US-Präsidentschaftswahl:Donald Trump zu Besuch beim Fernsehdoktor

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  • Nach Hillary Clinton hat auch ihr Gegenkandidat Donald Trump seine Gesundheitsakte geöffnet.
  • Im TV sprach er mit Amerikas berühmtesten Fernseharzt "Dr. Oz" über seinen Fitness-Zustand. Wirklich schlauer sind die Millionen Zuschauer anschließend nicht.
  • Der Republikaner gibt zu, dass er gern sieben bis neun Kilogramm abnehmen würde, aber sehr gerne Fast Food esse.

Von Matthias Kolb, Washington

Die erste Frage an Donald Trump ist einfach. "Wie halten Sie sich im Wahlkampf fit?", will Mehmet Öz alias Dr. Oz wissen. Seine vielen Auftritte vor "Tausenden Fans" seien sein einziges Work-out, verkündet der Republikaner im TV-Studio bei "Amerikas Arzt". Die langen Reden seien anstrengend, bei "Temperaturen wie in der Sauna" und außerdem gestikuliere er viel mit seinen Händen, meint Trump. Zum Golfspielen fehle ihm die Zeit, klagt er.

Sollten ihn die Amerikaner im November zum Nachfolger von Barack Obama wählen, wäre Trump bei der Vereidigung mit 70 Jahren der älteste Präsident. Spätestens seit dem Schwächeanfall von Hillary Clinton bei der 9/11-Gedenkfeier und der Nachricht von ihrer verheimlichten Lungenentzündung kennen die US-Medien nur ein Thema: die Fitness der Kandidaten. Dies hilft Trump: Er hat nicht nur die Bühne eine Zeitlang für sich allein, sondern hatte seit Wochen darüber geraunt, die Demokratin sei "zu schwach" für das Weiße Haus ( mehr in dieser SZ-Analyse).

Landesweite Umfragewerte zu Hillary Clinton (blau) und Donald Trump (rot)

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Details aus seiner Krankenakte hat Trump bisher kaum verraten und so ist es typisch, dass er mit dem berühmtesten Fernsehdoktor des Landes über seinen Gesundheitszustand diskutiert. Einen Tag nach der Aufzeichnung wird die Sendung am Donnerstagmittag von zig Lokalsendern ausgestrahlt - und wirklich schlauer sind die Millionen Zuschauer anschließend nicht. Trumps Ziel ist hingegen erreicht: Er gesteht ein wenig Transparenz zu und muss kein journalistisches Kreuzverhör fürchten.

Als ihn Dr. Oz fragt, wieso er bisher so wenig über seine Fitness öffentlich gemacht habe, kontert er mit einer inszenierten Antwort. "Ich habe die Ergebnisse dabei. Wollt ihr sie sehen, ich habe kein Problem damit", und zieht zwei Seiten Papier aus der Anzugtasche und reicht sie hinüber ( hier als PDF). Dr. Oz liest den Brief von Trumps Leibarzt Harold Bornstein ( dieser schrieb sein erstes Trump-Gutachten in fünf Minuten) und interpretiert ihn.

Fast-Food-Fan Trump will abnehmen

Unter Beifall sagt Oz: "Wenn ein Patient von mir solche Werte hätte, wäre ich sehr glücklich und würde ihn wegschicken." Trump nehme einen Cholesterinsenker und etwas Aspirin, sei mit 107 Kilogramm bei 1,90 Meter Körpergröße zwar übergewichtig, aber ansonsten seien seine Werte sehr gut. Der Republikaner gibt zu, dass er gern sieben bis neun Kilogramm abnehmen würde - ein Wunsch, den viele Amerikaner haben dürften.

Als ehemaliger Reality-TV-Star fühlt sich Trump im Fernsehstudio wohl, kritische Fragen erwarten ihn keine. Wenn er in den Spiegel schaue, sehe er einen 35-Jährigen, sagt der Republikaner. Er habe gute Gene ("viele meiner schottischen Verwandten wurden über 90") und sei seit Jahren nicht mehr erkältet gewesen. Mit elf habe er das letzte Mal ins Krankenhaus gemusst (der Blinddarm wurde entfernt) und am liebsten esse er Fast Food: "Da weiß man wenigstens, was drin ist."

Ansonsten wiederholt der 70-Jährige seine üblichen Wahlkampf-Sprüche: "Make America Great Again" sei sein Lebensmantra und er sei überzeugt, dass ein US-Präsident sehr gesund und stark sein müsse. Da ist er wieder, der leicht sexistische Seitenhieb auf Hillary Clinton.

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Von Matthias Kolb, Washington

Nach 25 Minuten kommt Trumps Tochter Ivanka ins Studio. Die 34-Jährige spricht über den Plan des Republikaner-Kandidaten, mit dem Mütter sechs Wochen nach der Geburt bei Lohnfortzahlung zu Hause bleiben können ( Details hier). "Wir müssen mehr honorieren, was Väter und Mütter leisten." Dieses Thema hat sie bereits beim Parteitag angesprochen und die Republikaner nutzen es gern, um sich als modern zu präsentieren. Anders als ihr Vater nennt Ivanka immerhin ein paar Details und betont, dass das Geschlecht allein längst nicht mehr Hauptgrund für Lohnunterschiede in den USA sei: Es seien Mütter, die am wenigsten verdienten.

Als Dr. Oz Trump auf seine frauenfeindlichen Sprüche anspricht, entschuldigt sich dieser - natürlich - nicht. Er sei bis vor kurzem Privatmann und deswegen etwa in der Krawall-Radioshow seines Freundes Howard Stern sehr offen gewesen. Bei diesem heiklen Thema unterbricht Ivanka ("das ist doch nur ein falsches Narrativ") und präsentiert eine punktgenaue Verteidigung. Ihr Vater sei manchmal rau und behandle Frauen und Männer genau gleich: "Wenn ihn jemand attackiert, dann verteidigt er sich." Für sie sei viel entscheidender, dass ihr Vater seit 30 Jahren in seinen Firmen Frauen verantwortungsvolle Posten gegeben habe, die ihr ein Vorbild seien.

Trump über Tochter Ivanka: "Ich wünschte, ich könnte sie viel häufiger küssen"

Eine bizarre Episode, über die in den Stunden zwischen Aufzeichnung und Ausstrahlung bei Twitter debattiert wurde, bleibt den Wählern verborgen. Laut Zuschauern aus dem Publikum ( hier ein Youtube-Video von MSNBC) kommentierte Oz die Begrüßungsküsschen von Vater Donald für seine Tochter mit den Worten, dass es schön sei, wenn Väter ihre Zuneigung zeigen würden. Darauf habe Trump entgegnet: "Ich wünschte, ich könnte sie viel häufiger küssen. Ich nutze einfach jede Gelegenheit." Diese Szene wurde im Schnittraum offenbar entfernt.

Der Rest der Sendung plätschert vor sich hin. Trump verkündet, dass er gegen Abtreibung sei (keine Rückfragen zur 180-Grad-Wende), von den Enkeln "Grandpa" genannt werde und dass ihn die "unehrlichen Medien" stressen würden. Die Schmerzmittel- und Heroin-Epidemie werde unter Präsident Trump aufhören, weil wegen seiner geplanten Mauer keine Drogen aus Mexiko mehr ins Land kämen. Eine der interessanteren Fragen - "Sollte ein illegaler Einwanderer die nötige ärztliche Hilfe kriegen und der Staat das bezahlen?" - kontert Trump mit dem knappen Satz: "Mit meinem Plan gibt es bald keine Einwanderer ohne Papiere mehr im Land."

Clinton absolviert wieder Wahlkampf-Termine

Hillary Clinton, die Wahlkampfgegnerin Trumps, hat am Donnerstag nach vier Tagen Pause wieder den Wahlkampf aufgenommen. Sie tritt im swing state North Carolina sowie bei einer Gala in Washington auf - und muss dringend neue Themen setzen. Mehrere Umfragen zeigen, dass Trump im landesweiten Vergleich nur knapp hinter Clinton liegt ( bei der New York Times führt sie mit 46 zu 44 Punkten).

Diese Nachrichten verdecken zwar, dass Clinton weiter strukturelle Vorteile hat, weil sie in den meisten entscheidenden Bundesstaaten führt und über mehr Geld und eine bessere Organisation verfügt. Doch Trumps großer Rückstand im August war offensichtlich nur eine Momentaufnahme.

Eine Chance, ein Millionenpublikum zu erreichen und wieder in die Schlagzeilen zu kommen, hätte Clinton: Die Einladung, im Studio von Dr. Oz über Fitness, Work-out und vergangene Krankheiten zu sprechen, erging auch an die Demokratin. "Sie überlegt noch", sagt der TV-Arzt.

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