Schießerei in Orlando:An den Waffengesetzen wird sich nichts ändern

A handout photograph from the Orlando Police that shows a protective helmet with a bullet hole in Orlando

Grüner Lebensretter: Dieses Foto eines beschädigten Schutzhelms hat die Polizei von Orlando veröffentlicht.

(Foto: REUTERS)

In Orlando sind mehr Menschen bei einer Schießerei getötet worden als je zuvor in den USA. Zeit, zu handeln? Nicht in diesem Land.

Von Felicitas Kock

Da steht er wieder, an seinem Pult im Weißen Haus. Mit ernster Miene und ohne jede pathetische Pause spricht Barack Obama über das Massaker von Orlando. Über die 50 Menschen, die getötet wurden, als der 29-Jährige Omar Mateen mit einer Pistole und einem Gewehr in einem Nachtclub um sich schoss. Über die Ermittlungen der Polizei, die wohl noch eine Weile andauern werden. Über die Leichtigkeit, mit der die Menschen in den USA an Waffen kommen.

Man würde gerne die Mitarbeiter befragen, die diese Statements für den Präsidenten verfassen. Schreibt sich das besonders leicht, weil man nur ein paar Wörter ändern muss, die Namen der Orte, die Opferzahlen? Oder ist es im Gegenteil besonders schwierig, weil man doch immer neue Worte finden muss, um dem Einzelfall gerecht zu werden? Jede Tat für sich ist ja eine Katastrophe, auch wenn sich die Katastrophen in grausamer Regelmäßigkeit aneinanderreihen.

"Irgendwie ist das zur Routine geworden. Die Berichterstattung ist Routine, meine Antwort ist Routine", sagte Obama nach einem Amoklauf in Oregon im Oktober 2015. Er wirkte resigniert. Erst wenige Wochen zuvor hatte er die gescheiterte Verschärfung der Waffengesetze als "schlimmste Enttäuschung" seiner Präsidentschaft bezeichnet. Sein Entwurf hatte es nicht einmal durch den Senat geschafft, obwohl er nur geringe Änderungen bedeutet hätte und der Senat zum damaligen Zeitpunkt von den Demokraten dominiert wurde.

Die Entscheidung hatte deutlich gemacht, dass sich die Amerikaner ihre Waffen nicht wegnehmen lassen. Auch kein kleines bisschen.

Um die 300 Millionen Schusswaffen sind Schätzungen zufolge in Privatbesitz. Für viele Einheimische gehören sie zur amerikanischen Kultur. Dieses Grundverständnis wird quer durch politische Lager, soziale Schichten und Altersgruppen vertreten. Das zweite Amendment gilt deshalb als unantastbar. Der Verfassungszusatz besagt, dass "das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden" darf. Auch der Einfluss der Waffenlobby ist ungebrochen. Hillary Clinton bezeichnete sie jüngst als "mächtigste Lobby in Washington".

Im Januar 2016 kündigte Obama einen letzten Versuch an, sein Anliegen doch noch durchzubringen - am Kongress vorbei unter Berufung auf seine Exekutivvollmachten. Der Plan, den er gemeinsam mit seinem Vize Joe Biden vorstellte, zielt vor allem auf eine genauere Kontrolle der Waffenkäufer ab. "Das wichtigste, was wir tun können um Waffengewalt zu verhindern, ist sicherzugehen, dass diejenigen, die Gewalttaten begehen würden, gar nicht erst an eine Schusswaffe kommen", heißt es in dem Papier.

Eine Argumentation, die nicht nur bei der Waffenlobby umstritten ist - sondern auch bei ihren Gegnern, denen der Schritt nicht weit genug geht.

Der Schütze von Orlando kaufte seine Waffe legal im Laden

Schon jetzt sind Waffenhändler in vielen Staaten verpflichtet, ihre Kunden zu überprüfen. An Minderjährige, psychisch Kranke und Menschen mit krimineller Vergangenheit dürfen keine Waffen ausgehändigt werden. In machen Bundesstaaten ist für den Erwerb eine Lizenz nötig (in Florida nicht). Ausnahmeregelungen gelten für Verkäufe im Internet oder auf Messen, hier kann sich so gut wie jeder eine Feuerwaffe zulegen.

Diese Ausnahmen will Obama durch seinen Vorstoß abschaffen. Außerdem sollen FBI und Waffenbehörde deutlich mehr Mitarbeiter bekommen, um zu überprüfen, ob die Waffengesetze auch eingehalten werden.

Wie durchlässig das System ist - Überprüfung hin oder her - zeigt ein Überblick der New York Times. Bei den jüngsten Schießereien in den USA kamen die Schützen größtenteils legal an ihre Pistolen und Gewehre. Obwohl die Hälfte von ihnen eine kriminelle Vergangenheit hatte oder psychisch krank war. Und obwohl sie beim Kauf überprüft wurden.

So auch der Schütze von Orlando, Omar Mateen. Der 29-Jährige war zwei Mal wegen möglicher Verbindungen zu terroristischen Netzwerken vom FBI verhört worden. Da er aber nie auf eine Liste gesetzt wurde, die entsprechendes verbietet, "konnte er ganz legal in einen Waffenladen gehen und Schusswaffen kaufen" zitiert die New York Times einen Mitarbeiter der zuständigen Behörde. Auch wenn Obama seine Reform bereits durchgesetzt hätte, hätte Mateen wohl sein halbautomatisches Gewehr bekommen.

Im Januar wird Barack Obamas Amtszeit zu Ende gehen. Dass es danach zu einer substanziellen Verschärfung der Gesetze kommt, darf angezweifelt werden.

Wie es weitergeht - unter Trump oder Clinton

Sollten die Republikaner den künftigen Präsidenten stellen, ist die Sache klar: Donald Trump hat bereits angekündigt, das Waffenrecht nicht anrühren zu wollen. Die National Rifle Association (NRA) hat ihm ihre volle Unterstützung zugesagt. Die Gewalttat von Orlando veranlasste ihn zu Angriffen gegen Muslime und gegen den amtierenden Präsidenten - kein Wort über Waffengesetze.

Hillary Clinton will die Arbeit ihres Vorgängers fortführen. Im Wahlkampf hat sie sich deutlich früher für eine Reform des Waffenrechts ausgesprochen als ihr Konkurrent im demokratischen Lager, Bernie Sanders. An ihrer Reaktion auf die Bluttat von Orlando lässt sich aber bereits ablesen, wohin die Reise geht.

Natürlich müsse man etwas dagegen tun, dass Waffen in die Hände von Kriminellen und Terroristen geraten. Auch das Verbot von Sturmgewehren solle wieder eingeführt werden. Trotzdem glaube sie daran, "dass gesetzestreue Bürger das Recht haben, Waffen zu tragen", sagte die Demokratin.

Auch Clinton wird eben, sollte sie gewählt werden, das gleiche Land regieren wie Obama.

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