"Alles Burka oder was?":Langsamer Wandel

Frauen und Burka

Beate Walter-Rosenheimer (von links), Vaniessa Rashid und Lisa Badum diskutieren über Migrantinnen.

(Foto: Günther Reger)

Die Grünen diskutieren die Integration zugewanderter Frauen

Von Verena Niepel, Eichenau

Sie war drei Jahre alt, ihre Schwester erst einen Tag, als sich die Kurdin Vaniessa Rashid mit ihrer Familie aus dem Nordirak zu Fuß auf den Weg nach Europa machte. Inzwischen ist die 24-Jährige Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Integration-Flucht-Migration der Grünen in Bayern. Den Tränen nahe schilderte sie ihre dreijährige Flucht bei der Diskussion in den Eichenauer Bürgerstuben zum Thema "Frauen in der Einwanderungsgesellschaft - Alles Burka oder was?". Ihre Mutter war an dem Abend Ehrengast. Lediglich sechs interessierte Bürger waren gekommen, um mit Rashid, mit Lisa Badum, der Sprecherin des Landesarbeitskreises Frauen- und Gleichstellungspolitik der bayerischen Grünen, und der Germeringer Bundestagsabgeordneten Beate Walter-Rosenheimer zu diskutieren.

Walter-Rosenheimer kämpft seit langem im Bundestag für mehr Frauen-Arbeitsrechte und findet, dass die Burka-Debatte nicht für Wahlkampfzwecke ausgenutzt und mit der Angst vor Terror verknüpft werden dürfe. Dem eigentlichen Ziel, die Rechte der eingewanderten Frauen stärken, werde hingegen zu wenig Beachtung geschenkt. Es gebe "keine stereotype Migrantenfrau" stellte Vaniessa Rashid klar. "Egal, ob Russin, Polin oder Araberin, sie haben alle dieselben Probleme", betonte die junge Politikerin. Um Frauen aus anderen Ländern besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren, müsste zeitgleich zur Jobvermittlung beispielsweise auch eine Kinderbetreuung vermittelt werden. Dies sei ein Grund, warum oft Männer bevorzugt eingestellt würden, so Lisa Badum.

Leider seien es aber gerade auch Männer aus dem arabischen Raum, die ihre Frauen nicht arbeiten lassen wollten oder es ihnen verbieten würden, einen Deutschkurs zu besuchen. Die Mutter von Vaniessa Rashid musste am eigenen Leib erfahren, wie wenig ihr Ehemann davon hielt, als er herausfand, dass sie heimlich Deutsch lernte und einen Führerschein gemacht hatte. Eine Idee dieses Problem zu lösen wäre mehr gesetzlicher Druck, finden die Grünen. Die 24-Jährige und ihre Mutter sprachen sich gemeinsam dafür aus, dass es Vorschriften geben sollte, die Kürzungen bei der Sozialhilfe erlauben, wenn ein Migrant nicht in den Deutschunterricht geht. "Ich bin mit Verboten immer vorsichtig, aber ich denke, Männer würden so ihre Frauen zum Unterricht gehen lassen. Geld ist immer ein großer Anreiz", sagt die Irakerin.

Um den Zugang zur Gesellschaft zu erleichtern, wird auch Vereinsarbeit als wichtiger Aspekt genannt. Als Integrationsbeauftragte organisierte Vaniessa Rashid Vorträge zur Aufklärung über das deutsche Schulsystem. "Oft wissen deutsche Eltern nicht mal, wie das funktioniert", lacht sie: "Wie sollen es dann Frauen aus einem anderen Kulturkreis wissen?". Es ist ein langsamer Wandel, doch um jungen Generationen zu helfen, bräuchten Eltern mehr Ansprechpartner. Die Kontaktaufnahme funktioniere am besten über Migrantenvereine vor Ort.

Dabei benötigten Frauen eine besondere Betreuung, damit sie selbständiger sein können. "Wenn Frauen aus familiären Gründen nur mit einer Burka das Haus verlassen dürfen, dann wäre es falsch, sie zu verbieten", findet Vaniessa Rashid. Sie betont allerdings auch, dass die Burka nicht aus religiösen Gründen getragen werde, sondern als Tracht. "Perfekte Lösungen gibt es nicht", sagt Lisa Badum zum Schluss. Doch auf ein "Nein" zur Burka und mehr Druck vom Staat, um auch zugewanderte Frauen in die deutsche Gesellschaft einzubinden, konnten sich die grünen Politikerinnen einigen.

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