US-Demokraten:Barack Obama und die Clintons: Es ist Payback-Zeit

Obama macht Wahlkampf mit Clinton

Hillary Clinton kann derzeit positiv in die Wahlkampfzukunft sehen - dank ihres Premium-Unterstützers Barack Obama.

(Foto: dpa)

Obama ist so populär wie kaum ein anderer US-Präsident zum Ende der zweiten Amtszeit. Das macht ihn zum wichtigsten Wahlkämpfer für Hillary Clinton.

Analyse von Matthias Kolb, Washington

Am Dienstag stehen sie endlich zusammen auf der Bühne. In Charlotte wird US-Präsident Barack Obama seine frühere Außenministerin in den höchsten Tönen loben und zur Wahl von Hillary Clinton aufrufen: Auf den ersten Afroamerikaner im Weißen Haus müsse die erste Frau folgen. Eigentlich sollte dieses Event Mitte Juni stattfinden, doch wegen des Anschlags auf den Gay-Club in Orlando wurde es verschoben.

Im Juli halten sowohl Republikaner als auch Demokraten ihre Parteitage ab und Clinton geht gestärkt in diesen wichtigen Monat. Donald Trump agiert weiter unberechenbar, Clinton führt in den Umfragen (FiveThirtyEight schätzt ihre Siegchancen auf 80 Prozent) und das progressive Lager unterstützt sie immer mehr. Beobachter schwärmen von der kämpferischen Rede, mit der Senatorin Elizabeth Warren in Ohio für Clinton warb, und irgendwann wird auch Bernie Sanders, der andere linke Superstar, sein Endorsement verkünden.

Neben Warren, Sanders und Vizepräsident Joe Biden wird Ehemann Bill eine wichtige Rolle spielen, doch Obamas Wert als Premium-Wahlkämpfer ist enorm. Mit 56 Prozent ist seine Popularität in der angesehenen Erhebung der Washington Post so hoch wie seit der Tötung von Osama Bin Laden im Mai 2011 nicht mehr.

Normalerweise schwächt ein Präsident den eigenen Kandidat

Zudem ist es außergewöhnlich, dass der amtierende Präsident dem Bewerber seiner Partei nicht schadet. Zwar wächst mit jedem Terroranschlag die Kritik an Obamas Syrien-Politik, doch dies ist nichts im Vergleich zu 2008. Damals konnte sich John McCain gar nicht weit genug vom Kriegspräsidenten George W.Bush distanzieren und nach der Lewinsky-Affäre trat Vizepräsident Al Gore 2000 ganz selten mit Bill Clinton auf.

Obama wird sich bis zum 8. November auch aus Eigeninteresse enorm ins Zeug legen: Nur wenn ihm mit Clinton eine Demokratin im Weißen Haus nachfolgt, wird sein progressiver Kurs fortgesetzt (etwa durch die Besetzung von liberalen Richtern am Supreme Court).

Diese fünf Faktoren machen den 54-Jährigen als Wahlkämpfer so attraktiv:

Dauer-Präsenz in den entscheidenden Swing States. Iowa, New Hampshire, Ohio - das sind jene Bundesstaaten, in denen Hillary Clinton vor Donald Trump liegen muss. Die gute Nachricht für sie: Obama ist dort weiter populär und bestens vernetzt. "Es gibt keinen wichtigen Bundesstaat, in dem der Präsident für uns keine Hilfe wäre", sagt Clinton-Sprecher Brian Fallon. Gemeinsame Auftritte wie in North Carolina (ebenfalls hart umkämpft) dürften eine Seltenheit bleiben: Es ist effektiver und sorgt für mehr lokale Medienberichte, wenn Obama, Biden und die Clintons jeweils allein auftreten.

Beliebt bei Afroamerikanern und Latinos. Dass es bisher an Begeisterung fehlt, gibt selbst Clinton-Berater David Plouffe (einst Mastermind der Obama-Kampagne) zu: "In Sachen Intensität müssen wir uns verbessern." Einer von Obamas Wahlsprüchen war "Fired up and ready to go" und er will vor allem Latinos, Asian Americans und Schwarze anfeuern, in Colorado oder Nevada für die Demokraten zu stimmen. Unter Afroamerikanern ist Clinton angesehen, doch Obama wird in Schwarzenvierteln in Virginia und Michigan trotzdem betonen, dass sein Erbe auf dem Spiel steht. Wenn so viele Afroamerikaner wählen gehen wie 2012, hat Trump kaum Chancen: In Pennsylvania dominiert das mehrheitlich von Schwarzen bewohnte Philadelphia so sehr, dass für den Milliardär die Unterstützung vieler frustrierter weißer Arbeiter nicht genug sein dürfte.

Obama ist ein Star in den sozialen Medien

Freude an Attacken auf Trump: Seit der Milliardär als oberster "Birther" Obamas Legitimität als Präsident anzweifelte, verachtet der Demokrat den Republikaner. Also reißt Obama gern Witze über Trump und bezeichnet diesen als "ungeeignet" und "intolerant". Neben klarer Kritik an Trumps frauen- und fremdenfeindlichen Sprüche wird er beschreiben, vor welch komplexen Herausforderungen ein US-Präsident steht. Ein Nebenaspekt: Obamas Popularität steigt auch, weil der Kontrast zu seinen potenziellen skandalumwitterten Nachfolgern Trump und Clinton deutlich ist.

Star bei Social Media und in "alten" Medien. 75 Millionen Twitter-Follower, 50 Millionen Fans bei Facebook sowie eine Präsenz in allen anderen Kanälen: Obama hat ein eigenes Medien-Imperium geschaffen. Und jede Talkshow (egal ob Good Morning America oder Late Night with Stephen Colbert) ist begeistert, ihn als Gast zu begrüßen. Gerade unter Millennials, also den unter 35-Jährigen, hat die Ex-Außenministerin Probleme - und hier ist der Präsident sehr beliebt. Das Youtube-Video, in dem Obama seine Unterstützung für Clinton erklärt hat, dürfte nicht das letzte gewesen sein.

Neue Rolle als Explainer in Chief. Obama soll den unentschlossenen US-Wählern nicht nur erklären, wie ungeeignet Trump fürs Weiße Haus ist. Er dürfte auch versuchen, jene Fans von Bernie Sanders zu umwerben, die sich weiterhin unter dem Motto #BernieorBust als Gegner von Hillary Clinton ansehen. Die Zahl der "Never Hillary"-Sanderisten nimmt zwar ab, doch unter linken Demokraten wird Obama als deutlich ehrlicher und glaubwürdiger angesehen.

Sicherlich wird Barack Obama auch Spenden für Clinton und die Demokraten einwerben, doch dies ist nicht das Problem von "Hillary 2016." Neben der Besorgnis um sein eigenes Erbe und der tiefen Antipathie gegen Trump und dessen nativistisches Weltbild verbindet den US-Präsidenten auch eine alte Bringschuld mit dem Ehepaar Clinton.

Wie Bill Clinton Obama bei der Wiederwahl half

Hillary erwarb sich enormen Respekt, indem sie nach dem bitteren Vorwahlkampf 2008 als Außenministerin in seinem Kabinett diente. Und es war Bill, der 2012 beim Parteitag Millionen Wählern deutlich machte, wie schlimm die Wirtschaftskrise 2008 die USA getroffen und wie viel Obama als Nachfolger von George w. Bush geleistet habe.

Schon damals wurde spekuliert dass Obama zusicherte, die Außenministerin 2016 zu unterstützen. Da viele seiner Top-Wahlkampfberater nun für Clinton arbeiten, sind die Verbindungen sehr eng. Offen ist noch, wie stark sich die aktuelle, noch populärere First Lady einbringt. Michelle reiste vor der Kongresswahl 2014 durchs Land, weil sich damals kein Demokraten-Kandidat mit ihrem Ehemann fotografieren lassen wollte (Details hier). Grundsätzlich steht sie dem Polit-Betrieb aber skeptischer gegenüber als ihr Mann.

Barack Obama hat also einiges nachzuholen und er hat fraglos Lust, sich in seinen letzten großen Wahlkampf zu stürzen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: