"Asyl, was dann?":Der digitale Weg zur Integration

Asylgespräch III

Integration ist wichtig und soll gelingen, darin sind sich im Landratsamt alle einig. Aber welches ist das beste Konzept?

(Foto: Jørgensen)

Bei einem dritten Informationsaustausch zum Thema Asyl stellt das Landratsamt unfertige Konzepte vor. Das Projekt zweier Flüchtlinge läuft dagegen bereits

Von Emily Holmes, Dachau

Während im Ludwig-Thoma-Haus eine Handvoll AfD-Anhänger den Thesen des Staatsrechtlers Ulrich Vosgerau lauscht und jeglicher Integrationsidee eine Absage erteilt, wird einige Straßen weiter konstruktiv diskutiert. Landrat Stefan Löwl (CSU) hatte zum dritten Mal unter dem Titel "Asyl, was dann?" zum Informationsaustausch im Landratsamt geladen. Vertreter von Gemeinden und Landratsamt trafen sich am Montagabend mit Engagierten aus den Helferkreisen und Vertretern von Verbänden und Bildungseinrichtungen, um Konzepte zur Integration von Asylsuchenden zu diskutieren.

Es ist eine wichtige Botschaft, die Mohamed Allieu Jalloh und Ansumane Famah aus Sierra Leone dabei vortragen: "Integration fängt bei uns an. Wenn wir zeigen, dass wir willig sind, dann sind die Leute auch bereit, uns zu integrieren", erklären die beiden in Erdweg wohnenden Flüchtlinge. So steht das auch in ihrem, auf eigenen Erfahrungen basierenden "Welcome Guide" für Asylbewerber. Einer Anleitung für das Leben in Deutschland, vom Stellen des Asylantrags über den Arztbesuch bis hin zur Benutzung des Radweges. Damit wollen sie Integration erleichtern.

Diese Idee ist bereits umgesetzt und funktioniert. Noch ganz am Anfang steht das Koordinationszentrum Bürgerschaftliches Engagement (Kobe) Dachau. Es hat mit einem vierköpfigen Team die Idee zu "Integration mit Augenmaß" (Ima) entwickelt. "Das Ausschlaggebende ist für uns, dass Integration nur auf kommunaler Ebene gut funktioniert", sagt Martina Tschirge, Leiterin des Kobe. Ihr Ziel ist es, ein umfassendes elektronisches Netzwerk aufzubauen, das zielgruppenorientiert und flexibel arbeitet und das in den Gemeinden vorhandene Wissen und Potenzial bündelt. In Integrationszirkeln sollen Angebote örtlicher Vereine, Religionsgemeinschaften, Unternehmen und Bürger gebündelt werden. Außerdem sollen sogenannte Integrationsbegleiter bereitstehen, um anerkannte Asylbewerber individuell zu betreuen. "Hier ist es wichtig, dass wir die Schnittstellen mit den schon vorhandenen Institutionen finden", meint Tschirge. Sechs Pilotgemeinden wollen das Konzept testen.

Wie das konkret aussehen soll, zeigt Tschirge in einem Video: Durch einen in mehreren Sprachen erhältlichen Flyer erfährt ein Hassan aus Syrien, der natürlich nur ein Beispiel ist, von dem Netzwerk und lädt sich eine App auf sein Smartphone - den Integrationsnavigator. Eine Integrationsbegleiterin vermittelt ihm, ausgehend von seinem Integrationsstatus, einen Platz in einem Deutschkurs. Neben seinem Sprachzertifikat lädt Hassan anschließend seine Ausbildungs- und Arbeitszeugnisse aus der Heimat in der App hoch. Über den Integrationszirkel, erhält er einen Job in seinem gelernten Beruf als Maurer. In seinem Integrationspass kann Hassan alle Erfolge verzeichnen und wird durch ein Punktesystem etwa mit einer kostenlosen Kegelstunde belohnt. Da Hassans Job so gut läuft, findet er ganz fix eine eigene Wohnung und ist schon bald für den Einbürgerungstest bereit. Auch bei diesem hilft Ima: Mit einem Onlinespiel wird das Üben für den Test ein großer Spaß. Dass das alles recht utopisch klingt, weiß auch das Kobe-Team. Aber, so Tschirge: "Das ist Science Fiction mit großem Wahrheitsgehalt".

Bis jetzt steht allerdings noch nichts, außer dem Konzept und der Bereitschaft der sechs Bürgermeister. Die Helferkreise sind grundsätzlich einverstanden. Franz Baur vom Helferkreis Erdweg zeigt sich jedoch skeptisch und schlägt vor, der Einfachheit halber vorhandene Plattformen wie etwa LinkedIn zu nutzen. Bis Februar soll es in jeder Gemeinde einen Integrationszirkel geben, auch die Integrationsbegleiter sollen dann bereitstehen. "Wir haben ja nicht gesagt in welchem Jahr, oder?", sagt Löwl lachend. Martina Tschirge denkt positiv: "Wenn man nicht groß denkt, passiert auch nichts."

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