Republikaner-Parteitag:Cruz düpiert Trump und wird ausgepfiffen

  • Nächster Eklat auf dem Parteitag der Republikaner: Konkurrent Ted Cruz verweigert Donald Trump die Unterstützung.
  • Die Delegierten buhen ihn aus, der Auftritt von Trump-Vize Mike Pence rückt in den Hintergrund.

Von Johannes Kuhn

Ted Cruz ist mit seiner Rede fast am Ende, als es den Trump-Delegierten in der Halle dämmert: Dieser Mann wird keine Wahlempfehlung für ihren Kandidaten aussprechen. Nur in einem einzigen Satz - einer formalen Gratulation - hat er überhaupt Donald Trumps Namen in den Mund genommen. Nein, der Senator aus Texas schwenkt an diesem Abend in Cleveland nicht ein: Er beginnt seinen Wahlkampf für das Jahr 2020.

Schon zu diesem Zeitpunkt hat Cruz die bisher wohl beste Rede des Parteitags gehalten: "Freiheit zählt" ist das Leitmotiv, an dem er die konservativen Prinzipien (viel Verfassung, viel Markt, wenig Steuern, wenig Regierung, keine Clinton) abhakt. Es ist ein würdevoller Auftritt, verglichen mit der plumpen Rhetorik vieler anderen Redner und Cruz' üblichem Anti-Washington-Sermon. Indirekt übernimmt er auch Trump'sche Vorschläge wie den Bau einer Grenzmauer.

Doch jetzt, als er auf die Wahl zu sprechen kommt, wird die Rivalität der beiden wieder fühlbar: "Bitte bleibt im November nicht zu Hause", sagt Cruz, "Steht zu eurem Gewissen und stimmt danach ab. Stimmt für Kandidaten, denen ihr zutraut, unsere Freiheit zu verteidigen und der Verfassung treu zu sein", sagt Cruz.

Hillary Clinton meint er sicher nicht, doch offensichtlich auch nicht den Nominierten seiner Partei: Die Trump-Anhänger in der Halle beginnen deshalb lauthals zu buhen, ein großes Geschrei setzt ein, der Rest der Rede ist kaum zu verstehen.

Und dann erscheint während Cruz' letzten Momenten auf der Bühne auch noch Donald Trump höchstselbst durch einen Seiteneingang in der Quicken Loans Arena. Offiziell ist er auf dem Weg in die Familienloge, um der anstehenden Rede seines Sohns zu lauschen, doch natürlich ist es auch der Versuch, dem Rivalen die Show zu stehlen.

Zum Schluss geht auch noch die Videoleinwand aus, Cruz beendet seine Rede und verschwindet unter wüsten Beleidigungen vom Podium, seine Ehefrau Heidi muss von Personenschützern aus der Halle gebracht werden.

"Furchtbar und egoistisch", nennt der Trump-Lakai (und Gouverneur von New Jersey) Chris Christie die Rede später. Und Trump twittert: "Er hat sich nicht an sein Versprechen gehalten. Ich habe die Rede zwei Stunden vorher gesehen, habe ihn aber auftreten lassen. Keine große Sache."

Nachdem sie im Vorwahlkampf anfangs sehr kumpelhaft waren und der Texaner den Milliardär nie kritisieren wollte, war das Verhältnis zwischen Trump und Cruz am Ende zerrüttet. Schuld an der Feindschaft waren Attacken von Trump gegen Cruz' engstes Umfeld. Im März lieferten sich die beiden ein Twitter-Duell, bei dem es vor allem um das Aussehen ihrer Frauen ging (Details hier).

Cruz wurde von Trump nur noch "Lyin' Ted" genannt, obwohl der Geschäftsmann selbst in Fernseh-Interviews die unglaublichste Lüge verbreite: Rafael Cruz, der Vater von Ted, soll etwas mit der Ermordung von John F. Kennedy zu tun gehabt haben. All das hat der 45-jährige Cruz nicht vergessen.

Der Auftritt des Texaners erinnert an die Rede Ronald Reagans vom Parteitag 1976, als dieser mit einem staatsmännischen Auftritt den Nominierten Gerald Ford in den Schatten stellte (und vier Jahre später nicht nur die Nominierung, sondern auch die Wahl gewann).

Cruz ist nicht Reagan, ob er damit seine präsidentialen Ambitionen 2020 beerdigt oder - Stichwort Rückgrat - gestärkt hat, hängt nur von einer Sache ab: Wenn Trump verliert, ist seine Rechnung aufgegangen. Besiegt Trump Hillary Clinton, wird der Texaner das Weiße Haus nie betreten - nicht mal als Gast. Zumindest aber wird die Kontroverse von einer ohnehin pannenreichen Parteitags-Inszenierung in Erinnerung bleiben.

Das kann auch Indianas Gouverneur Mike Pence nicht ändern. Trumps running mate tut sein Bestes und kann dieses Mal, anders als während der gemeinsamen Interviews, auch nicht von Trump unterbrochen werden.

Der sozialkonservative Pence punktet vor allem dadurch, dass er bodenständig wirkt, und besser als Trump den Familienmenschen geben kann. Der Ex-Talkradio-Mann trifft die konservative Tonlage genau: "Gute Kinder lassen sich nicht fingieren", sagt er über die Familie des Kandidaten. "Die Geschichte zeigt uns, das Schwäche Böses hervorbringt", warnt er vor den Demokraten und natürlich vor allem Hillary Clinton.

"Sie sagen uns, dass dieser Zustand unserer Wirtschaft das Beste ist, was wir erreichen können", kritisiert er die Politik des liberalen Lagers, "es ist nicht einmal annähernd das Beste, was wir erreichen können. Sie können es nicht besser." Denn natürlich wirken "konservative Prinzipien" in jeder Beziehung, so die Botschaft.

Das kommt an, dem lauten Jubel nach zu urteilen kann der Trump-Stellvertreter seine Parteitags-Mission als erfüllt betrachten - doch das Gesprächsthema wird der Cruz-Auftritt bleiben.

In der Nacht auf Freitag wird der Präsidentschaftskandidat Donald Trump den Parteitag mit seiner Rede beenden. Ob er ihn retten kann, ist nach den Ereignissen des Mittwochs zu bezweifeln.

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