US-Wahlkampf:Trumps schwerer Tabubruch

In der finalen TV-Debatte zeigt sich, dass Donald Trump zur Not auch die letzten Prinzipien der amerikanischen Demokratie opfern wird.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Lange Zeit konnte der US-Wahlkampf des Jahres 2016 als skurril oder entwürdigend durchgehen. Doch je kleiner die Siegeschancen des Republikaners Donald Trump werden, desto größer legt sich sein Schatten über den Wahltag am 8. November.

Die dritte und letzte TV-Debatte der Kontrahenten in Las Vegas war deshalb auch ein Test, wie weit der 70-Jährige im Angesicht der Niederlage noch zu gehen bereit ist.

Seitdem seine Umfragewerte im Sinkflug sind, spricht Trump immer wieder von "Manipulationen" der Wahl, ohne freilich dafür irgendeinen Beweis vorlegen zu können. Es ist an dem Moderator Chris Wallace, aus dem Geraune am Mittwochabend die eine entscheidende Frage zu destillieren: "Mr. Trump, werden Sie das Wahlergebnis akzeptieren?"

Die Antwort des Kandidaten: "Ich werde mir das ansehen, wenn es so weit ist." Nochmals fragt Wallace nach, verweist nüchtern auf die "stolze Tradition der friedlichen Machtübergabe", der Anerkennung neuer Präsidenten durch ihre Gegner. Trump trocken: "Was ich sage, ist, dass ich mich dazu äußern werde, wenn es so weit ist. Ich mache es spannend für euch."

"Er redet unsere Demokratie kaputt"

Die gut vorbereitete Hillary Clinton erfasst auf der Bühne die Tragweite dieser Aussage. "Das ist furchterregend", sagt sie und bringt den Charakter ihres Gegenübers ins Spiel: Trump spreche von Manipulationen, weil ihm das Ergebnis der FBI-Untersuchung gegen ihn nicht gefällt, wenn gegen die Trump University geklagt wird oder er eine Vorwahl verliert. Selbst als ihm der Fernsehpreis Emmy verwehrt wurde, habe er davon geredet ("Ich hätte gewinnen sollen", wirft Trump lächelnd ein).

"Das ist seine Gedankenwelt, so denkt Donald", sagt Clinton ruhig. "Doch Demokratie funktioniert nicht so", und das in den USA seit 240 Jahren. Es gebe faire und freie Wahlen, und es sei Sitte, den Ausgang zu akzeptieren. Trump dagegen sei nicht einmal bereit, sich darauf einzulassen. "Er redet unsere Demokratie kaputt und mich widert das an."

"Wir haben kein Land, wenn wir keine Grenze haben"

Dieser Moment wird in Erinnerung bleiben und er überschattet die Tatsache, dass die TV-Debatte in Las Vegas das beste aller drei Aufeinandertreffen ist: Erstmals ist zeitweise so etwas wie eine Debatte über Sachpolitik zu erkennen, auch durch die kompetente Moderation von Fox-News-Mann Wallace, der immer wieder nachfragt und die Kandidaten unterbricht. "Wir haben kein Land, wenn wir keine Grenze haben", rechtfertigt Trump seine harte Einwanderungspolitik mit dem Schutz vor "bösen Hombres" (spanisch für Männer).

Clinton dagegen spricht von einer "Nation von Einwanderern und einer Nation der Gesetze" und verspricht Reformen statt Massenabschiebungen. Clinton verteidigt das Recht auf Abtreibungen ("Die Regierung hat sich nicht einzumischen"), während Trump davon ausgeht, dass die von ihm ernannten Obersten Richter dieses Recht wieder kassieren würden.

Das Publikum lacht über Trumps "Respekt vor Frauen"

Die Positionen der beiden Kandidaten sind bekannt - an diesem Abend wird erneut klar, dass sich der Republikaner nur oberflächlich mit den Problemen beschäftigt hat. Er verspricht ein achtprozentiges Wirtschaftswachstum, wie es das Schwellenland Indien erreicht, und Freihandel zu amerikanischen Bedingungen. Dazwischen bügelt er die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung ab: "Entweder die Frauen wollten bekannt werden oder die Kampagne der Clintons steckt dahinter."

So recht überzeugend ist seine Verteidigung nicht immer: "Niemand hat mehr Respekt vor Frauen", sagt Trump an einer Stelle und das Publikum muss lachen und von Moderator Wallace ermahnt werden. Zwischendurch unterbricht er immer wieder seine Gegnerin, einmal rutscht ihm ein "was für eine fiese Frau" heraus.

Hillary Clinton versteht es, Trump immer wieder aus der Reserve zu locken. Sie wirft ihm vor, eine "Marionette" Putins zu sein ("Du bist die Marionette!", entgegnet Trump) und erklärt, dass die Hälfte aller undokumentierten Einwanderer Einkommensteuer zahlten, der Milliardärs-Kandidat aber offenbar nicht.

Sie selbst bringt die meisten ihrer Punkte sachlich und gut einstudiert an, ohne in die Tiefe gehen zu müssen. Nur in wenigen Momenten wirkt sie unsicher, als sie die Clinton-Stiftung oder ihre Aussagen über offene Grenzen ("ich will, dass wir ein Stromnetz über Grenzen hinweg haben", so die dünne Erklärung) verteidigen muss.

Doch das alles tritt in den Hintergrund, weil der Kandidat Trump längst über den Wahltag hinaus betrachtet werden muss. Erstmals strahlte der Republikaner die Debatte mit Vor- und Nachprogramm auf seiner Facebook-Seite aus. Auch im Falle einer Wahlniederlage dürfte er eine politische Figur mit überzeugter Gefolgschaft und hoher Medienpräsenz bleiben.

Die Frage ist, wie viel Schaden er dann bereits an den demokratischen Grundfesten der USA angerichtet haben wird.

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