt dagegen vor. Wohnungen tageweise an Touristen zu vermieten, ist in der Hauptstadt seit 1. Mai verboten, wer es dennoch tut, muss sich auf eine Geldstrafe von bis zu 100 000 Euro gefasst machen. Berlin den Berlinern beziehungsweise denjenigen, die sich ein Hotel leisten können. Das sogenannte Zweckentfremdungsgesetz wurde nun vom Berliner Verwaltungsgericht als verfassungsgemäß bestätigt. Jene Vermieter, die ihre Ferienapartments weiterhin gewerblich Touristen überlassen wollen und sich in ihrer Berufs- und Eigentumsfreiheit beschnitten sehen, sind auf der ganzen Linie gescheitert.

Die Verwerfungen auf dem Mietmarkt sind überschaubar

In der Touristenstadt Berlin, die im vergangenen Jahr 30 Millionen Übernachtungen verzeichnete, hat sich also das Modell der strengen Regulierung durchgesetzt. Das Berliner Urteil wird für andere Metropolen eine Richtung vorgeben, wenn es darum geht, sich mit einer neuartigen Form des Massentourismus auseinanderzusetzen, die Übernachtungsplattformen wie Airbnb oder Wimdu in die Welt gebracht haben.

Ob Verbieten und Verbannen die Methoden der Wahl sind, bleibt allerdings dahingestellt. Zum einen sind gerade mal ein Prozent aller Berliner Wohnungen Ferienunterkünfte, die Verwerfungen auf dem Mietmarkt sind überschaubar. Zum anderen erklärt sich der Erfolg von Airbnb und Co. dadurch, dass sie auf das älteste Bedürfnis der Touristen reagieren: zu finden, was sie suchen. Und damit werden sie auch nicht aufhören, nur weil man ihnen diese Suche jetzt untersagt.

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