US-Wahl:FBI rät von Strafanklage gegen Clinton ab

Hillary Clinton Addresses Nat'l Education Association Representative Assembly

Hillary Clinton bei einem Auftritt in Washington, D.C.

(Foto: AFP)
  • Entscheidung im Fall Clinton: Das FBI sieht keine ausreichende Beweislage dafür, Anklage gegen Hillary Clinton zu erheben.
  • In ihrer Zeit als Außenministerin hatte diese mehrere private Server genutzt, um E-Mails zu verschicken.
  • Diesen Umgang bezeichnete FBI-Chef James Comey als "extrem fahrlässig".
  • Das Lieblingsargument von Donald Trump wird durch die heutige Entscheidung nicht entkräftet.

Von Matthias Kolb, Washington und Hakan Tanriverdi, New York

Entscheidung in der E-Mail-Affäre: Der Chef Bundespolizei FBI hat sich dagegen ausgesprochen (den Wortlaut seiner Rede finden Sie hier), Hillary Clinton strafrechtlich anzuklagen. Seit Monaten ermittelt die Behörde unter Aufsicht von James Comey, ob die demokratische Anwärterin auf das Präsidentenamt gegen geltende Gesetze verstoßen haben könnte. In ihrer Zeit als Außenministerin hatte Clinton für ihre Kommunikation per E-Mail mehrere Server in Privatbesitz genutzt - und nicht etwa Server der Regierung, die für solche Kommunikation vorgesehen sind.

"Obwohl es Hinweise auf mögliche Verletzungen der Satzung gibt, die den Umgang mit vertraulichen Informationen regelt", sagte Comey während einer Pressekonferenz, "lautet unser Urteil, dass kein vernünftiger Strafverfolger so einen Fall vor Gericht bringen würde."

"Extrem fahrlässig"

Das FBI geht davon aus, dass die gefundenen Hinweise sich nicht erhärten lassen und auch die Frage nach dem Vorsatz schwierig zu beantworten ist. In bisherigen Fällen, in denen eine Strafanklage erstattet wurde, habe es hingegen "eindeutig absichtliche und vorsätzlich falsche Umgänge mit vertraulichen Informationen" gegeben. Diese Eindeutigkeit fehle im Fall von Clinton. Comey ergänzt jedoch, dass die Demokratin "extrem fahrlässig" gehandelt habe.

Damit untergräbt der FBI-Chef nicht nur Clintons Argument, dass sie wegen ihrer jahrelangen Erfahrung besser als Trump fürs Weiße Haus geeignet sei. Konservative Politiker und Fox News-Moderatoren werden darüber schimpfen, dass Clinton eine Sonderbehandlung ("Obamas Regierung schont sie") erhalten hat und auf das sonderbare Treffen von Ehemann Bill mit Justizministerin Loretta Lynch (mehr hier) verweisen. Lynch hatte angekündigt, dem Rat des FBI folgen zu wollen.

Normalerweise veröffentlicht das FBI nicht en detail, ob und warum es dem Justizministerium dazu rät, Anklage zu erheben - oder von ihr abzusehen. "Ausgehend davon, wie wichtig dieser Fall ist, halte ich ein ungewöhnliches Maß an Transparenz für angebracht", sagte Comey.

"Möglich", dass Hacker sich Zugang verschafft haben

Erst am Wochenende ließ sich Hillary Clinton vom FBI dreieinhalb Stunden lang zu den E-Mails befragen. Das wurde als Zeichen interpretiert, dass die Ermittlungen sich dem Ende nähern.

Ermittler des FBI haben im vergangenen Jahr alle 30 000 E-Mails gelesen, die seitens Clinton an die Behörde übergeben wurden. Aufgabe des FBI ist es unter anderem gewesen, jede E-Mail daraufhin zu überprüfen, ob sie zum Zeitpunkt des Versendens als vertraulich klassifiziert war. Dies sei bei 110 E-Mails der Fall gewesen. Acht davon galten als top secret, das ist die höchste Geheimhaltungsstufe.

Das FBI liefert auch eine Einschätzung ab, ob sich Hacker Zugang zu den Servern von Clinton verschafft haben könnten. Dafür spreche, dass der Server privat abgesichert wurde - das macht ihn in bedeutendem Maße angreifbarer als Server, die entweder durch die US-Regierung oder von einem Privatunternehmen (zum Beispiel Google bei Nutzung von Googlemail) nonstop und mit besonderes geschützter Infrastruktur - kontrolliert werden. "Wir schätzen es als möglich ein, dass feindliche Akteure Zugang zum persönlichen E-Mail-Acconunt von Außenministerin Hillary Clinton hatten."

Donald Trump reagierte auf die Entscheidung des FBI mit Kritik: "Sehr, sehr unfair" sei die Entscheidung. Sein Lieblingsargument, wonach das "korrupte" politische System die Normalbürger drangsaliere und die Eliten verschone (mehr hier), wird durch die heutige Entscheidung nicht entkräftet. Die Überzeugung unter Amerikas Konservativen, eine zweite Clinton-Präsidentschaft unbedingt verhindern zu müssen, dürfte eher noch mehr wachsen.

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