CDU:Geburt einer Parteispenden-Affäre

Lesezeit: 4 min

Ex-Agent Werner Mauss - hier in Bochum vor Gericht. (Foto: Sascha Steinbach/Getty)

Eine Briefkastenfirma von Werner Mauss spendete mehrfach große Geldbeträge an die CDU Rheinland-Pfalz. Die wusste angeblich von nichts - dabei hätte einmal googeln schon Klarheit gebracht.

Von Hans Leyendecker und Georg Mascolo

Am Morgen des 21. September schicken die Süddeutsche Zeitung, der NDR und der WDR eine Anfrage an den Presseanwalt des ehemaligen Geheimagenten Werner Mauss:

Ob Mauss "dem CDU-Kreisverband Cochem-Zell und dem CDU-Landesverband über die Jahre große Geldsummen gespendet" habe, lautet die Frage. "Wenn ja: Haben Sie sich damit für das Entgegenkommen und die Hilfe rheinland-pfälzischer Behörden bedankt?" Außerdem fragt die Zeitung noch nach ein paar anderen Merkwürdigkeiten.

SZ PlusWerner Mauss
:Agenten-Legende vor Gericht

Werner Mauss war eine der geheimnisvollsten Figuren der alten Bundesrepublik. Nun muss er sich wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung verantworten.

Bereits am nächsten Tag antwortet der Anwalt. Mauss äußere sich derzeit nicht zu solchen Fragen. Das ist so überraschend nicht, weil vier Tage später der Prozess gegen den 76-Jährigen in Bochum ansteht. Die Anklage wirft ihm vor, rund 15 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben.

Allein zu der Frage nach den CDU-Parteispenden mag sich der Mauss-Anwalt dann doch näher erklären. "Nur so viel: Unser Mandant hat weder dem CDU-Kreisverband Cochem-Zell noch dem CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz Geldbeträge zugewandt."

Aufhalten konnte das die Nachricht nicht. Die Unterlagen zeigen klar, dass Parteispenden in fast sechsstelliger Höhe über den Absender eines Vertrauens-Anwalts von Mauss und mit dem Namen der Briefkastenfirma Nolilane im Verwendungszweck an die CDU in Rheinland-Pfalz geflossen sind. Nolilane ist eine Offshore-Gesellschaft, die Mauss seit vielen Jahren zugerechnet wird und sogar in seinen Steuererklärungen auftauchte. Sie ist eigentlich die bekannteste unter den vielen Briefkastenfirmen des Werner M.

Das mit den Parteispenden und der Briefkastenfirma stand dann am 24. September in der SZ.

Medien in Rheinland-Pfalz, allen voran die Mainzer Allgemeine Zeitung und die Rhein-Zeitung, setzten nach, stellten neue Fragen. Aus alledem hat sich dann im Lauf der Woche eine veritable Parteispenden-Affäre entwickelt. Die Geburt und die Entwicklung dieser Affäre nachzuzeichnen lohnt sich, weil man viel über Wegsehen, Heuchelei und falsche Dementis erfahren kann.

Ausgerechnet die CDU in Rheinland-Pfalz. Die Christdemokraten in diesem Bundesland haben in Sachen Parteispenden eine lange und unrühmliche Vergangenheit. Der große Parteispenden-Skandal der Achtzigerjahre ist eng mit dem Land verbunden. Weil damals Kassenwarte von CDU und FDP ziemlich sicher sein konnten, von Finanzbehörden in Rheinland-Pfalz unbehelligt zu bleiben, wurden riesige Spendenwaschanlagen in Mainz und Koblenz angesiedelt. Die bekannteste von ihnen war die Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e.V., die aus dem SPD-regierten NRW in das damals von der CDU regierte Rheinland-Pfalz verlegt worden war. Die illegalen Gelder flossen dann über Liechtenstein zurück in Parteikassen.

In jüngerer Zeit gab es in Mainz den Skandal um Fraktionsgelder, die zweckentfremdet worden waren. Die CDU musste einräumen, ihren Wahlkampf im Jahr 2006 illegal finanziert zu haben. Die Sache kam vor Gericht. Es gab Haftstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden und Julia Klöckner, die neue Landesvorsitzende, distanzierte sich heftig von den Praktiken ihres Vorgängers.

Diesmal geht es nicht um zweckentfremdete Fraktionsgelder, sondern um fragwürdige Spenden in Höhe von 82 000 Euro, die von einem Mauss-Anwalt an die CDU überwiesen wurden. Doch manches erinnert an die Abläufe bei den zweckentfremdeten Fraktionsgeldern.

Erst gab sich die Union zugeknöpft und unwissend. Dann wurde der Druck immer größer. Inzwischen räumt CDU-Landesgeschäftsführer Jan Zimmer ein, dass die Annahme der Spenden "unzulässig" gewesen sei.

Die Angelegenheit wurde dem Bundestagspräsidenten gemeldet. Es droht eine erhebliche Strafzahlung. Nach dem Gesetz müssen Parteien zumindest gegenüber der Bundestagsverwaltung offenlegen, wer sie unterstützt. Der Name Mauss oder dessen Briefkastenfirma Nolilane wurden dem Bundestagspräsidenten aber nicht gemeldet.

Am 19. September schickten SZ, NDR und WDR der CDU Rheinland-Pfalz folgende Fragen: "Geschieht es häufiger, dass Ihr Landesverband Spenden von Briefkastenfirmen erhält? Wie überprüft Ihr Landesverband den wirtschaftlich Berechtigten hinter einer solchen Briefkastenfirma? Wusste Ihre Partei, wer hinter der Nolilane steht oder hat sie Geld von einer ausländischen Firma angenommen, ohne sich darüber im Klaren zu sein, wer dahintersteht?" Einen Tag später antwortete die CDU Rheinland-Pfalz: "Keine der von Ihnen gestellten Fragen trifft zu."

Die CDU ein Opfer? Man habe nicht wissen können, dass das Geld nicht von dem Anwalt stammte, erklärte die Partei. Auf den Überweisungsformularen habe sich die Kanzlei immer selbst als Spender genannt. Erst in diesen Tagen habe die Kanzlei, die in Thüringen und Rheinland-Pfalz Büros hat, erklärt, dass es sich nur um "weitergeleitete Spenden Dritter" gehandelt habe. Die Spenden seien von einem Anderkonto der Anwälte an die CDU gezahlt wurden.

Panama Papers
:Agenten nutzten Panama-Firmen für CIA

Geheimdienstler und ihre Zuträger nutzten ausweislich der Panama Papers die Dienste der Kanzlei Mossack Fonseca. Die Agenten ließen Briefkastenfirmen gründen, um ihre Aktionen zu verschleiern.

Von Will Fitzgibbon und Nicolas Richter

Das Fremdgeldkonto, das die Nummer 59250 hat, legte die Kanzlei bei der Wartburg-Sparkasse in Eisenach an. Soviel Geld aus dem Osten für die CDU im Westen?

Konnte die CDU in Mainz nichts wissen? Im Verwendungszweck stand mal Nolilane, mal "Spende Mandant". Hakt man da nicht nach? Man könnte auch anders fragen: Lernt die CDU in Rheinland-Pfalz nicht dazu? In fast allen Fällen taucht als Verwendungszweck Nolilane auf. Da hätte sogar ein bisschen googeln schon geholfen.

In einer 1997 erschienenen Geschichte des Spiegel steht bereits, dass die Nolilane Mauss zuzurechnen sei. Der Firma gehöre die Immobilie des Geheimagenten in Rheinland-Pfalz. Immer wieder tauchte dann die Nolilane in Veröffentlichungen auf. Zuletzt wurde die Briefkastenfirma im Zusammenhang mit den Panama Papers erwähnt.

Nichts gewusst, nicht nachgeschaut, hereingefallen?

Der Presseanwalt von Mauss, der der SZ erklärt hatte, sein Mandant habe der CDU keine Geldbeträge zugewandt, hat für das alles eine lehrreiche Erklärung: Mit dem Rechtsanwalt, der das Geld an die CDU überwiesen habe, "verbindet Herrn Mauss ein über dreißigjähriges Vertrauensverhältnis. Er wickelt für Herrn Mauss, da dieser sich vielfach im Ausland in Einsätzen befindet, als bevollmächtigter Vertrauensanwalt Angelegenheiten ab." Gemeinsam habe man mit dem Anwalt aus "Anlass der Berichterstattung die Frage der Spenden untersucht und festgestellt, dass in den Jahren seit 2008 regelmäßig Spenden an den CDU-Kreisverband Cochem-Zell und im Jahr 2010 zwei Spenden von insgesamt 18 500 Euro an die CDU Rheinland-Pfalz erfolgt sind", die durch das Büro des Anwalts abgewickelt wurden.

"Die Spenden erfolgten offen namens und im Auftrag der Firma Nolilane. Es gab und gibt keinen Anlass, diesen Spender zu verschweigen. Wenn ein entsprechender Hinweis bei der Hingabe von Spenden fehlt, beruht das keineswegs auf einer Anweisung von Herrn Mauss" - es sei "schlicht ein Versehen der Kanzlei" gewesen. Schließlich erfolgte bei der Mehrzahl der Spenden ein ausdrücklicher Hinweis auf "Nolilane".

Den CDU-Leuten seien die Gaben "weder angekündigt noch mit diesen in irgendeiner Weise abgesprochen worden. Weder davor noch danach wurden irgendwelche Gegenleistungen besprochen noch gewährt". Ehrensache.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
01:13

Ex-Agent vor Gericht
:Vorwurf Steuerhinterziehung: Werner Mauss verweist auf Geheimbund

Lange Zeit galt er als Phantom, nun steht Werner Mauss vor Gericht. Die hohen Vermögenswerte leugnet der frühere Top-Agent nicht - doch seien es nicht seine.

Aus dem Gericht von Ralf Wiegand, Bochum

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: