Neubaupläne:Bundeswehruni baut Forschungsnetzwerk für Cyber-Sicherheit auf

Neubaupläne: An der Bundeswehruni in Neubieberg soll künftig zur Cybersicherheit geforscht werden.

An der Bundeswehruni in Neubieberg soll künftig zur Cybersicherheit geforscht werden.

(Foto: Claus Schunk)
  • An der Fakultät für Informatik der Bundeswehruni in Neubiberg soll ein bundesweit einmaliges Forschungs- und Innovationsnetzwerk für Computersicherheit entstehen.
  • Ab Januar 2018 sollen angehende Offiziere sowie ausgewählte zivile Studenten einen internationalen Master-Studiengang in "Cyber-Sicherheit" belegen können.
  • Mit den Experten soll die Cyber-Sicherheit in Deutschland auf internationalen Standard gebracht werden.

Von Jakob Wetzel

Die Bundeswehr rüstet auf: Bis zum Jahr 2021 will sie als neue Teilstreitkraft eine Cyber-Truppe aufbauen, die künftig die Bundesrepublik und ihr Militär vor Angriffen aus dem Internet schützen soll - und das Fundament dafür wird nun an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg gelegt. An der Fakultät für Informatik soll dort ein bundesweit einmaliges Forschungs- und Innovationsnetzwerk für Computersicherheit entstehen. Am Donnerstag hat die Bundeswehr-Uni diese Pläne vorgestellt; bis spätestens 2022 will sie demnach im Zentrum ihres Campus ein neues Forschungszentrum bauen.

Die ersten Absolventen sollen die Universität 2021 verlassen.

Für die Bundeswehr wird der neue Forschungscluster vor allem eine dringend nötige Ausbildungsstätte für IT-Spezialisten sein; für die Universität der Bundeswehr bedeutet er aber auch einen erheblichen Zuwachs. Derzeit beschäftigt sie etwa 170 Professoren, in der Informatik sind es 16. Jetzt sollen zum Oktober 2017 elf weitere W3-Professuren berufen werden; sie sind bereits ausgeschrieben.

"Die Häufung von Cyber-Security-Professuren ist in Deutschland und unseres Wissens auch in Europa einmalig", sagte Universitätspräsidentin Merith Niehuss. Gefragt sind internationale Spezialisten zum Beispiel für die Analyse von Schadsoftware, für Verschlüsselung, für Sicherheitstests oder auch für Datenschutz. Zusätzlich sollen 67 wissenschaftliche Mitarbeiter, Techniker und Verwaltungsangestellte beschäftigt werden, 200 weitere Wissenschaftler für das neue Zentrum will die Universität über Drittmittel finanzieren.

Arbeiten sollen die Forscher in einem teils unterirdischen Neubau, der auf dem ohnehin bewachten Campus extra gesichert werden soll. Auf mehr als 7000 Quadratmetern Nutzfläche sollen hier moderne Laboratorien etwa für Penetrationstests, also für simulierte Hackerangriffe, eingerichtet werden. Bislang existiert jedoch kein genauer Plan oder Entwurf eines Architekten; und auch mit den künftigen Professoren müsse noch über deren Wünsche verhandelt werden, sagte Niehuss. Wie teuer das Zentrum am Ende werde, sei daher noch nicht klar, es gehe aber um eine "relevante Größe". Sie rechne mit einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag alleine für den Bau. Laufende Kosten für Personal und zum Beispiel für Hightech-Computersysteme kämen noch hinzu.

Bezahlen wird das alles der Bund; es gebe aber selten Fragen, über die im Verteidigungsausschuss des Bundestags so große Einigkeit herrsche wie darüber, dass diese Investitionen notwendig sind, sagte der Abgeordnete Florian Hahn (CSU). Angriffe über das Internet seien längst eine reale Bedrohung. Zuletzt kaperten Hacker gar das IT-System des Bundestags. Bei der Cyber-Sicherheit hinkt Deutschland international hinterher: Was er vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zuletzt über den Zustand der deutschen Abwehr erfahren habe, sei erschreckend gewesen, sagte Hahn. Die Forschung in Neubiberg solle zu einem Kulturwandel beitragen.

Sicherheit kritischer Anlagen verbessern

Dass die Wahl dabei auf die Universität der Bundeswehr gefallen ist, sei auch ein Zeichen der Wertschätzung für die dort lange etablierte Sicherheitsforschung, sagte Klaus Buchenrieder, der Dekan der Fakultät für Informatik. Schon seit 1973 - 19 Jahre länger als zum Beispiel an der Technischen Universität München - gebe es in Neubiberg eine eigenständige Fakultät für Informatik, die sich rasch auf Sicherheitsfragen konzentriert habe. Seit Jahren würden sich mehrere Forschungszentren gezielt mit Sicherheitsfragen auseinandersetzen, ergänzte Niehuss; nicht zuletzt bündle seit drei Jahren das Zentrum "Code" über die Fakultätsgrenzen hinweg alle Fragen der IT-Sicherheit. Aus diesem Zentrum heraus soll nun der Cyber-Cluster entstehen.

Im Zentrum stehe dabei nicht nur die Gefahrenabwehr, sagte Gabi Dreo, die Leiterin von "Code". Man werde auch neue Methoden entwickeln, um große Mengen an Daten auszuwerten; und man werde versuchen, die Sicherheit kritischer Anlagen sowie von mobilen Computern etwa in Autos oder auch die Sicherheit der IT in Krankenhäusern zu verbessern. Von Hacker-Angriffen gefährdet sei letztlich die gesamte Infrastruktur: Von Kraftwerken über das Militär oder die Automobilindustrie bis hin zum Finanzwesen.

Zusammenarbeit mit dem BND

Daher werde man nicht nur mit Forschern im In- und Ausland zusammenarbeiten, sondern auch mit bundeswehrnahen Firmen ebenso wie mit Unternehmen, die in der IT-Sicherheit arbeiten. Und man wolle Start-ups in das Forschungszentrum mit einbeziehen. Eine Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst sei darüber hinaus "politisch erwünscht", sagte Hahn.

Bei einem allerdings wird es bleiben: So wie die Bundeswehr eine reine Verteidigungsarmee sein will, so will sich auch das Cyber-Forschungszentrum auf die Abwehr von Angriffen konzentrieren. Digitale Gegenoffensiven seien schon deshalb schlecht zu führen, weil man oft nicht genau sagen könne, woher ein Angreifer komme, sagte Dreo. "Natürlich müssen wir wissen, wo die Schwachstellen liegen und welche technischen Möglichkeiten Angreifer haben. Aber das steht alles unter der Prämisse der Verteidigung."

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