Messestadt Riem:Voll und dicht

Messestadt Riem: In Gefahr: Die Unnützwiese soll teils einem Wohnprojekt weichen.

In Gefahr: Die Unnützwiese soll teils einem Wohnprojekt weichen.

(Foto: David-Pierce Brill)

Der Besucherrekord bei der Bürgerversammlung für Trudering-Riem zeigt, dass viele Menschen mit dem schnellen Wachstum der Stadt unzufrieden sind

Von Renate Winkler-Schlang, Messestadt Riem

Der Andrang war groß. Die 500 Stühle in der weitläufigen Berufsschul-Aula der Messestadt waren fast alle besetzt bei der Bürgerversammlung für Trudering-Riem. Dies ist Münchens kinderreichster Stadtteil, der laut dem Bezirksausschussvorsitzenden Otto Steinberger (CSU) auf inzwischen rund 70 000 Einwohner angewachsen ist - Tendenz stetig steigend. Die Bürger saßen auf vier Ebenen, die Verwaltung hatte eigens zwei Leinwände für ihre Präsentationen aufgestellt. Eine Versammlung der Superlative war es auch angesichts der mehr als 30 Anträge. Die meisten resultierten letztlich aus dem raschen Wachstum des Stadtteils und der ganzen Stadt.

"Rettet die Unnützwiese": Die Bürgerinitiative, die verhindern will, dass ihre Spiel- und Bolzfläche teilweise geopfert wird für das Projekt "Wohnen für alle", hatte eigens ein Transparent aufgestellt und bot sieben Redner auf, die eloquent und detailliert darlegten, warum die Wiese weiter Wiese bleiben muss. Stefan Hofmeir und seine Mitstreiter wiesen die Bedeutung der Naherholungsfläche fürs Viertel nach und forderten den Stadtrat auf, seinen nicht öffentlich gefassten Beschluss zu revidieren und eine Alternative zu suchen. Wer Wohnungslosigkeit mit Spielflächenmangel kompensiere, löse keine Probleme, sondern schichte sie nur um. Sie verlangten ein Gutachten zur Flora und Fauna und forderten mehr Transparenz im Entscheidungsprozess.

Die Initiative erhielt viel Beifall und satte Mehrheiten. Groß war dann der Unmut, als sich herausstellte, dass die Stadtverwaltung just zu diesem Aufregerthema keinen Beamten geschickt hatte, der Rede und Antwort stehen konnte. Das missfiel auch dem Versammlungsleiter, dem Truderinger Stadtrat Hans Podiuk (CSU), der sich richtig in Rage redete und am Ende gar den Sinn von Bürgerversammlungen infrage stellte.

Grundsätzlich wurde auch Alfred Mayer: Der Grünen-Politiker erinnerte an die Dampfkessel-Theorie des früheren Oberbürgermeisters Georg Kronawitter (SPD). München wäre besser beraten, strukturschwachen Gebieten in Ostdeutschland nicht länger Arbeitsplätze und Arbeitskräfte abzujagen. Die Stadt solle keine neuen Gewerbegebiete mehr ausweisen, forderte Mayer. Das sprach vielen aus der Seele, der Antrag verpasste um nur zwei Stimmen eine Mehrheit.

Konkrete Engpässe machten zwei Redner bei der Schulversorgung aus: Einer forderte, so schnell wie möglich Vorläuferklassen für die in der Messestadt geplanten weiterführenden Schulen einzurichten, eine Bürgerin plädierte für eine zweite Grundschule für Kirchtrudering, am besten eine innovative Projektschule.

Auch bei den Verkehrsthemen ging es meist um Kapazitätsprobleme. Viele Sympathien ernteten die Anträge, die endlich eine wirksame Entlastung für die Bahnstraße forderten, auf der viele Laster zum Haarer Kieswerk durchbrettern. Belastung auch auf der Friedenspromenade, die mit dem Zuzug nicht mithalten kann: Die Positionierung von Bushaltestellen müsse hier optimiert werden, forderten zwei Bürger. In der Friedrich-Creuzer-Straße komme der Bus an den parkenden Autos kaum vorbei, erklärte ein anderer.

Sorgen um die Zahl der Parkplätze im gesamten Stadtteil wurden laut: Der Stellplatzschlüssel müsse bedarfsgerecht erhöht werden, nicht etwa verringert. Wenn Straßen zu eng werden und U-Bahnen zu teuer, müsse man in die Luft, fand Bernhard Quaderer: Seine Idee einer Seilbahn von Englschalking über Riem in die Messestadt fiel jedoch knapp durch.

Zu hoch sei oft auch der Druck am Riemer See, erklärte eine Messestädterin; man brauche Radständer, aber auch mehr Schutz für den Schilfgürtel. Unter den anderen Themen aus der Messestadt wie Lärmschutz an der Autobahn oder Aufwertung öder Quartiersplätze voller Unkraut, fehlte am Ende eines, mit dem Steinberger fest gerechnet hatte: Keiner beschwerte sich über die zuletzt höchst umstrittene Blaue Zone. Geht es nach Martina Stinglwagner, könnte die Messestadt demnächst eine eigene Versammlung bekommen - ihr Antrag, die Bürgerversammlung künftig zu teilen, wurde im vollen Saal begeistert angenommen.

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