Präsidentschaftswahlkampf:Hillary Clintons Powerfrau

Ein Auftritt mit der linken Senatorin Elizabeth Warren weckt Erwartungen.

Von Nicolas Richter, Washington

Zum ersten Mal im Wahlkampf für das Weiße Haus ist die demokratische Kandidatin Hillary Clinton mit ihrer Parteifreundin Elizabeth Warren aufgetreten - einer Heldin der Linken und einer möglichen Kandidatin für die Vize-Präsidentschaft. Vor Anhängern in Cincinnati griffen beide Frauen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten scharf an. "Donald Trump sagt, er wird Amerika wieder groß machen", sagte Warren, "das steht vorne auf seiner albernen Mütze drauf. Wollt Ihr etwas Albernes sehen? Schaut ihn an mit dieser Mütze."

Warren, 67, eine US-Senatorin aus Massachusetts, fragte, für wen Trump sein Land wieder großartig machen würde. "Für Millionen Senioren, die mit Sozialhilfe gerade mal über die Runden kommen? Für Familien, die nicht nach Schottland fliegen, um Golf zu spielen?" Warren spielte damit auf den jüngsten Besuch Trumps in Schottland an, wo er ein Hotel mit Golfanlage betreibt. "Wenn Donald Trump sagt, dass er Amerika wieder groß macht, dann meint er, dass er es großartiger macht für reiche Kerle wie Donald Trump."

Trump hatte jüngst das Ergebnis der Volksabstimmung begrüßt, wonach das Vereinigte Königreich aus der EU austreten soll. "Welcher Mann tut so etwas? Ich sage es euch: ein kleiner, unsicherer Raffzahn", sagte Warren. Clinton wisse, wie man einen "dünnhäutigen Raufbold" wie Trump in die Schranken weise, erklärte sie: Indem man zum Gegenangriff übergehe. Warren und Trump greifen sich seit Längerem persönlich an: Weil Warren behauptet hat, sie stamme von Ureinwohnern ab, nennt Trump sie "Pocahontas".

Hillary Clinton campaigns in Cincinnati

Seit Monaten wird spekuliert, ob die Wall-Street-Kritikerin Warren (li.) Vize-Kandidatin Clintons werden könnte.

(Foto: Mark Lyons/dpa)

Die Rhetorik Warrens verrät viel über ihre Rolle in der Demokratischen Partei. Sie ist kämpferisch und unterhaltsam; politisch steht sie weiter links als Clinton. Sie hat sich einen Namen damit gemacht, dass sie für Verbraucherschutz kämpft und für eine Reform der Banken- und Finanzbranche. Viele linke Demokraten hatten sich gewünscht, dass sich Warren um die Präsidentschaftskandidatur bewirbt. Warren hat darauf verzichtet, offenbar wollte sie sich Clinton nicht in den Weg stellen, der ersten Frau mit ernsten Chancen auf die US-Präsidentschaft. Wie erfolgreich Warren aber hätte werden können, zeigt der Zulauf für den linken Senator Bernie Sanders, der Clinton während der Vorwahlen zu schaffen machte. Mit seinen Angriffen auf die Finanzbranche, die Reichen und das politische Establishment weckte er besonders unter jungen Wählern viel mehr Begeisterung als die gemäßigte Clinton.

Seit Monaten wird in Washington spekuliert, ob Warren nun zumindest als Clintons Vize-Kandidatin in den Wettbewerb um die Präsidentschaft zieht. Sie könnte all jene Demokraten mobilisieren, die in den Vorwahlen für Sanders gestimmt haben und sich nun aus Enttäuschung enthalten könnten. Allerdings steht Warren in dem Ruf, "Anti-Wall-Street" zu sein, und dies könnte Clinton Schwierigkeiten bereiten mit ihren Großspendern aus der Finanzbranche. Als ernsthafter Anwärter auf den Vize-Posten gilt deswegen auch Tim Kaine, ein Senator und Ex-Gouverneur aus Virginia.

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