Judenvernichtung:Nazi-Jäger nehmen acht KZ-Helfer ins Visier

Judenvernichtung: Die im KZ Stutthof angelegte Personenkarte des Häftlings Michal Salomonovic.

Die im KZ Stutthof angelegte Personenkarte des Häftlings Michal Salomonovic.

(Foto: Oliver Das Gupta)
  • Gegen acht ehemalige SS-Leute des KZ Stutthof sind die Vorermittlungen abgeschlossen.
  • Die betagten vier Frauen und vier Männer sollen im Zweiten Weltkrieg Beihilfe zum Mord in Tausenden Fällen geleistet haben.
  • Im KZ Stutthof wurden Juden systematisch ermordet.

Von Oliver Das Gupta

Nach den Prozessen gegen ehemalige SS-Leute des Konzentrationslagers Auschwitz laufen neue Verfahren gegen mutmaßliche NS-Verbrecher. Diesmal steht Personal des KZ Stutthof bei Danzig im Fokus der Nazi-Jäger.

Jens Rommel, Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg spricht von vier Frauen und vier Männern aus dem gesamten Bundesgebiet, zu denen seine Behörde Vorermittlungen geleistet hat. Nun seien die Erkenntnisse an die regulären Staatsanwaltschaften weitergeleitet worden, sagte Rommel zur Süddeutschen Zeitung.

Schreibkraft, Telefonistin, Wachleute

Die Verdächtigen leben Rommel zufolge "über das gesamte Bundesgebiet verteilt". Die Frauen seien als Schreibkraft, Telefonistin oder Fernsprechvermittlerin tätig gewesen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt, die Männer hätten als Wachleute fungiert. Ob den früheren SS-Leuten tatsächlich der Prozess gemacht wird, ist noch unklar, denn das hängt auch von deren Gesundheitszustand ab: Die acht Personen wurden zwischen 1918 und 1927 geboren, sind also demnach zwischen Ende 80 und fast 100 Jahre alt.

Der Vorwurf lautet Beihilfe zum Mord in Tausenden Fällen. Alle acht müssten sich wohl erstmals für ihre Vergangenheit vor einem Gericht verantworten. Ob sie wegen Beihilfe zum Mord belangt werden können, hängt auch vom Prozess gegen den früheren SS-Unterscharführer Oskar Gröning ab.

Gröning war in Auschwitz als Buchhalter stationiert und wurde deshalb wegen Beihilfe zum Mord zu vier Jahren Haft verurteilt, obwohl ihm keine unmittelbare Beteiligung an den Morden nachgewiesen werden konnte. Nach einer neuen Rechtsauffassung, die allerdings noch nicht vom Bundesgerichtshof gebilligt ist, reicht für eine Verurteilung allerdings, wenn der Beschuldigte im Lager tätig war und um das Geschehen wusste. Sowohl Nebenklage als auch Verteidigung legten Revision ein, nun muss der Bundesgerichtshof darüber entscheiden.

Den Ludwigsburger Ermittlern halfen bei ihren jüngsten Recherchen auch Erkenntnisse, die in älteren Verfahren gegen andere NS-Schergen zutage gefördert wurden. Hinweise auf die Anwesenheit von mutmaßlichen Tätern in den KZ konnten etwa durch Versetzungsverfügungen und Krankmeldungen gewonnen werden.

Nicht mal jeder Zweite überlebte

Stutthof war mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges zunächst als Lager für gefangene polnische Zivilisten eingerichtet worden. Später wurde es zum Konzentrationslager. Etwa 110 000 Menschen pferchten die Deutschen in das Lager ein, mehr als die Hälfte der Häftlinge überlebte nicht. Sowjetische Soldaten befreiten die Häftlinge Stutthof erst nach der Kapitulation Hitler-Deutschlands am 9. Mai 1945.

Ludwigsburg sucht derzeit weitere mögliche Beschuldigte, die in den Lagern Bergen-Belsen und Neuengamme für die SS Dienst taten. Auch zum NS-Vernichtungslager Auschwitz und Majdanek gingen die Vorermittlungen weiter, so Rommel.

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