Nach dem Brexit:Diese fünf wollen UK in den Brexit führen

Nach dem Brexit: Andrea Leadsom, Stephen Crabb, Michael Gove, Theresa May und Liam Fox

Andrea Leadsom, Stephen Crabb, Michael Gove, Theresa May und Liam Fox

(Foto: dpa/AFP/Getty)

Die Tories suchen einen Nachfolger für Premier Cameron. Die Frage Brexit ist für alle Kandidaten geklärt. Aber soll Großbritannien im EU-Binnenmarkt bleiben? Einige wollen das auf keinen Fall.

Von Thorsten Denkler

In den kommenden Tagen wird sich klären, welche zwei Kandidaten der Konservativen Partei Großbritanniens in einem Mitgliederentscheid gegeneinander antreten werden. Beste Chancen werden Michael Gove und Theresa May eingeräumt. Aber auch Andrea Leadsom sollte nicht unterschätzt werden. Werden zwei Frauen am Ende um die Gunst der Tories werben? Die Tory-Abgeordneten im Unterhaus nehmen in mehreren Wahlgängen nach und nach jeweils einen Kandidaten aus dem Rennen. Die beiden, die übrig bleiben, kommen weiter in die Endrunde, bei der alle Parteimitglieder abstimmen dürfen. Anfang September soll das Ergebnis des Mitgliederentscheides vorliegen. Wir stellen die Kandidaten vor:

Theresa May

Theresa May gilt schon länger als Anwärterin auf die Nachfolge von Premierminister David Cameron. Die erfolgreiche Innenministerin, seit 2010 im Amt, hat sich über die Jahre den Respekt aller Parteien im Unterhaus erworben.

May hatte sich im Brexit-Wahlkampf auf die Remain-Seite gestellt, also auf die Seite derer, die für einen Verbleib Großbritanniens in der EU eintraten. Allerdings wohl nur aus Loyalität zu Cameron. May, 59, gilt als gestandene EU-Skeptikerin. In die Debatten um das Referendum schaltete sie sich kaum ein.

2002 rüttelte sie auf einem Parteitag die Konservativen auf, indem sie die Tories als eine "nasty party" beschrieb. Als hässlich, eklig gar. Damals war die Partei weit entfernt davon, eine Wahl gewinnen zu können. Der Satz saß. Nach der Rede wurde einiges besser in der Partei. In der Folge brachten die Tories mehr Frauen in die Spitze der Partei und ins Parlament. Die Partei öffnete sich, auch für soziale Themen. 2010 gelang es den Konservativen, die Macht zurückzuerobern.

In der Brexit-Frage hat sie sich nach dem Referendum klar positioniert: "Brexit heißt Brexit", sagt May. Aber vor 2017 würde sie den Austrittsprozess nicht in Gang setzen. Und sie verspricht EU-Bürgern, dass sie auch nach dem Brexit unbehelligt im Vereinigten Königreich bleiben könnten. Sie will, dass im Gegenzug auch britische Staatsbürger in der EU weiterarbeiten können. Dazu passt, dass sie Großbritannien im EU-Binnenmarkt halten will. Unter den Kandidaten ist sie die Einzige, die das so klar sagt. In einer Umfrage der Times unter Parteimitgliedern führt May deutlich vor Andrea Leadsom und Michael Gove.

Michael Gove

Geht es nach Michael Gove, kann es gar nicht sein, dass ausgerechnet er sich jetzt um das Amt des Premierministers bemüht. Der frühere Journalist der Times hatte stets betont, dass er für das Amt gänzlich ungeeignet sei. Ihm wird nachgesagt, er sei berühmt dafür, eher unpraktisch veranlagt zu sein, es nicht so mit Zahlen zu haben, ungern zu fliegen und "intellektuelle Interessen" zu pflegen, "die an der Grenze zur Exzentrik liegen", wie der Guardian schrieb.

Gove wollte mit seiner Kandidatur in letzter Minute vor allem seinen Leave-Mitstreiter Boris Johnson verhindern. Er habe erkannt, dass Johnson doch die "nötigen Fähigkeiten fehlen, um das Land zu führen", sagt Gove. Er ist von Johnson enttäuscht, weil der nach dem Referendum unter anderem erklärt hatte, dass im Grunde alles bleibe, wie es ist.

Gove will den ganz harten Brexit. Auf den gemeinsamen Binnenmarkt verzichtet er gerne. Dafür hat er in den vergangenen Monaten als Chef der Leave-Kampagne geworben. Allerdings hat er damit keine Eile. Erst im kommenden Jahr soll der zweijährige Austrittsprozess beginnen. Das ist auch als ein Angebot an die Remain-Seite in seiner Partei zu verstehen, die im Unterhaus die deutliche Mehrheit stellt.

Andrea Leadsom

Die frühere Bankerin und Fonds-Mangerin Andrea Leadsom gilt als einer der Stars der Leave-Kampagne. In den TV-Debatten zum Wahlkampf wirkte sie klar und aufgeräumt. Seit 2010 ist sie Mitglied im Unterhaus, im Mai 2015 wurde sie Staatssekretärin für Energie und Klima im Kabinett Cameron. Sie will auf gar keinen Fall länger als nötig warten, bis der Austritts-Prozess beginnt. Sollte sie Anfang September als neue Premierministerin feststehen, werde es ihre erste Amtshandlung sein, gegenüber der EU den Austritt Großbritanniens nach Artikel 50 zu erklären, verspricht sie.

Der Brexit sei eine "Riesenchance für unsere große Nation", sagt sie. Der nächste Premierminister müsse liefern, müsse die Versprechen der Brexit-Seite umsetzen. "Das dürfte schwer sein für jemanden, der im Wahlkampf für die Remain-Seite gestanden hat", sagt sie. Und spielt damit auf die Kandidaten May und Crabb an.

Stephen Crabb

Der Arbeitsminister im Kabinett Cameron gehört zu den Hoffnungsträgern der konservativen Tories. Er ist gerade mal 43 Jahre alt und kommt ähnlich cool rüber wie Schauspieler Hugh Jackman, mit dem er eine gewisse Ähnlichkeit hat. Das kann auch an seinem Drei-Tage-Bart liegen. Ein Bart! In der britischen Regierung! Das hat es schon ewig nicht gegeben.

Er hat versprochen, das "böse Blut" zu bekämpfen, das mit dem Referendum in seiner Partei, im ganzen Land entstanden ist. Crabb will zusammenführen. Und nicht noch weiter spalten.

Crabb hat für einen Tory einen eher ungewöhnlichen Lebenslauf. Anders als David Cameron und Boris Johnson hat er nicht schon in Jugendjahren im Frack auf Club-Partys erscheinen müssen. Seine Mutter hat ihn und seine zwei Brüder alleine großgezogen. Der Vater war gewalttätig. Die Familie war auf staatliche Unterstützung angewiesen, lebte in einer Sozialwohnung. Crabb hat es ganz nach oben geschafft. Dank guter Bildung und harter Arbeit, wie er sagt. Dem Kabinett gehört Crabb seit 2014 an. Er war als "Welsh Secretary", also als Minister für Wales, so erfolgreich, dass ihn Cameron im März zum Nachfolger des zurückgetretenen Arbeitsministers Ian Duncan Smith machte.

Seine Chancen stehen allerdings nicht besonders gut im Rennen um die Cameron-Nachfolge. Er stand im Brexit-Wahlkampf auf der "Remain"-Seite, warb für einen Verbleib in der EU. Allerdings stellt er heute auch klar: "Es kann keinen Schritt zurück geben. Das ist ein klarer Auftrag an die Regierung. Es wird kein zweites Referendum geben."

Liam Fox

Liam Fox, 54, will es noch einmal versuchen. Er hat schon 2005 seinen Hut in den Ring geworfen, um Parteichef und damit auch Premierminister werden zu können. Damals gewann David Cameron, der ihn nach seinem Wahlsieg 2010 zum Verteidigungsminister machte. Schon 2011 stolperte Fox allerdings über eine Lobby-Affäre. Auf Dienstreisen nahm er gerne einen engen Freund mit. Der zufälligerweise ein hohes Tier in der britischen Rüstungsindustrie war.

Im Brexit-Wahlkampf stand Fox fest auf der Leave-Seite. Allerdings wollte er nicht polarisieren, sondern hatte auch immer die Einheit der Partei im Blick. Fox präferiert den harten Brexit. Er glaubt nicht, dass es einen Zugang zum EU-Binnenmarkt geben kann, ohne die Arbeitnehmerfreizügigkeit zu akzeptieren. Wer für Leave gestimmt habe, der werde es als Betrug werten, wenn EU-Bürger weiterhin freien Zugang zum britischen Arbeitsmarkt hätten. Großbritannien, glaubt Fox, könne ganz gut ohne EU-Binnenmarkt über die Runden können. Das bekämen die Vereinigten Staaten auch hin.

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